

An seiner größten Erfindung blieb Johann Wilde zufällig hängen. Buchstäblich: Der deutsche Konzertviolinist arbeitete im Jahr 1740 in Sankt Petersburg, als er eines Abends nach einem Konzert heimkam. Der erschöpfte Musiker, so beschrieb es Carl Engel 1874 in einem Essay zur Geschichte der Musikinstrumente, wollte gerade seinen Bogen an einem Nagel aufhängen, als es passierte: "Versehentlich zog Wilde die Haare des Bogens über das Metall und erzeugte so einen Ton." Ein folgenreiches Missgeschick.
Denn Wilde gefiel der Klang, er konstruierte ein komplettes Instrument aus klingenden Nägeln - die Nagelgeige. Sie besteht aus einem meist halbrunden Klangkörper, aus dem Nägel herausragen. Der Musiker hält die Nagelgeige mit einer Hand und streicht mit dem Bogen über die Nägel. Je nach Länge erzeugen sie verschieden hohe Töne, die viel zarter und obertonreicher klingen als bei einer normalen Violine.
Im Vergleich zur Violine waren die Ausdrucksmöglichkeiten der Nagelgeige beschränkt, doch sie war viel leichter zu spielen. Sie wurde so beliebt, dass 1791 sogar ein komplettes "Nagelklavier" entstand und 1888 die "Aliquot-Streichflöte", die beide auf diesem Prinzip basierten. Doch alle drei Erfindungen gerieten wieder in Vergessenheit.
Sehr dekorativ, so eine Flammenorgel
Zu Unrecht. Denn so eigenwillig Nagelgeige, Nagelklavier und Streichflöte auch gewesen sein mochten, sie hatten der Musik doch völlig neue Klangfarben hinzugefügt. Aber zum Glück gibt es ja den "Uncommon Musical Instrument Day", einer dieser skurrilen Feiertage, die weltweit auch entlegenen Themen und verwegenen Bräuchen Aufmerksamkeit bescheren. Der "Tag der ungewöhnlichen Musikinstrumente" kommt gerade recht, um all die Salatschüssel-Harmonikas, Springbrunnen-Orgeln und Taschenlampen-Marimbas wieder zu würdigen, die im Laufe von Jahrhunderten Musikgeschichte verschüttgegangen sind.
Manche dieser obskuren Erfindungen entstanden nur aus dem Wunsch, die Eigenschaften mehrerer Instrumente zu kombinieren - wie etwa die Bazantar. Der Musiker Mark Deutsch entwickelte sie in den Neunzigerjahren, um einen Kontrabass mit einer indischen Sitar zu kreuzen.
Andere Erfinder versuchten mit wissenschaftlichem Eifer, neue Wege der Tonerzeugung nutzbar zu machen, wie der Physiker und Musiker Georges Frédéric Eugene Kastner 1875 mit seinem Pyrophon. Diese Feuerorgel erzeugte Töne durch Wasserstoffflammen in Glaspfeifen. Das klang nicht nur gut, die lodernde Orgel sah auch dekorativ aus - nur war sie leider nicht ganz ungefährlich. Vielleicht setzten sich die Flammenorgeln deshalb auch nicht dauerhaft durch.
Manche Instrumente aber dienten sogar dazu, ein politisches System zu stützen. Genau das tat der russische Musiker Arseni Awraamow, der 1922 eine ganze Stadt in ein riesiges Instrument verwandelte, um die gewaltsame Machtübernahme Lenins zu feiern.
Rhythmische Figuren mit Maschinengewehren
Am 7. November, dem fünften Jahrestag der Oktoberrevolution, stieg Awraamow auf ein Hausdach in Aserbaidschans Hauptstadt Baku, um seine "Symphonie der Fabriksirenen" zu dirigieren - mit Hilfe von zwei Signalflaggen und mehreren Feldtelefonen.
Awraamows Orchester bestand aus zwei Artilleriegeschützbatterien, einer Reihe von Wasserflugzeugen, mehreren Infanterieregimenten inklusive einer Maschinengewehr-Division, dazu aus diversen Chören, den Nebelhörnern der kompletten kaspischen Flottille sowie allen Fabriksirenen der Stadt.
Voller Begeisterung war Awraamow über die "erfahrenen Maschinengewehrschützen", die "nicht nur einen Trommelschlag nachahmen, sondern komplexe rhythmische Figuren spielen können", wie er 1923 im sowjetischen Magazin "Gorn" schwärmte.
Ob aus politischen Beweggründen, Erfindergeist oder purem Jux - eines haben all die abseitigen Klangerzeuger gemeinsam, die die Musikgeschichte hervorgebracht hat: Sie haben den musikalischen Kosmos um Klangfarben bereichert, die es so vorher noch nicht gab. Begeben Sie sich darum mit auf eine Rundreise zu den absonderlichsten Instrumenten der Welt, von der Murmel-Drehorgel bis zur Kubisten-Klampfe. Happy Quatschinstrumentenday to you!
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Sphärische Salatschüsseln: Benjamin Franklin, Gründervater der USA, erfand im Jahr 1761 die eigentümliche Glasharmonika. Das Instrument, von Franklin selbst "Armonica" getauft, besteht aus Glasschalen auf einer Drehachse, per Pedal in Drehung versetzt. Durch Berühren der rotierenden Ränder mit befeuchteten Fingern entstehen sphärische Klänge (Video), als würde man über den Rand eines Trinkglases streichen. Allerdings war die Glasharmonika deutlich leichter zu spielen als die im 18. Jahrhundert beliebten "musical glasses". Franklins Kreation fand zunächst begeisterten Einsatz, selbst Mozart und Beethoven verwendeten sie. Doch schon Anfang des 19. Jahrhunderts geriet die Glasharmonika wieder in Vergessenheit. - Um an ungewöhnliche Klangkörper wie diesen zu erinnern, ist der 31. Juli der
Drummer ohne Schlagzeug: Anstelle eines Drum-Kits verwendet Roy Wooten, Künstlername Future Man, eine Eigenschöpfung - die Drumitar. Sie besteht aus einer umgebauten "Synthaxe", einem in den Achtzigerjahren beliebten gitarrenähnlichen Synthesizer-Controller. Wooten bastelte daraus ein bunt bemaltes Instrument zum Steuern gesampelter Schlagzeug-Sounds. So spielt er seit 1988 auch live die Drumbeats der Jazz-Bluegrass-Band Béla Fleck and the Flecktones.
Alles Käse: Für seine Installation "Cheese Kit Dyptich" baute der niederländische Künstler Walter Willems 2005 zwei identisch aussehende Drum-Kits auf. Beim ersten ersetzte er alle Trommeln durch Käselaibe (Gouda, Grana Padano, Maasdamer, Old Dutch Master, Kreuzkümmelkäse). Das zweite bestand aus Plastikattrappen dieser Käse, wie sie im Handel für die Auslage verwendet werden. Teil der Installation, die niederländische Nationalstereotype persiflierte, war auch der Free-Jazz-Drummer Han Bennink. Er trommelte abwechselnd auf beiden Sets und einem Paar Holzschuhen.
Kontrabass für Blauwale: Wem ein Kontrabass noch nicht tief genug klingt, der greift am besten zum Oktabass. Der tiefste Ton des rund dreieinhalb Meter hohen Instruments liegt bei 16 Hertz - und damit unter dem menschlichen Hörbereich. Der französische Geigenbauer Jean-Baptiste Villaume entwickelte den Infraschall-Brummer um 1850, um Orchestern die Klangfarbe eines besonders tiefen Grollens hinzufügen zu können. Wegen der enormen Größe muss der Bassist zum Spielen auf einem Podest stehen. Das Griffbrett bleibt aber selbst so unerreichbar - daher werden die Tonhöhen des Oktobasses über Hebel verändert.
Klampfe kubistisch: Zu den wohl eigenartigsten Gitarren der Welt gehört diese 42-saitige Pikasso Guitar, die der US-Jazzgitarrist Pat Metheny hier bei einem Auftritt im Kopenhagener Tivoli Garden spielt. Neben drei verschiedenen Hälsen und mehreren zusätzlich freischwingend über den Korpus gespannten Basssaiten hat die Gitarre, die von außen wie eine akustische Gitarre wirkt, ein Piezo-Tonabnehmersystem, durch das Metheny Synthesizer-Klänge mit Hilfe seiner Gitarre steuern kann. So klingt der Musiker mitunter, als würde er mehrere Instrumente zugleich spielen.
