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Alain Delon: Der harte Junge, seine Filme und Affären

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Schauspieler Alain Delon Engel, Bengel, Herzensbrecher

Er sah unverschämt gut aus und war der "eiskalte Engel" - im Kino wie im Leben. Gleich zwei seiner Leibwächter wurden ermordet, nie wurde geklärt, ob er etwas damit zu tun hatte. 2015 wurde der Schauspieler 80.

Zunächst sah es für die Beamten nach einem gewöhnlichen Mord aus: Bei einer Mülldeponie fanden sie am 1. Oktober 1969 die Leiche des Jugoslawen Stepan Markovic, übel zugerichtet, geknebelt und in einen Sack gesteckt. Dann stellte sich heraus: Markovic war der Leibwächter des Filmstars Alain Delon und seiner Frau Nathalie gewesen, die sich kurz zuvor getrennt hatten. Der attraktive Markovic, 31, hatte Delon sogar als Film-Double gedient. Außerdem hatte er vom eifersüchtigen Schauspieler den Auftrag erhalten, seine Frau zu beschatten. Und zuletzt eine Affäre mit ihr angefangen.

Kurz vor seinem Tod hatte der untreue Bodyguard eine Notiz hinterlassen. Er sei an einer großen Sache dran - sollte ihm etwas zustoßen, solle man bei "AD" nachforschen. Seinem Bruder schrieb Markovic: "Wenn mir ein Unglück zustößt, werden Alain Delon zu 10.000 Prozent und sein Kumpel Marcantoni, ein wirklicher Gangster, die Verantwortlichen sein."

Delon-Freund Marcantoni war der Spross eines korsischen Mafia-Clans. Die Beamten flogen nach Saint-Tropez, wo Delon gerade mit Romy Schneider den Film "Swimmingpool" drehte. Die Ermittlungen führten zu einem Erpressungsverdacht im Zusammenhang mit kompromittierenden Partyfotos. Die hätten Delons mondäne Pariser Clique um den Ex-Präsidenten George Pompidou und Spitzen aus Pariser Wirtschaft und Politik belastet.

Mordbeweise gab es keine, die Akte Markovic wurde 1975 ergebnislos geschlossen - doch die Nähe zum Milieu, die Delon von Jugend an gehabt hatte, war nun offenkundig. Ebenso Delons freundschaftliche Kontakte zu Pariser und Marseiller Mafiakreisen wie zu jenem Marcantoni, der mit dem Mord an Markovic in Verbindung gebracht wurde. Dieser war zudem nicht der erste Leibwächter Delons, der ermordet wurde. Der SPIEGEL zitierte Delon 1969: "Wenn nicht Filmschauspieler, wäre ich am liebsten Gangster geworden."

"Du stürzt dich ins Verderben, Romy"

Delon, der am 8. November 80 Jahre alt wird, wuchs als Sohn eines Schweineschlachtermeisters im Pariser Vorort Sceaux auf. Seine Eltern trennten sich, als er vier war - Alain kam zu Pflegeeltern, flog sechsmal von der Schule. Danach kämpfte er im Indochinakrieg. Laut SPIEGEL urteilte sein Vorgesetzter Henri Guy de Vignac über ihn: "Ein Sadist, ein Junge, der Spaß hatte am Töten, ein sexuell Abartiger." Nach dem Militärdienst schlug Delon sich in der harten Welt des Pariser Großmarkts durch - wie sein Vater hatte er eine Schlachterlehre gemacht.

Schlenderte Delon durch St. Germain oder Montmartre, drehten sich Menschen nach ihm um; seine Schönheit verschlug vielen Frauen den Atem. Nun steckte er Energie und Geld in Schauspielunterricht, ging im geliehenen Smoking 1956 auch zu den Filmfestspielen in Cannes. Produzent David O. Selznick ("Vom Winde verweht") lud ihn prompt zu Probeaufnahmen nach Hollywood ein, Regisseur Yves Allegret gab ihm seine erste Rolle: als Gangster.

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Alain Delon: Der harte Junge, seine Filme und Affären

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Bereits beim zweiten Dreh gelang es Delon 1958 mit seinem Ganovencharme, das Herz des deutschen Nationalheiligtums Romy Schneider zu erobern. Zunächst sagte er ihr, er finde sie gänzlich uninteressant, nicht mehr als ein herausgeputztes deutsches Landei. Delon nannte die "Sissi"-Darstellerin auch ein "kleines, weißes Gänschen". Eine Provokation, doch der Trick funktionierte. Schneider wandte sich ihm zu, zum Entsetzen ihrer Mutter Magda. Sie warnte Romy: "Du stürzt dich ins Verderben."

