
Ach ja früher: Weißt du noch...
Verschwundene Dinge Es war einmal in unserem Leben
Kann man eine Geschichte über verschwundene Dinge schreiben, ohne in reaktionäres "früher war alles besser" zu verfallen? Ohne der eigenen Sentimentalität zu erliegen und Dinge, die kein Mensch mehr braucht, zu einem echten Verlust für die Menschheit zu verklären?
Es geht, wenn man sich am Anfang einmal eingesteht und dann in Stein gemeißelt neben den Bildschirm hängt, dass heute nicht alles, aber das meiste besser ist. Ganz ehrlich: Es ist einfach cool, heute nicht mehr im Regen nach einer Telefonzelle suchen zu müssen. Es ist praktisch, Freunden aus der S-Bahn mit dem Smartphone eine Mail schreiben zu können oder mit ihnen via Facebook zu kommunizieren, statt ihnen am Schreibtisch zu Hause einen Brief aufzusetzen, der sie erst Tage später erreicht, wenn sich vielleicht im eigenen Leben schon wieder alles verändert hat.
Aber warum rühren uns dann überhaupt Gedanken an Dinge wie ein Wählscheibentelefon? Warum vermissen wir Kassettendecks, Videorekorder oder das Testbild? Ist es wirklich nur der Goldstaub der Erinnerung, der sich über alles Vergangene legt und unseren Blick trübt?

Ach ja früher: Weißt du noch...
Nein. Es gibt da etwas, das viele Dinge, die es heute nicht mehr gibt, eint: Sie waren nicht nur zu etwas zunutze, sondern fühlten sich auch an, jedes anders als das andere. Es sind wohl diese Gefühle, diese Reize, die wir vermissen.
Heute erledigen wir Dinge überwiegend dadurch, dass wir Knöpfe drücken, meist, während wir dabei gleichzeitig noch etwas anderes tun. Ob wir einem Freund schreiben oder ihn anrufen, das sinnliche Erlebnis dabei beschränkt sich auf den Druckpunkt des Knopfes oder den Bestätigungston für die erfolgreiche Eingabe, wenn es sich um einen Touchscreen handelt.
Früher wollten die Dinge unsere ganze Aufmerksamkeit. Sie belohnten uns mit einem haptischen Erlebnis, einer kleinen Symphonie aus Reizen. Selbst so profane Dinge wie eine Parkuhr waren eine sinnliche Erfahrung. Das sanfte Klickern des Hebels, den man nach Einwurf der Münze immer erst mal bis zum Anschlag drehen musste, das stets leicht trunkene Zurückfallen des Zeigers auf die 15-, 30-, 45- oder 60-Minutenmarkierung. Dieses Geräusch, das die Parkuhr dabei machte, so eine Mischung aus Einarmiger Bandit kurz vor dem Jackpot und Tresortür, die ins Schloss fällt.
Jeder, der ein paar Mal eine Parkuhr benutzt hat, wird auch noch in zig Jahren abrufen können, wie sich das angefühlt hat. Ob wir uns genauso daran erinnern werden, wie es sich anfühlte, einen Parkschein aus dem Automaten zu ziehen? Wohl kaum.
Wie fühlten sich noch mal Wählscheibentelefone an? Warum liebten wir Wassereis so sehr? Was fehlt dem MP-3-Player, was der Walkman hatte? einestages hat sich auf eine Reise ins Reich vergangener Reize begeben und ein Best-Of-Ausgemustert gesammelt.