Europa Resistente Bakterien verursachen Tausende Todesfälle

Dass Bakterien gegen Antibiotika resistent werden, ist ein globales Problem. Auch in Europa steigt die Zahl der Fälle. Doch es gibt einige positive Trends.
Bakterienkultur

Bakterienkultur

Foto: Daniel Karmann/ dpa

Immer häufiger gibt es gegen resistente Bakterien kaum noch ein wirksames Antibiotikum, warnt das Europäische Präventionszentrum ECDC . Gefährliche Resistenzen nehmen laut einem Bericht des Zentrums weiter zu. Experten führen bis zu 25.000 Todesfälle in Europa jährlich auf resistente Keime zurück.

Unter anderem stieg der Anteil von Patienten mit dem Atemwegskeim Klebsiella pneumoniae, denen auch Reserve-Antibiotika wie die Carbapeneme nicht halfen, binnen weniger Jahre von 6,2 auf 8,1 Prozent. Die Forscher betrachteten die Jahre 2012 bis 2015. "Wenn jetzt diese letzte Linie auch nicht mehr wirkt, dann ist einfach nichts mehr da", sagt die ECDC-Direktorin Andrea Ammon. "Deswegen ist es so wichtig, dass jetzt Maßnahmen ergriffen werden."

Bereits mehr als ein Drittel der untersuchten K.-pneumoniae-Keime waren 2015 gegen mindestens ein Antibiotikum resistent. Das heißt, dass Ärzte zumindest Alternativen suchen mussten. Das kann die Behandlung verzögern und die Kosten steigen lassen.

Einen ähnlichen Trend meldet das ECDC für das Bakterium Escherichia coli, einen der häufigsten Verursacher von über die Blutbahn verbreiteten Infektionen. Die Fälle, in denen die Bakterien gegen einzelne oder auch gegen eine Kombination von modernen Antibiotika resistent seien, nehmen erheblich zu.

Anders sieht es bei den seit Jahren mit großer Sorge betrachteten MRSA-Erregern aus, resistenten Bakterien vom Typ Staphylococcus aureus: Sie wurden 2015 europaweit deutlich seltener festgestellt als noch 2012. Viele Länder hätten gezielt Maßnahmen ergriffen und Erfolg gehabt, sagt Ammon. "Daran kann man sehen, dass es möglich ist, einen solchen Trend nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren."

Wichtige Gegenmaßnahmen

In Europa laufen seit Jahren Kampagnen, um die Ausbreitung resistenter Keime einzudämmen. Ein Grund für die Resistenzen ist der falsche Einsatz von Antibiotika: Sie werden zu häufig verordnet oder nicht richtig eingenommen. Bakterien können sich in der Folge so anpassen, dass ihnen die Wirkstoffe nichts mehr anhaben. Sind sie gegen mehrere oder gar alle antibakteriellen Medikamente gewappnet, kann es für Patienten gefährlich werden.

Gegenmaßnahmen setzen nach Ammons Worten auf verschiedenen Ebenen an. Antibiotika sollten nur verschrieben und genommen werden, wenn es nötig ist. Krankenhäuser müssten streng auf Hygiene achten und Patienten mit resistenten Keimen von anderen Kranken abschirmen. Das Bewusstsein sei gewachsen, aber es reiche noch nicht.

In Deutschland deutet einiges darauf hin, dass der Antibiotika-Gebrauch stärker überdacht wird. Erst am Donnerstag hatten die deutschen Apotheker gemeldet, dass sie im vergangenen Jahr 17 Prozent weniger Antibiotika abgegeben hatten, als noch zehn Jahre zuvor.

Und die Techniker Krankenkasse (TK) berichtet: Im Jahr 2011 erhielten knapp 29 Prozent ihrer Versicherten, die ein bis drei Tage wegen Erkältungen krankgeschrieben waren, ein Antibiotikum-Rezept. 2015 waren es dagegen unter 21 Prozent. Weil Antibiotika gegen Bakterien, nicht aber gegen Viren wirken, sind sie bei unkomplizierten Erkältungen nicht zu empfehlen: Dass die Zahl der Verschreibungen hier sinkt, ist also ein positiver Trend.

wbr/dpa
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