Babypuder von Johnson & Johnson Konzern muss Krebspatientin 417 Millionen Dollar zahlen

Babypuder von Johnson & Johnson
Foto: Matt Rourke/ APDas wird teuer für Johnson & Johnson. Der Konzern soll einer US-Amerikanerin 417 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 354 Millionen Euro) Schadenersatz zahlen. Das haben Geschworene am Montag in Los Angeles verkündet. Sie sehen es als erwiesen an, dass ein Babypuder des Unternehmens bei der Frau Eierstockkrebs ausgelöst hat. Johnson & Johnson hat Berufung angekündigt.
Eva Echeverria, heute 63, und Tausende weitere Frauen in den USA werfen dem Konzern vor, nicht ausreichend vor dem Talk im Puder gewarnt zu haben. Er steht im Verdacht, Eierstockkrebs zu begünstigen, wenn er im Genitalbereich angewendet wird.
Im aktuellen Fall gab Echeverria an, den Babypuder benutzt zu haben, seit sie elf Jahre alt war - und damit über einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten. Demnach hat sie das Produkt regelmäßig auf das Perineum, also den Bereich zwischen Vagina und After aufgetragen. Andere Frauen geben Babypuder für ein frisches, trockenes Gefühl auf Binden oder direkt in die Unterwäsche.
Erst als Echeverria nach ihrer Krebsdiagnose im Jahr 2007 von einer anderen Frau hörte, die Johnson & Johnson wegen des Puders verklagt hatte, wurde sie misstrauisch, berichtete ihr Anwalt laut "New Yorks Times" .
Zusammenhang zwischen Krebs und Puder unklar
Allerdings ist bislang nicht eindeutig nachgewiesen, dass Talk aus Babypuder tatsächlich Eierstockkrebs verursachen kann. Die Studien zum Thema widersprechen sich:
- Begleiteten Forscher große Gruppen von Frauen über viele Jahre und dokumentieren deren Verhalten, fanden sie bislang in der Regel keinen Zusammenhang zwischen Puder und Eierstockkrebs (etwa hier ).
- Befragten sie dagegen Frauen, die bereits an Eierstockkrebs erkrankt waren, und verglichen die Angaben mit denen von gesunden Probanden, fanden sie Hinweise, dass das Pudern des Genitalbereichs das Eierstockkrebs-Risiko erhöht (etwa hier ).
Weil die Studienlage unklar ist, stuft auch die Internationale Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation Puder auf Talkbasis als möglicherweise krebserregend für den Menschen ein - vorausgesetzt man wendet es auf dem Perineum an. Die Einschätzung der IARC liefert allerdings keine konkrete Risikoeinschätzung für den Verbraucher. Ab welcher Menge sich möglicherweise das Krebsrisiko erhöht, gibt sie beispielsweise nicht an.
Johnson & Johnson verweist auf einen Report des amerikanischen Krebsinstituts aus dem April 2017 . Darin heißt es, dass die Studienlage bisher keinen Zusammenhang zwischen der Anwendung von talkhaltigem Puder im Genitalbereich und Eierstockkrebs nahelegt. In anderen Texten auf ihrer Webseite schreibt die Behörde jedoch auch, die Studienlage sei nicht eindeutig.
Insgesamt geringes Erkrankungsrisiko
Bisher spiegeln das auch die Gerichtsurteile wider. Zwar landen nicht alle Fälle vor Gericht, in denen an Eierstockkrebs erkrankte Frauen dem Konzern Vorwürfe machen. Johnson & Johnson hat aber schon vier von fünf Prozessen vor Geschworenen verloren. Die Jurys sorgten dafür, dass die Firma zuvor bereits 237 Millionen Dollar (etwa 200 Millionen Euro) zahlen musste. Lediglich im März urteilten Geschworene in St. Louis im Bundesstaat Tennessee im Sinne des Unternehmens.
Anders sah es aus, wenn ein Richter die Deutungshoheit hatte: In New Jersey wurden dabei zwei Klagen gegen die Firma zurückgewiesen, wie ein Unternehmenssprecher laut "New York Times" berichtete.
Frauen, die talkhaltiges Puder nutzen und sich Sorgen machen, können auf talkfreie Varianten zurückgreifen. Allerdings ist das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, so oder so gering, erklärt die BBC unter Berufung auf die britische "Ovarian Cancer Charity" , die Frauen mit Eierstockkrebs unterstützt. Demnach erhöht sich das Eierstockkrebs-Risiko durch den Puder nach der aktuellen Studienlage im schlimmsten Fall um ein Drittel. "Eierstockkrebs ist eine seltene Erkrankung, erhöht man dieses kleine Risiko um ein Drittel, ist es immer noch klein."
Zur Einordnung: In Deutschland erkrankten 2012 weniger als zwei von 10.000 Frauen an Eierstockkrebs. Beim Brustkrebs waren es etwa 17 von 10.000.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels stand, dass jährlich neun von 10.000 Frauen an Brustkrebs erkranken. Die Zahl bezog sich allerdings auf Männer und Frauen. Wir haben den Fehler korrigiert.