Medizinische Zwecke Deutschland baut bald 7200 Kilogramm Cannabis an

Gewächshaus für medizinisches Cannabis in Israel
Foto: Anna Shemyakova/ DPASeit März 2017 gibt es in Deutschland Cannabis auf Rezept, jetzt kann der Stoff auch im großen Stil angebaut werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat zwei Firmen den Zuschlag gegeben, innerhalb der nächsten vier Jahre insgesamt 7200 Kilogramm Cannabis zu produzieren. Die Erzeugnisse dienen ausschließlich medizinischen Zwecken.
Bis die Produkte Patienten erreichen, wird es allerdings noch dauern. Das BfArM erwartet die erste Ernte gegen Ende des Jahres 2020, heißt es in einer Mitteilung . Momentan sind Apotheken komplett auf Importe aus dem Ausland angewiesen, die Lieferungen stammen unter anderem aus Kanada und den Niederlanden. Der Eigenanbau durch Patienten bleibt weiterhin verboten.
Eigentlich ist vorgesehen, noch größere Cannabis-Mengen in Deutschland anzubauen, die Ausschreibung der Behörde umfasst eine Menge von 10.400 Kilogramm Cannabis. Für 3200 Kilogramm konnte das BfArM jedoch noch keine Zuschläge erteilen, da ein Bewerber gegen den Vergabevorgang geklagt hat.
Klagen verzögern Anbau
"Die heutige Zuschlagserteilung ist ein wichtiger Schritt für die Versorgung schwer kranker Patientinnen und Patienten mit in Deutschland angebautem Cannabis in pharmazeutischer Qualität", sagte BfArM-Präsident Karl Broich. "Gleichwohl bedauern wir, dass nun abermals wirtschaftliche Interessen eines Bieters dazu führen, dass wir nicht schon früher in vollem Umfang zur Verbesserung der Versorgungssituation beitragen können."
Eigentlich war die Ernte unter staatlicher Aufsicht bereits für das Jahr 2019 geplant. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte das erste Vergabeverfahren jedoch gestoppt, nachdem ein Bieter geklagt hatte, weil seiner Auffassung nach eine Frist zu kurz gesetzt war. Bei der aktuellen, zweiten Ausschreibung hatten 79 Firmen Angebote abgegeben.
Seit März 2017 ist ein Gesetz in Kraft, durch das Patienten Cannabisblüten oder Cannabisextrakt auf Rezept erhalten. Seitdem übernehmen Krankenkassen die Kosten bei schwer kranken Menschen, denen nicht anders geholfen werden kann.
2018: Rund 95.000 Rezepte für medizinischen Cannabis eingelöst
2018 lösten Apotheken rund 95.000 Rezepte ein, bei denen Ärzte auf Kosten der Krankenkassen cannabishaltige Zubereitungen oder unverarbeitete Blüten verschrieben hatten. In der Zeit zwischen März 2017 und Ende 2017 hatten Apotheken mit 27.000 Rezepten noch deutlich weniger Abgaben registriert.
Cannabis enthält unter anderem Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Den beiden Inhaltsstoffen werden eine schmerzlindernde, entzündungshemmende, appetitanregende und krampflösende Wirkung zugeschrieben.
Aus diesem Grund kann eine Verschreibung unter anderem bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose, Epilepsie, Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie oder Appetitlosigkeit bei HIV oder einer Aids-Erkrankung sinnvoll sein. Auch Angststörungen, Schlafstörungen, das Tourette-Syndrom oder ADHS zählen zu den möglichen Anwendungsgebieten, schreibt die Techniker Krankenkasse .
Der medizinische Nutzen von Cannabis ist jedoch nicht immer eindeutig belegt, weil entsprechende Studien fehlen. Untersuchungen sollen in Zukunft im Detail klären, wann Cannabis eine gute Alternative zu herkömmlichen Therapien darstellt.
Im Video: Cannabis-Boom in Deutschland