Bier und Wein Schon kleine Alkoholmengen könnten Gehirn verändern

Das tägliche Glas Wein schädigt das Gehirn möglicherweise mehr als bislang gedacht. Darauf weist eine aktuelle britische Studie hin. Demnach ist besonders das Gedächtnis gefährdet.
Foto: Boris Roessler/ picture alliance / dpa

Ihm werden so viele schöne Dinge zugeschrieben: Alkohol macht locker, lustig und gesellig, und außerdem soll er die Gefäße schützen. Im Prinzip gibt es täglich einen neuen guten Grund für ein Glas Bier, Wein, Sekt oder Schnaps.

Wie groß diese Portion sein darf, ob es überhaupt unbedenklichen Konsum gibt und welche Auswirkungen schon kleine Rationen auf die Gesundheit haben, das ist allerdings nicht nur umstritten - es wird auch von Land zu Land unterschiedlich definiert.

Während die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) von einer "risikoarmen Schwellendosis" von 24 Gramm Alkohol pro Tag für einen Mann spricht  (das entspricht in etwa einem halben Liter Bier pro Tag oder 0,3 Liter Wein), findet das US-Gesundheitsministerium 28 Gramm täglich okay. Für Frauen gilt jeweils die Hälfte. Großbritannien wiederum hat seine Richtlinien  kürzlich überarbeitet und empfiehlt beiden Geschlechtern, nicht mehr als 16 Gramm Alkohol täglich zu konsumieren - das sind etwas weniger als 0,2 Liter Wein.

Abbau im Gehirn

Eine im "BMJ" veröffentlichte britische Studie  liefert nun Ergebnisse, die die Diskussion um moderaten Alkoholkonsum erneut befeuern könnten: Denn der Untersuchung zufolge schaden vermutlich schon kleine Mengen dem Gehirn.

Die Forscher um Anya Topiwala von der University of Oxford hatten die Daten von 550 gesunden Männern und Frauen ausgewertet, die im Rahmen der sogenannten Whitehall Studies mehrfach - auch hinsichtlich ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit - untersucht worden waren. Die Probanden waren im Schnitt 43 Jahre alt und litten nicht unter Alkoholabhängigkeit, hatten aber angegeben, wie viel Alkohol sie wöchentlich konsumiert hatten. Am Ende der Studie waren ihre Gehirne per Kernspintomografie untersucht worden.

Nachdem die Forscher andere Einflussfaktoren wie Alter, Rauchen, den sozioökonomischen Status und körperliche Aktivität aus den Analysen herausgerechnet hatten, ergab die Auswertung: Wer mehr als 240 Gramm Alkohol pro Woche getrunken hatte, hatte das größte Risiko, dass sich die Nervenzellen im sogenannten Hippocampus abbauen. Das ist eine Gehirnregion, die wichtig ist für das Lang- und Kurzzeitgedächtnis, für Gefühle und für räumliche Orientierung. Ebenso nahm ihre Sprachflüssigkeit ab.

Aber auch jene, die zwischen 116 und 168 Gramm Alkohol pro Woche getrunken hatten - der Definition nach "moderate Trinker" - hatten Zeichen für einen Zellabbau im Hippocampus. Wer wiederum weniger als 56 Gramm Alkohol pro Woche getrunken hatte, profitierte im Vergleich zu ganz abstinenten Probanden nicht von seinem Konsum - einen protektiven Effekt konnten die Forscher demnach nicht messen.

Die Autoren betonen, dass es sich bei ihrer Untersuchung um eine Beobachtungsstudie handelt, ein kausaler Zusammenhang demnach nicht bewiesen ist. In einem begleitenden Leitartikel im "BMJ" schreibt der Neuropsychiater Killian Welch vom Royal Edinburgh Hospital, die Ergebnisse würden die Argumente stützen, dass ein Alkoholkonsum, den viele noch als normal ansehen, negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Mit dieser Veröffentlichung werde es deutlich schwieriger, moderates Trinken zu rechtfertigen.


Trinke ich zu viel? Wenn Ihnen Ihre Trinkgewohnheiten Sorgen bereiten, sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt. Suchtberatungsstellen helfen ebenfalls. Einen Ansprechpartner in Ihrer Nähe finden Sie über das Verzeichnis der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (hier ) oder die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (hier ).

hei
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren