Coronavirus in Südamerika Brasilien überholt Italien und Spanien bei gemeldeten Infektionen

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro: Ein Kritiker von Quarantänevorschriften und Kontaktbeschränkungen
Foto: Eraldo Peres/ APIn Brasilien breitet sich das neuartige Coronavirus rasch aus. Das südamerikanische Land verzeichnet nunmehr die vierthöchste Infektionszahl weltweit und hat damit laut den Zahlen der Johns-Hopkins-Universität mehr Infizierte als Spanien und Italien.
14.919 Neuinfektionen seien binnen 24 Stunden registriert worden, teilte das Gesundheitsministerium am Samstag in Brasilia mit. Insgesamt seien damit 233.142 Fälle bekannt. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der Viruserkrankung ist in Brasilien um 816 auf 15.633 gestiegen.
Weltweit haben nur die USA, Russland und Großbritannien mehr Ansteckungsfälle als Brasilien registriert. Die Zahl ist auch bemerkenswert, da in dem Land mit rund 210 Millionen Einwohnern weniger Tests als beispielsweise in den USA durchgeführt werden - die Dunkelziffer dürfte daher weit höher sein.
Die offiziell gemeldete Zahl der Infizierten bezieht sich ausschließlich auf mit Labortests nachgewiesene Infektionen. Wie viele Menschen sich tatsächlich täglich neu infizieren und bislang infiziert waren, ohne positiv getestet worden zu sein, ist unklar. Antikörperstudien zeigen, dass es eine erhebliche Dunkelziffer an unentdeckten Infektionen gibt.
Die offizielle Zahl der Toten beschreibt, wie viele Menschen mit dem Virus gestorben sind. In wie vielen Fällen die Infektion ursächlich für den Tod war, lässt sich daraus nicht unmittelbar ablesen. Obduktionsstudien zeigen aber, dass bei den meisten Toten die Covid-19-Erkrankung auch die Todesursache war.
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Gerade ist der Gesundheitsminister zurückgetreten
Die Entwicklung dürfte den Druck auf Präsident Jair Bolsonaro weiter erhöhen. Immer wieder protestieren zahlreiche Menschen gegen den Kurs des weit rechts stehenden Politikers im Kampf gegen das Virus. Dessen Gefahr hat Bolsonaro lange geleugnet, er sprach von einer "kleinen Grippe". Die Beschränkungen des öffentlichen Lebens durch die Gouverneure kritisiert der Präsident. Er argumentiert, die Schließung von Geschäften, Restaurants und Schulen sowie Quarantänevorschriften und Kontaktbeschränkungen seien für die Wirtschaft des Landes nicht tragbar.
Im Streit über den Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus hat Bolsonaro erst am Freitag den zweiten Gesundheitsminister innerhalb eines Monats verloren: Nelson Teich trat zurück. Mitte April war sein Vorgänger Luiz Henrique Mandetta wegen Meinungsverschiedenheiten entlassen worden.
Zwischen Nelson Teich und Jair Bolsonaro hatte es vor Teichs Rücktritt Unstimmigkeiten gegeben, vor allem über den Einsatz von Chloroquin in der Covid-19-Behandlung - Bolsonaro setzte Teich in dieser Frage unter Druck. Teich selbst hatte am Freitag keinen Grund für seinen Rücktritt genannt, er sagte: "Das Leben besteht aus Entscheidungen, und ich habe heute beschlossen zu gehen."