Mit passenden Filmen pflegte Delon sein Gangsterimage. "Der eiskalte Engel" wurde die Rolle seines Lebens: In der kalten, glatten Schönheit des Killers Jef Costello spiegelte sich der ganze Narzissmus Delons. Perfekt und unnahbar, maskenhaft, makellos.

"Bin mit Nathalie in Mexiko, Salut Delon"

Auch Romy Schneider lernte diese eiskalte Seite Delons in der Beziehung kennen. Nach drei Jahren gab ihn die deutsche Sängerin Christa Päffgen, besser bekannt als Nico und tiefe Stimme der legendären Band Velvet Underground, als Vater ihres Sohnes an - was Delon immer bestritt. Nach fünf Jahren fand Romy im Appartement einen Strauß Rosen mit der Notiz: "Bin mit Nathalie in Mexiko, Salut Delon."

Nathalie Barthélémy war die Neue. Delon heiratete 1964 die Exfreundin seines früheren Leibwächters Milos Milosevic, der sich aus einer "Ménage-à-trois" im Hause Delon zurückgezogen und als Nachfolger seinen Freund Markovic empfohlen hatte. 1966 fand man Milosevic im Badezimmer des Hollywoodstars Mickey Rooney im Badezimmer - mit einer Kugel im Kopf. Bei der Party war auch Delon anwesend. Ein anderer Gast, Schauspieler Break Dexter, empfahl der Mutter des Toten: Fragen Sie nach bei Alain Delon.

1969 wurde dann Markovic auf der Müllkippe gefunden. Nach diesem zweiten Mord sagte ein Zeuge, das Opfer habe zu viel über den ersten Mord gewusst. Eine Verbrechensbeteiligung konnte Alain Delon nie bewiesen werden. Aber für eine Weile stand er unter Polizeischutz - zu seiner eigenen Sicherheit. Am Wagen von Nathalie, 1969 schon seine Ex, waren die Radmuttern gelockert worden.

Die Delons hatten sich offenbar mit zweifelhaften Typen eingelassen. In Delons Pariser Clique mit den Pompidous sowie Schriftstellerin Françoise Sagan mischte sich die Halbwelt - auch eine Reihe jugoslawischer Gigolos, darunter die Leibwächter. Delon hatte Kumpel in diesen Kreisen und sagte über Francois Marcantoni, der sei weiterhin sein Freund. Die Polizei war überzeugt, dass der Star viel mehr wusste, als er sagte.

Tränen am Totenbett

Bei Interviews konnte Delon blitzschnell aggressiv werden und mit seiner kühlen Perfektion, Zigarette im Mundwinkel, arrogantem Blick das Gegenüber zum Stottern bringen. Journalistinnen versuchte er mit seinem Charme einzuwickeln. Eine Biografie ließ er vor Erscheinen von seinen Anwälten verbieten.

Delon, so urteilte Magda Schneider, war "grausam und zärtlich zugleich". Er selbst sah sich als Opfer: Geliebt habe er immer nur Löwinnen, die ihn zu zerstören drohten. Romys Tod 1982 traf ihn hart, sofort eilte er an ihr Totenbett. Dort sagte er tränenüberströmt zum Schauspielerkollegen Jean-Claude Brialy: "Lass uns, lass uns allein, sie und mich", und blieb eine Stunde bei ihr.

In den Neunzigerjahren konnte das Publikum mit Delon weniger anfangen. Der Glanz bröckelte. Delon wandte sich neuen Geschäftsfeldern zu. Er reüssierte als Pferdezüchter, Boxpromoter, als Promoter von Parfüms, Champagner und Cognac - und verdiente damit ein noch größeres Vermögen als vor der Kamera.

Auf seinem Anwesen im Département Loiret, 130 Kilometer von Paris, charmierte er 2005 eine "Stern"-Journalistin: "Sie können sich wirklich etwas drauf einbilden." Er zeigte ihr seine weißen Schäferhunde und eine schwarze Katze, die er per Helikopter zu einer Operation nach Paris habe bringen lassen. Der Reporterin vertraute der Beau an, er warte auf eine neue Frau.

Der eiskalte Engel, für den es längst keine Filmrollen mehr gab, schien einsam - wie vielleicht zeitlebens inmitten seiner Liebschaften. Delons Schönheit, Delons Tragik: die kalte Perfektion. Die Maske, hinter die nur wenige blicken durften.

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