DrEd.com Stiftung Warentest nimmt Online-Ärzte in die Mangel

Online-Portal DrEd.com (Screenshot): Behandlung in der virtuellen Praxis
Wer bei DrEd vorbeischaut, muss sich nicht in ein überfülltes Wartezimmer setzen. Er muss sich auch nicht an einen bestimmten Termin halten. Rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche findet der Patient Rat. Gemütlich vom heimischen Computer aus kann er seine Fragen loswerden, sich Rezepte ausstellen oder einfach nur beraten lassen. Von Hämorrhoiden bis hin zu Erektionsstörung oder Haarausfall - peinlich muss dem Patienten nichts sein, er bleibt ja anonym.
Als das deutschsprachige Angebot der virtuellen Arztpraxis DrEd.com im letzten Jahr seine Dienste startete, sorgte es hierzulande rasch für erhebliche Aufregung. Der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, ein Verband niedergelassener Ärzte, warnte: "Eine Diagnose aus einer Online-Befragung ist keine Diagnose, sondern eine Vermutung."
Nicht jeder nahm die Warnung ernst, inzwischen nutzen nach eigenen Angaben rund mehrere tausend deutsche Patienten die Online-Arztpraxis mit Sitz in London. Die meisten von ihnen würden sich anderweitig genieren, einen Arzt aufzusuchen.
Doch obgleich das Portal die Hemmschwelle mancher Patienten senkt, überhaupt zum Arzt zu gehen, sieht die Stiftung Warentest für die Nutzer ein hohes Risiko. Nach einem aktuellen Test des Portals kommt die Stiftung zu einem eindeutigen Fazit: "Reale Patienten gehören nicht in eine virtuelle Arztpraxis", heißt es auf der Webseite.
Keine gründliche Abklärung der Symptome
Wer sich an DrEd wende, gehe ein hohes Risiko einer Falschbehandlung ein, schreiben die Tester. Diese hatten mit zwei Krankheiten, an denen sie vermeintlich litten, eine Online-Sprechstunde bei DrEd besucht. Eine Testerin wählte die Sprechstunde zum Thema Blasenentzündung und klickte mehrere Symptome an, die nur teilweise zum Krankheitsbild passen. Die typischen Symptome wie "Schmerzen, Brennen oder Stechen beim Wasserlassen" ließ die Testerin aus. Dagegen setzte sie ein Häkchen bei "Blut im Urin".
Einen Urintest forderten die Ärzte, die hinter DrEd stecken, nicht an. Trotzdem erhielt die Test-Patientin nach nur wenigen Minuten ein Rezept für ein Antibiotikum. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) kann das Auftreten von Blut im Urin aber auch etwa auf Harnblasensteine oder gar bösartige Tumore hindeuten.
In einem zweiten Fall ließen die Tester sich zu einer vermeintlichen Chlamydien-Infektion beraten. Dabei, so die Stiftung Warentest, habe sich der Online-Arzt auf die erfundene Aussage der Testperson verlassen, sie habe einen Selbsttest mit positivem Ergebnis durchgeführt. Daraufhin habe er ihr ebenfalls ein Rezept für ein Antibiotikum ausgestellt.
Ein weiteres Manko, das die Tester feststellten: In beiden Fällen ließen die Rezepte, die nach Hause geschickt wurden, mehrere Tage auf sich warten. Zwar seien die ausgewählten Medikamente und die Hinweise dazu in der virtuellen Patientenakte fachlich in Ordnung, schreiben die Experten von Stiftung Warentest, doch der Eingang der Rezepte sei "sehr spät für die brennenden Rezepte".
Kostenlos ist das Angebot überdies nicht. Zwar wirbt das Portal unter anderem damit, dass die Praxisgebühr nicht zu entrichten sei. Doch Nutzer müssen zwischen 9 und 29 Euro pro Behandlung berappen und verordnete Medikamente zahlen. Auf der Webseite von DrEd heißt es hierzu: "Die Erstattung dieser Gebühr durch Krankenkassen ist grundsätzlich möglich, aber im Einzelfall zuvor mit der Krankenkasse abzustimmen."