Schneeballprinzip: "Dieses Design versucht, eine ideale Form zu erschaffen, die es menschlichen Wesen ermöglicht, über bereits existierende Methoden sich auszudrücken, hinauszugehen", beschreibt die Designabteilung der Firma Yamaha diese Studie von 2015 mit dem Namen Raijin. In der Praxis ist der Trommel-Fußball mit vier Bassdrums wohl doch etwas unergonomisch. Ob Drummer darin tatsächlich über sich hinauswachsen? Ebenso fragwürdig wie das sonderbare Anime-Kostüm des Schlagzeugers. Bespielbar ist das eigenwillige Drumkit aber auf jeden Fall.
Rockmusik: In den Luray Caverns in Virginia befindet sich eines der wohl imposantesten Instrumente der Welt - das Great Stalacpipe Organ. Es erstreckt sich über eine komplette Tropfsteinhöhle und verwandelt im Grunde die ganze Höhle in ein Instrument. Von einer Orgelkonsole aus werden ferngesteuerte Schlägel ausgelöst, die Stalaktiten verschiedener Größe anschlagen wie ein riesiges Glockenspiel. Die Stalaktiten-"Orgel" wurde 1956 erbaut, allerdings wurden die Tropfsteine schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Musizieren benutzt - damals allerdings noch von Hand angeschlagen.
Luftnummer: Ursprünglich nannte der russische Physiker Leon Theremin das Instrument, das er um 1920 fertigstellte, Ätherophon. Beim Spielen berührte der Musiker das Instrument nicht. Der Abstand der rechten Hand zu einer Antenne bestimmte die Tonhöhe, der Abstand der Linken zu einer zweiten Antenne die Lautstärke. Als der Erfinder ab 1927 auf Welttournee mit seiner Kreation ging, wurde diese international schlicht Theremin genannt. Das Timbre erinnerte an die menschliche Stimme, klang aber auch eigentümlich ätherisch. Wohl deshalb verwendete man das Theremin ab den Vierzigerjahren oft in Science-Fiction-Filmmusiken, später gelegentlich auch in der Popmusik. Auf dem Bild spielt die berühmte US-Thereministin Lucie Rosen ein Stück für den Radiosender NBC ein.
Lauter Murmeln: 14 Monate lang werkelte der schwedische Musiker und Tüftler Martin Molin an seiner "Marble Machine" - einer Art Techno-Drehorgel mit eingebautem Vibrafon, Bass, Schlagzeug und Murmelantrieb. Das YouTube-Video der Göteborger Band Wintergatan ging 2016 viral - seitdem hat Molin das aus 3000 Einzelteilen konstruierte und mit 2000 Murmeln betriebene Instrument kontinuierlich weiterentwickelt und geht sogar auf Tour damit.
Harfenrundfahrt: Im Juli 1936 berichtete das US-Magazin "Popular Science" über dieses seltsame Instrument von drei Musikern aus Seattle. Die Saiten wurden beim Rondolin auf eine Drehspindel gespannt, die mittels Fahrradpedalen in Rotation versetzt werden konnte. Statt also die Arme zu bewegen wie bei einer herkömmlichen Harfe, musste man hier nur die Hand hinhalten, um rasend schnell zu spielen - wenn man denn schnell genug in die Pedale trat.
Piiiiep! Als ideales Einsteiger-Musikinstrument wurde in den Siebzigerjahren das Stylophon angepriesen. Erfunden hatte es 1967 der Tüftler Brian Jarvis, mit einem denkbar einfachen Konstruktionsprinzip: Mit einem kleinen Stift berührt der Spieler eine winzige Metall-Klaviatur und schließt dabei jeweils einen Stromkreis, der je nach Taste verschiedene Tonhöhen erklingen lässt. Das klang zwar etwas piepsig, war aber leicht zu bedienen. Das unter anderem von David Bowie ("Space Oddity") und Pulp ("Styloroc") verwendete Instrument erlebte in den Nullerjahren ein Revival. 2007 erschien eine überarbeitete Version des Geräts.
Überdimensional: Eigentlich, so erklärte William Close dem "Los Angeles Magazine", sei sein Instrument eher ein "Statement zur Umwelt gewesen, das sich als großartig klingendes Instrument herausstellte". Zur Jahrtausendwende hatte er mit der Earth Harp ein Saiteninstrument von unfassbaren Dimensionen geschaffen. Vom Grund eines Tales spannte er rund 300 Meter lange Stahlseile zur anderen Talseite. Close rieb spezielle Handschuhe mit Geigenharz ein, strich mit ihnen über diese gigantischen Saiten und brachte sie so zum Klingen. Die Veranstaltung wurde ein solcher Erfolg, dass der Musiker inzwischen rund um die Welt mit der Earth Harp auftritt. 2014 spannte er seine Saiten zwischen zwei Gebäude in Singapur und stellte dabei den Weltrekord für das größte spielbare Saiteninstrument auf.
