Doppelter Mukoviszidose-Tod Eine quälend echte Tragödie
Pro minere ist Latein, man übersetzt es mit "herausragen". Das macht Prominenz zu einer Eigenschaft, die durch keinerlei Verdienst, Fähigkeit oder Tat begründet sein muss. Es reicht, Aufmerksamkeit zu erregen, wahrgenommen zu werden, das macht "prominent". Manchmal reicht es, auf besonders tragische, anrührende Weise zu sterben.
So wie Katie und Dalton Prager. Das junge Paar, beide wurden nur 25 Jahre alt, starb im Abstand weniger Tage. So etwas ist fürchterlich, aber es passiert, jeden Tag: durch Unfälle, Verbrechen oder einfach nur zufällig. Was das Leben und Sterben dieses jungen Paares zu einer weltweit beachteten Tragödie macht, ist ihre Todesursache.
Die war seit mehreren Jahren absehbar, denn Katie und Dalton litten an lebensbedrohlichen Krankheiten. Bekannt wurden die zwei, als CNN im Jahr 2015 über ihren Fall berichtete: Im Alter von 18 Jahren kamen die Jugendlichen über das Internet in Kontakt, als sie beide an Mukoviszidose leidend in Krankenhäusern lagen.
Die auch als zystische Fibrose bekannte Krankheit ist genetisch bedingt und schränkt die Lebenserwartung erheblich ein. Dass Mukoviszidose-Patienten heute mit ihrer Krankheit etwas mehr als 40 Jahre alt werden können, ist schon ein erheblicher Fortschritt. Eine Heilung ist bisher nicht möglich - vielleicht auch, weil der Druck der massenhaften Betroffenheit fehlt: Derzeit gibt es in Deutschland rund 8000 Patienten. Jährlich kommen 200 neue Fälle hinzu, die man vielleicht präziser Schicksale nennen sollte.
Das ist gerade noch selten, zugleich aber ein erhebliches Leiden für durchaus zahlreiche Betroffene, die sich alle darüber bewusst sind, irgendwann Opfer dieser Krankheit zu werden. Schon das ist ein Albtraum.
Mukoviszidose: Erbkrankheit ohne Heilungschance
Mukoviszidose ist aber auch ein Krankheitsbild, das zahlreiche Organe betrifft und den Körper als Ganzes schwächt und anfällig macht. Zum Beispiel für bakterielle Infektionen wie Burkholderia cepacia, die Mukoviszidose erheblich und tödlich beschleunigen.
Als sich Katie und Dalton verliebten, litten beide an Mukoviszidose, aber nur er an Burkholderia. Katies Ärzte versuchten deshalb, ein persönliches Treffen der beiden zu verhindern. Sie ließen sich nicht abhalten und brachen damit das von Mukoviszidose-Patienten zwingend eingeforderte Regiment eiserner Vernunft. Als sie sich das erste Mal gegenüberstanden, 18 Jahre jung, fiel sie ihm um den Hals, erzählte sie später, und küsste ihn auf den Mund. Sie infizierte sich sofort.
Zwei Jahre später heirateten die zwei, wählten einen gemeinsamen Lebens- und Leidensweg. Auf ihren Fotos aus dieser Zeit sehen sie schmerzhaft jung und glücklich aus, es sind fast noch Kindergesichter. Tolle Jahre, schrieb Katie noch nach dem Tod ihres jungen Mannes, der nur fünf Tage vor ihr sterben sollte.
2014 hatten bei beiden die Lungen versagt, im Krankenhaus warteten und kämpften sie gemeinsam um Transplantate, als CNN ihren Fall 2015 öffentlich machte. Sie überlebten die Transplantation ihrer Spenderorgane rund ein Jahr, starben am Ende getrennt auf unterschiedlichen Intensivstationen.
Nicht ablenken lassen: Was ist hier die Geschichte?
Die Geschichte von Katie und Dalton Prager ist eine fast epische Tragödie. Besser fünf glückliche Jahre als 20 einsame, schrieb Katie kurz vor ihrem Tod. Medien weltweit verglichen ihr gemeinsames Leben und Leiden mit der bittersüßen Liebesgeschichte aus dem verfilmten Buch "Das Schicksal ist ein mieser Verräter". Einige Boulevardmedien verkauften sie sogar als "Inspiration" für das Buch oder "das echte Pärchen aus" der Filmgeschichte.
Aber das ist natürlich eine Lüge und ein Vergleich, den die beiden nicht verdient haben. John Green, der Autor des verfilmten Buches, hat schon vor Jahren klargemacht, was ihn zu seiner Geschichte inspirierte: seine Arbeit als Praktikant in einem Hospiz. Da sieht man so etwas.
Katie und Dalton Prager waren schwer kranke Teenager und junge Erwachsene, die sich ineinander verliebten, weil ihr geteiltes Schicksal sie zusammenführte - so, wie das nun einmal passiert, immer wieder. Ihre Prominenz, ihr Herausragen haben sie sich verdient, weil sie auch aneinander starben. Das vertieft ihre Tragödie, die aber keine rührseligen Literatur- oder Filmvergleiche braucht. Sie hat ihren Grund einzig und allein darin, dass man ihnen nicht helfen konnte: Vergleichsweise seltene Krankheiten haben es schwer, in den Laboren mit den Leiden der Massen zu konkurrieren. Das ist die eigentliche Tragödie.
Hilfsorganisationen für Mukoviszidose-Kranke
Christiane Herzog Stiftung : Fördert Forschung, Therapie- und Betreuungsangebote
Mukoviszidose e.V. : Betroffenen- und Selbsthilfeverband