Behandlung von Erkrankten Erste Covid-19-Medikamente könnten dieses Jahr zugelassen werden
Der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Karl Broich, hält es für möglich, dass es noch in diesem Jahr eine Zulassung für Covid-19-Medikamente geben könnte. "Ich gehe davon aus, dass wir bis zum Spätsommer die ersten belastbaren Ergebnisse aus den derzeit laufenden Studien bekommen", sagte Broich dem "General-Anzeiger" aus Bonn . "Wenn die Daten es hergeben, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir noch in diesem Jahr eine Zulassung erteilen können."
Noch gebe es aber bei keinem Arzneimittel ausreichende Belege für die Wirksamkeit, betonte Broich. Positive Hinweise etwa bei Remdesivir seien auch mit Fragezeichen versehen. "Aktuell lassen sich zu keinem Arzneimittel Aussagen zu dessen Wirksamkeit bei Covid-19 treffen", heißt es vom BfArM. Zunächst seien die Ergebnisse laufender klinischer Prüfungen abzuwarten.
Mittel mit durchschlagender Wirkung erwarten Experten ohnehin nicht. Sie gehen davon aus, dass im Kampf gegen Corona wahrscheinlich erst eine Impfung wirkliche Abhilfe bringen wird. Mit einem Impfstoff wird aber erst in etwa einem Jahr gerechnet.
Üblicherweise ein Prozess von Jahren
Die Entwicklung eines gänzlich neuen Arzneimittels zur Behandlung spezifischer Infektionen nimmt üblicherweise mehrere Jahre in Anspruch. Vor allem die klinischen Studien an Menschen sind mit hohem Aufwand verbunden. Derzeit konzentrieren sich viele Ansätze daher auf Medikamente, die sich bereits in der Entwicklung für andere Erkrankungen befinden oder sogar schon für andere Bereiche zugelassen sind. Ihr Einsatz könnte schneller erfolgen als bei der Entwicklung eines neuen Wirkstoffs.
Derzeit hat das BfArM drei klinische Prüfungen mit Remdesivir bei Covid-19 genehmigt. "Alle in diese Studien einbezogenen Patienten sind moderat bis schwer erkrankt und werden stationär behandelt", hieß es vom Institut. Zudem habe man Anfang April ein Arzneimittelhärtefallprogramm für das noch nicht zugelassene Mittel für sehr schwer an Covid-19 erkrankte Patienten bestätigt.
Die Substanz Remdesivir, die sich direkt gegen das Virus richtet, wurde ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt. Da sie damals in der klinischen Prüfung keine guten Ergebnisse brachte, wurde die Entwicklung nicht weiterverfolgt. Weil erste Laborergebnisse im Einsatz gegen Coronaviren aber einen positiven Eindruck hinterließen, wird Remdesivir nun unter anderem in Deutschland in klinischen Studien getestet.
Ansätze mit Antikörpern
Zudem seien vier klinische Prüfungen mit Hydroxychloroquin genehmigt worden, so das BfArM. Dabei würden Menschen mit leichter Covid-19-Erkrankung ambulant sowie moderat bis schwer erkrankte Patienten stationär behandelt. Der Wirkstoff ist ein Malariamittel und zielt nicht direkt auf das Virus ab, sondern greift in zelluläre Prozesse ein, die für das Virus existenziell sind. Er hat allerdings erhebliche Nebenwirkungen.
Zudem wurde dem BfArM zufolge eine klinische Prüfung eines sogenannten Angiotensin-Converting-Enzyms 2 (ACE2) an schwer erkrankten Covid-19-Patienten genehmigt. Das Enzym könnte den Erreger Sars-CoV-2 daran hindern, in die Zellen einzudringen.
Als erfolgversprechend werden aktuell von vielen Experten neutralisierende Antikörper gesehen. Menschen bilden Antikörper gegen verschiedenste Krankheitserreger, die in den Körper gelangen - auch gegen das neuartige Coronavirus. Eine klinisch etablierte Methode ist es, Antikörper von genesenen Menschen zu nehmen und Erkrankten zu geben. Bei diesen können die Antikörper dann den jeweiligen Erreger bekämpfen. Es gibt an mehreren Stellen in Deutschland - ebenso wie in anderen Ländern - Ansätze, dieses Potenzial zu nutzen.