Vielsaitig: Ein Herr G. Ranvial stellte 1952 dieses Multifunktionsinstrument mit vier Hälsen vor. Es konnte als Violine, Banjo, Gitarre und Mandoline gespielt werden.
Feuchtfröhlich: Eigentlich ist Steve Mann Informatiker - doch in seiner Freizeit entwickelte der Kanadier ein höchst ungewöhnliches Instrument, das mit Wasserkraft betrieben wird. Das Hydraulophon besteht aus einem von Wasser durchflossenen Röhrensystem. Durch Löcher treten Wasserstrahle aus wie bei einem Springbrunnen. Verschließt nun der Hydraulophonist mit einem Finger eines der Löcher, erklingt ein Ton. Konzert-Hydraulophone decken mit 45 Löchern einen Tonumfang von fast vier Oktaven ab. Oft sind die ungewöhnlichen Instrumente an öffentlichen Plätzen als Wasserspiele installiert - das größte davon vor dem Ontario Science Centre in Toronto.
Ein-Mann-Orchester: Eine Gitarre als Fernsteuerung für ein komplettes Ensemble verschiedenster Instrumente - diese Idee realisierte Jazzgitarrist Pat Metheny 2010 mit seinem Projekt Orchestrion. Eigentlich nannte man so im 19. Jahrhundert Musikautomaten, die auf Musikwalzen konservierte Musik auf einer Reihe mechanisch angeschlagener Instrumente wiedergaben. Metheny, der schon als Kind über das Pianola seiner Großeltern gestaunt hatte, erweiterte das Prinzip aber und schuf ein in Echtzeit spielbares Orchester, in dem er alles vom Xylophon bis zum Schlagzeug mit der Gitarre steuern konnte.
Musik vom Fass: Sie sieht aus wie eine Antiquität - tatsächlich aber entstand die Wheelharp erst im Jahr 2013. Sie basiert auf dem schon im 15. Jahrhundert von Leonardo da Vinci entwickelten Konzept der Viola Organista, einer Art Violinen-Klavier und der im Mittelalter verbreiteten Drehleier. Indem der Musiker Tasten der kreisförmigen Tastatur niederpresst, drückt er im Inneren der Wheelharp Saiten auf ein sich drehendes Rad, dessen Geschwindigkeit per Fußpedal reguliert wird. Der entstehende Ton klingt wie ein ziemlich schiefes Orchester aus kratzigen Geigen.
Stromsparend: Sieht aus wie eine Wäschespinne, spielt sich wie eine Mischung aus Trommel, Streich- und Zupfinstrument und klingt wie ein elektronischer Klangerzeuger - das Yaybahar von Görkem Şen. Der türkische Instrumentenbauer nennt seine Kreation eine "einzigartige Hörerfahrung mit hypnotischem Surround-Sound" - das Schlagzeugmagazin "Sticks" nannte es schlicht den "ersten kompostierbaren Synthesizer". Denn es verbindet Trommelmembranen und den Saiteninstrument-Teil so miteinander, dass synthetisch anmutende Hall- und Echo-Effekte entstehen - obwohl das Yaybahar ein rein akustisches Instrument ist.
Lichtspiel: Mit Hilfe von Vakuumröhren und lichtempfindlichen Fotozellen schuf der amerikanische Forscher Dr. Phillips Thomas am Westinghouse Research Laboratory diese "Foto-Elektrische Marimba". Das Instrument reagierte auf direkte Lichteinstrahlung, indem es die jeweils angeleuchteten Aufschlagstäbe der Marimba elektrisch in Schwingung versetzte. Dazu spielte der Musiker es nicht wie sonst üblich mit Schlägeln - sondern wie hier abgebildet mit zwei Taschenlampen.
Im Auftrag des Herrn: Wem normales Schlagzeugspiel zu langweilig ist, der könnte es einmal mit Mark Temperatos Spezial-Drumkit versuchen. 813 Trommeln und Becken, über 20 Jahre zusammengekauft, mehr als zwei Tonnen Gesamtgewicht - Temperatos Schlagzeug ist nicht nur laut Guinness-Buch das größte Drumkit der Welt, sondern wohl auch das christlichste. Denn der Pastor aus Lakeville, New York versteht sein überdimensionales Drumset als Symbol seines tiefen Glaubens. Entsprechend sind seine Auftritte eine Mischung aus Schlagzeugsolo und Predigt. Um jedes Element des Monster-Sets nur einmal anzuschlagen, benötigt der Geistliche insgesamt rund eine Stunde.
