Deutschland 382 Schwerkranke erhalten Cannabis als Medikament

Fast 700 Patienten in Deutschland haben in den vergangenen Jahren eine Genehmigung für Cannabis als Schmerzmittel beantragt. Nur etwa jede zweite wurde akzeptiert, die meisten in Nordrhein-Westfalen.
Cannabis: "Für einen allgemeinen Einsatz fehlt uns die Datengrundlage"

Cannabis: "Für einen allgemeinen Einsatz fehlt uns die Datengrundlage"

Foto: CHRIS HONDROS/ AFP

Berlin - In Deutschland können derzeit 382 Patienten Cannabis legal als Schmerzmittel einsetzen. An der Spitze liegt Nordrhein-Westfalen mit 93 Patienten. Bayern folgt mit 84 auf dem zweiten Platz, danach kommt Baden-Württemberg mit 62 Cannabis-Patienten. Dies geht aus einer Auflistung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hervor.

Die wenigsten Cannabis-Patienten sind demnach in den neuen Bundesländern zu finden: In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Bremen ist es jeweils ein Patient, in Sachsen sind es vier und in Thüringen und Brandenburg jeweils fünf.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hatte bei der Vorstellung des Jahresberichts 2014 des Uno-Drogenkontrollrates bekräftigt, sich dafür einzusetzen, dass Menschen, die etwa an Multipler Sklerose leiden, Mittel wie Cannabis zur Schmerztherapie erhalten könnten. Zudem sollten diese Mittel künftig auch von der Krankenkasse bezahlt werden. Darin sei sie sich mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) einig. Das Ministerium arbeite derzeit an einer Regelung. Am Mittwoch wollen die Grünen ihren Entwurf zum Cannabiskontrollgesetz vorstellen.

Schmerzmediziner streiten darüber, ob die anstehende Neuregelung möglicherweise auch unkontrollierte Gefahren birgt. "Wir fordern sonst für alle Medikamente strenge Studien und haben strengste Zulassungsregelungen - das alles gibt es für Medizinalhanf überhaupt nicht", sagte Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin vor wenigen Tagen auf einer Tagung. Es gebe wenige Indikationen, für die eine positive Wirkung von Cannabis belegt sei. "Aber für einen allgemeinen Einsatz fehlt uns einfach die Datengrundlage."

Seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Mai 2005 hatten nach Angaben des BfArM insgesamt 698 Patientinnen und Patienten eine Ausnahmegenehmigung beantragt, um Cannabis als Schmerzmittel in einer medizinisch betreuten Selbsttherapie einsetzen zu können. 424 Anträge seien akzeptiert worden, 42 der Patienten sind dem BfArM zufolge aber inzwischen verstorben oder haben ihre Erlaubnis zurückgegeben.

Von den derzeitig gültigen Ausnahmeerlaubnissen wurden 360 für den Erwerb von Cannabis-Blüten und 25 für den Erwerb von Cannabis-Extrakt erteilt. Drei Patientinnen/Patienten wurde der Erwerb beider Cannabis-Produktarten erteilt.

cib/dpa
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