Studie Aspirin könnte vor Darmkrebs schützen - aber nicht jeden

Tabletten: Aspirin könnte zur Darmkrebsvorsorge beitragen, aber nicht bei jedem Menschen
Foto: CorbisMehr als 62.000 Menschen in Deutschland erhalten im Jahr die Diagnose Darmkrebs. Wer mindestens 50 Jahre alt ist, hat ein Recht auf regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen, damit Tumoren möglichst früh entdeckt werden, wenn die Heilungschancen noch relativ gut sind.
Noch besser ist, wenn sich der Krebs gar nicht erst entwickelt. Neben vererbten Faktoren beeinflusst der Lebensstil das Risiko, an dieser Krebsform zu erkranken. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts erkranken Raucher häufiger. Wer sich ballaststoffreich ernährt und viel bewegt, läuft weniger Gefahr, Darmkrebs zu entwickeln.
Aus der Forschung gibt es Hinweise, dass noch etwas das Darmkrebsrisiko senken kann: die regelmäßige Einnahme von Schmerztabletten mit Acetylsalicylsäure, die vor allem unter dem Markennamen Aspirin bekannt sind. Wer immer wieder Aspirin schluckt, kann jedoch auch unter Nebenwirkungen leiden und beispielsweise ein Magengeschwür entwickeln. Die mögliche Schutzmaßnahme sollte also gut belegt sein.
Schutz nur unter bestimmten Voraussetzungen
Experimente mit Mäusen legen nahe, dass von diesem Schutzeffekt nicht jeder profitiert, sondern nur jene, bei denen ein bestimmtes Enzym (15-PGDH; 15-Hydroxyprostaglandin Dehydrogenase) in größerer Menge in Darmzellen vorhanden ist. 15-PGDH und Aspirin, so die Hypothese, müssen zusammenspielen, um die Krebsentwicklung erfolgreich zu hemmen.
US-Wissenschaftler haben jetzt überprüft, ob dies auch beim Menschen der Fall ist. Wie sie im Fachblatt "Science Translational Medicine" berichten, scheint Aspirin tatsächlich nur das Darmkrebsrisiko zu senken, wenn überdurchschnittlich viel 15-PGDH im Darm vorhanden ist.
Die Forscher bezogen ihre Daten aus zwei großen US-Langzeitstudien, an denen viele Tausende Krankenschwestern sowie Männer aus Gesundheitsberufen seit Jahrzehnten teilnehmen. So konnten die Forscher auf Informationen von knapp 128.000 Probanden zugreifen. Alter, Gewicht, Ernährungsgewohnheiten, Krankheiten, eingenommene Medikamente, darunter auch Aspirin, - das alles und mehr wird in den Studien zweijährlich abgefragt. Als regelmäßiger Aspirin-Konsument galt, wer mindestens zweimal wöchentlich eine Tablette mit 325 Milligramm Wirkstoff schluckte.
Bei insgesamt 270 an Darmkrebs erkrankten Teilnehmern konnten die Wissenschaftler anhand von Proben die Konzentration von 15-PGDH im gesunden Darmgewebe ermitteln.
"Eine ganz klare Ja-Nein-Antwort"
"Die Probanden, die hohe 15-PGDH-Level hatten und Aspirin nahmen, senkten ihr Darmkrebsrisiko um die Hälfte", sagt Sanford Markowitz von der Case Western Reserve School of Medicine, Cleveland Ohio, einer der Studienautoren. "Die Probanden mit niedrigem 15-PGDH-Wert profitierten nicht von der Aspirin-Einnahme." Es sei eine ganz klare Ja-Nein-Antwort darauf, wem Aspirin als Darmkrebsvorsorge nutze.
Die Berechnungen der Forscher sind komplex, die analysierten Darmkrebsfälle relativ wenige. Gerta Rücker vom Institut für Medizinische Biometrie und Statistik an der Uniklinik Freiburg, die nicht an der Studie beteiligt war, sieht jedoch die Hypothese der Forscher durch die Daten bestätigt. "Wie in allen Beobachtungsstudien bleibt natürlich das Problem, dass möglicherweise andere Faktoren, die man nicht berücksichtigt hat, das Ergebnis erklären können", schränkt sie lediglich ein.
Das US-Team will nun einen Test entwickeln, mit dem sich die 15-PGDH-Werte im Darm möglichst einfach ermitteln lassen. Zudem plant es eine weitere Studie, um das Ergebnis zu untermauern.
Bestätigt sich die Schlussfolgerung, wäre sie sehr hilfreich. Für Menschen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko und hohen 15-PGDH-Werten könnte Aspirin eine relativ einfache - und kostengünstige - weitere Vorbeugungsmaßnahme sein. Und die, denen das Medikament wegen eines niedrigen 15-PGDH-Spiegels nichts nutzen würde, könnten gleich auf die für sie unnötige Maßnahme verzichten.