Tretharmonika: Das altbekannte Prinzip des Akkordeons, Luft in einen Balg zu saugen und herauszupressen, hat einen Haken - es ist durch die Armspannweite des Menschen begrenzt, ab einer gewissen Größe ist Schluss. Um dieses Problem zu umschiffen, ließ sich der New Yorker Erfinder Samuel Sater 1931 das Fußpedal-Akkordeon patentieren. Der Musiker nahm daran wie an einem Piano Platz, mit einem Pedal sog er Luft hinein, mit einem zweiten drückte er sie wieder heraus.
Klavier XXL: Ein Klavier ist ein sperriges Instrument, ein Konzertflügel allemal. Wer trotzdem noch zu viel Platz im Wohnzimmer hat, ist mit dem Klavins Piano Modell 370 gut beraten. Der deutsche Klavierbaumeister David Klavins schuf das zwei Tonnen schwere Monstrum im Oktober 1987, um die akustischen Nachteile eines Flügels mit waagerechtem Saitenverlauf auszugleichen. Zwei Stockwerke hoch wurde das daraus resultierende Klavier - aber kein Problem: Treppe und Balkon für den Pianisten sind gleich mit eingebaut. Die gewaltigen Dimensionen belohnen den Pianisten mit einer entsprechend enormen Klangfülle. 2017 stellte Klavins sein Nachfolgemodell vor: Das "Klavins Piano Modell 450" ist mit 4,5 Metern noch einmal 80 Zentimeter größer. Kostenpunkt: 1000 Euro - pro Zentimeter Höhe.
Nagel auf den Kopf getroffen: Die Idee zu seinem Instrument soll dem deutschen Violinisten Johann Wilde 1740 angeblich gekommen sein, als er seinen Geigenbogen an die Wand hängen wollte und dabei versehentlich an einem Nagel entlangstrich. Wilde schuf daraufhin die Nagelgeige - ein Instrument aus einem halbrunden Resonanzkörper mit herausragenden Nägeln verschiedener Länge. Strich man mit einem Bogen über deren Köpfe, so erklangen an eine Violine erinnernde, aber eigentümlich zarte, obertonreiche Klänge.
Fünffach-Gitarre: Rick Nielsen, Gitarrist und Songwriter der Rockband Cheap Trick, spielt auf diesem Bild von 2008 bei einem Auftritt in Hollywood auf der Fünfhals-Gitarre Cinque, die nach seinen Wünschen angefertigt wurde. Neben drei sechssaitigen Gitarrenhälsen in verschiedenen Stimmungen hat das klobige Instrument einen zwölfsaitigen und einen Fretless-Hals ohne Bundstäbchen. Wenn man jetzt nur noch ein paar Extra-Arme hätte.
Elektro-Sound aus dem 19. Jahrhundert: 1893 kam dem amerikanischen Physikstudenten Thaddeus Cahill die Idee zu seinem "Telharmonium", das er auch "Dynamophon" nannte. Es gilt heute als
Drumcomputer ohne Computer: Drei Jahre lang reiste Singer-Songwriter James Taylor auf seiner "One Man Band"-Tour durch die Welt, begleitet nur von einem Pianisten. Da er aber auf einigen Songs auch Drums brauchte, konstruierte er kurzerhand mit einem Freund selbst eine enorme, von einer rotierenden Trommel betriebene, rein mechanische Schlagzeug-Maschine, die ihn auf einigen Songs begleitete. Taylor selbst nennt sie schlicht "Die Monstrosität". "Sie ist sehr einfach", räumt der Musiker ein, "aber laut."
Sci-Fi-Sounds anno 1928: Ursprünglich war der französische Tüftler Maurice Martenot (hier mit seiner Schwester Ginette) Cellist. Er suchte einen Weg, das Vibrato und Glissando des Cellos auf einem Tasteninstrument zu ermöglichen - Töne sollten stufenlos höher und tiefer werden können. 1928 stellte er der Welt die Ondes Martenot vor, einen frühen Synthesizer, dessen ganze Tastatur leicht seitlich bewegt werden konnte, um ein Vibrato zu erzeugen. Der Clou war jedoch der "ruban" (dt. "Band"), ein Seilzug mit Metallring, der vor den Tasten verlief. Stülpte der Spieler den Ring über, konnte er damit stufenlose Glissandi von Ton zu Ton spielen. Das ungewöhnliche Instrument bekam so einen Klang, der fast an die menschliche Stimme erinnerte.
