Chronische Krankheit Wenn Dauerhusten den Alltag zerstört

Chronischer Husten: Die Lebensqualität leidet, wenn das Husten fast jedes Gespräch stört
Foto: CorbisAls die Frau zu Peter Kardos in die Praxis kam, hustete sie seit mehr als zehn Jahren. Am schlimmsten war es, wenn sie sich unterhalten wollte. Oder auch nach dem Essen. Sie konnte bald kein Theater mehr besuchen, keinen Kinofilm mehr ansehen, weil ihre Hustensalven die anderen Besucher zu sehr störten.
Im Laufe der Jahre erkrankte sie an einer Depression, vielleicht auch wegen ihres Dauerhustens. "Sie konnte sich nicht mehr normal mit Freunden oder Verwandten unterhalten oder telefonieren", sagt Kardos, Internist, Allergologe und Schlafmediziner in Frankfurt am Main.
Ein vermeintlich harmloses Symptom wie chronischer Husten kann die Lebensqualität der Patienten massiv einschränken, das ergaben wissenschaftliche Studien. Mehr als die Hälfte der Betroffenen leidet an einer Depression - ähnlich wie es Mediziner bei Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz oder Diabetes beobachten. In einer aktuellen Studie, die auf einem Kongress vorgestellt wurde, waren von 10.000 Patienten mit chronischem Husten zwei Drittel Frauen, die meisten der Betroffenen waren zwischen 60 und 69 Jahre alt.
"Müssen damit leben, dass ihnen niemand glaubt"
"Die psychosozialen Folgen des chronischen Hustens werden völlig unterschätzt", so der Atemwegsspezialist Surinder Birring vom King's College Krankenhaus in London, der die Lebensqualität der Patienten seit Jahren erforscht. Die Betroffenen würden sozial isoliert, bekämen Probleme auf der Arbeit, schämten sich für ihre Beschwerden.
Oft lebten sie auch in ständiger Angst, an einer unerkannten, schweren Erkrankung zu leiden. Zudem klagen viele über Schlafstörungen und Müdigkeit, über Brustschmerzen und Inkontinenz, müssten sich infolge der Hustenanfälle übergeben.
"Die Patienten sind in ihrem Alltag sehr eingeschränkt", sagt der Mediziner Kardos. Und sie müssen damit leben, dass ihnen niemand glaubt, dass die Beschwerden tatsächlich auf körperliche Ursachen zurückzuführen sind. Bei etwa 14 Prozent der Betroffenen wird die Ursache des Hustens nie gefunden, ergab eine Studie des Internisten vor Jahren. Auch die Patientin des Internisten, die zehn Jahre lang unter chronischem Husten litt, wurde irgendwann vom Hausarzt zum Psychiater überwiesen.
Oft kommt als Ursache für die Beschwerden eine chronische Bronchitis infrage - typischerweise bei Rauchern, die seit mehr als 20 Jahren Zigaretten konsumieren. Oder Asthma. Oder Tuberkulose. Bei vier bis fünf der Tausenden von ihm untersuchten Patienten hat Kardos einen linsengroßen Tumor in den Bronchien gefunden - erste Anzeichen von Lungenkrebs. "Auch daran sollte man denken", sagt der Mediziner.
Ursache aus dem Magen
Überall in den Atemwegen sitzen Hustenrezeptoren, von der Nasenspitze über das Innenohr bis in den Rachen. Die meisten befinden sich jedoch im Bereich des Kehlkopfs. Irritiert etwas die Rezeptoren, müssen die Patienten husten. Dies gilt besonders für Fremdkörper, die verschluckt wurden. Sie sind gut in der Bronchoskopie - der Spiegelung der Atemwege - zu sehen.
Bei sehr empfindlichen Menschen können aber auch leicht irritierende Reize zum Husten führen, zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen älter als 40 Jahre. Dann ist es möglich, dass schon eine Nebenhöhlenentzündung chronischen Husten auslöst. Oder die Magensäure, wie es bei der seit zehn Jahren hustenden Patientin der Fall war.
Um den Grund ihrer Beschwerden zu finden, maß der Internist über einen Zeitraum von 24 Stunden den pH-Wert in der Speiseröhre der Patientin. Dabei stellte er fest, dass der saure Magensaft regelmäßig die Speiseröhre hinaufstieg und Rachen und Kehlkopf reizte. Die Schleimhaut war entzündet und reagierte überempfindlich, zum Beispiel beim Sprechen.
Erst eine Operation, bei der die Ärzte den Mageneingang verstärkten und den Rückfluss des Magensafts endgültig unterdrückten, linderte die Beschwerden. Vier Monate später ging es der Patientin endlich besser. Heute kann sie wieder ein normales Leben führen.
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