Bebop-Korkenrassel: Berühmt wurde US-Jazzlegende Dizzy Gillespie (rechts) als Trompeter. Doch für das Boston Globe Jazz im Januar 1966 schuf er ein neues Instrument, das er auf diesem Bild am 14. Januar backstage Reverend Alvin Kershaw vorführt - Gillespie taufte es Ngungi. Im Grunde handelte es sich dabei nur um an einen Stiel genagelte Kronkorken. Wenig verwunderlich, dass Gillespies Ngungi-Spiel weit unbekannter blieb als seine Trompeten-Soli.
Steinalt: Fast 13 Jahre lang schaffte der Steinmetz Joseph Richardson Steinplatten vom nordenglischen Berg Skiddaw herunter und klopfte auf ihnen herum, um ihren Klang zu prüfen, ehe er 1840 sein Lithophon vollendet hatte - die sogenannten Musical Stones of Skiddaw. Die lange, brotlose Arbeit daran trieb schließlich ihn und seine Familie in die Armut. Die auf Seilen gelagerten Klangsteine werden mit Schlägeln gespielt und erinnern an den Klang eines Xylofons.
Tape Jockey: Der Pariser Ingenieur Pierre Schaeffer war gelangweilt von traditionellen Instrumenten und der daraus entstehenden traditionellen Musik. Er versuchte, zuvor nicht als musikalisch verstandene Klänge und Geräusche in die Musik zu integrieren, und schuf so die Bewegung die "musique concrète", die vor allem mit Collagetechniken arbeitete. Hierzu ließ er 1953 ein neuartiges Instrument anfertigen, das Phonogène, auf dem sich aufgenommene Tonband-Loops per Tastatur in verschiedenen Tonhöhen und Längen abspielen und zu völlig neuen Klängen kombinieren ließen. Ein ähnliches Prinzip fand zehn Jahre später weniger experimentell beim bekannteren Mellotron Verwendung.
Keyboard-Klampfe: Rob Swire, Musiker der Drum-and-Bass-Band Pendulum, spielt am 13. Juni 2009 bei einem Konzert im englischen Donington auf einem Ztar Z6-SP-Gitarrensynthesizer der Firma Starr Labs. Swire ist eigentlich Keyboarder der Band, benutzt aber oft diesen Gitarrencontroller anstelle eines Keyboards. Das nur noch entfernt mit einer Gitarre verwandte Gerät kommt ohne richtige Saiten aus und hat stattdessen ein Griffbrett mit kleinen Druckknöpfen, die die Funktion von Keyboardtasten übernehmen.
Eine Stadt als Instrument: Zur Feier des fünften Jahrestags der Oktoberrevolution am 7. November 1922 hatte sich der russische Avantgarde-Komponist Arseni Awraamow 1922 etwas ganz Besonderes einfallen lassen - Simfonija Gudkow, die Symphonie der Sirenen. Baku dirigierte das in Baku aufgeführte Werk von einem Hausdach aus mit Signalflaggen und Feldtelefonen. Denn sein Orchester bestand aus zwei Artilleriegeschützbatterien, einer Reihe von Wasserflugzeugen, mehreren Infanterieregimenten (mitsamt einer MG-Division), diversen Chören, den Nebelhörnern der kompletten kaspischen Flottille sowie den gesamten Fabriksirenen der Stadt. Auch wenn von der gigantomanischen Aufführung heute nur Rekonstruktionen bestehen, darf man annehmen: Es wurde laut.
Pling! Eigentlich besteht das 1875 von dem Physiker Rudolf König fertiggestellte Grand Tonometer lediglich aus Stimmgabeln. Allerdings 670 davon, mit Frequenzen von 260 bis 4096 Hertz. Das Instrument, das einzige seiner Art, ist heute im National Museum of American History in Washington, D.C., ausgestellt. Verwendung findet es in erster Linie als wissenschaftliches Instrument zur Untersuchung von Tönen, nicht für Musikaufführungen - aber imposant ist es allemal.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden