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Rauchen: E-Zigarette wirkt wie Nikotinpflaster

Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Rauchen E-Zigarette hilft wie Nikotinpflaster beim Aufhören

Elektronische Zigaretten könnten Rauchern beim Aufhören helfen, zeigt eine britische Studie. Doch immer noch ist viel zu wenig über die Folgen des Dampfinhalierens bekannt.

Hamburg - Nur weil E-Zigaretten keinen Rauch verbreiten, sind sie nicht weniger umstritten als die glimmenden Originale. Krebsforscher warnen, die Risiken der seit 2006 verfügbaren Nikotinverdampfer seien unzureichend erforscht. Das grüne Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen warnte gar vor den Diodenstängeln, bis Münsteraner Richter dies untersagten.

Die EU-Kommission plant, E-Zigaretten wie Nikotinpflaster und -kaugummis zu behandeln. Ab einem bestimmten Nikotingehalt bräuchten sie dann eine Zulassung als Arzneimittel. Noch allerdings kann man die Verdampfer ohne Einschränkung kaufen.

Neuseeländische Wissenschaftler um den Mediziner Christopher Bullen wollten wissen, ob aufhörwillige Raucher davon profitieren, wenn sie mit Hilfe der E-Zigaretten das Laster aufgeben. Denn genau das versuchen viele Menschen bereits heute. Die Forscher stellen jetzt im Fachmagazin "The Lancet" (PDF hier ) ihren Vergleich von E-Zigaretten mit Nikotinpflastern vor.

Weniger als jeder Zehnte hält durch

Das Ergebnis macht vor allem deutlich, wie schwer es fallen kann, das Rauchen aufzugeben: Nach sechs Monaten waren von den erwachsenen E-Zigaretten-Nutzern noch 7,3 Prozent abstinent, bei den Nikotinpflaster-Klebern gerade einmal 5,8 Prozent. Von einer Kontrollgruppe aus Placebo-Paffern, deren E-Zigaretten gar kein Nikotin enthielten, ergab die Messung des ausgeatmeten Kohlenmonoxids bei 4,1 Prozent, dass sie nicht mehr zur Zigarette gegriffen hatten. Weil aber insgesamt deutlich weniger Studienteilnehmer durchhielten, als die Autoren erwartet hatten, sind die Ergebnisse statistisch nicht signifikant; die Studie kann also nicht belegen, dass eine Methode der anderen überlegen wäre. Vor allem haben die Forscher herausgefunden, dass die kurzfristige Anwendung der E-Zigarette keine schweren Gesundheitsrisiken mit sich bringt.

Die Wissenschaftler hatten 657 Studienteilnehmer zufällig in eine der drei Gruppen eingeteilt und anschließend zwölf Wochen begleitet. Die Probanden mussten zuvor zehn Jahre lang mindestens zehn Zigaretten täglich geraucht haben und mit dem Rauchen aufhören wollen. Für den Studienzeitraum nutzten die E-Zigaretten-Teilnehmer 16-Milligramm-Nikotinkartuschen. Eine Analyse zeigte, dass sie bei 300 Zügen so viel Nikotin inhalierten wie bei bis zu fünf gerauchten Zigaretten. Die Pflastergruppe nutzte täglich zu wechselnde Nikotinpflaster mit 21 Milligramm Nikotin. Zusätzlich gab es einen unterstützenden Telefonservice.

Die Studienautoren von der University of Auckland bemängeln, dass weltweit Daten fehlen, um die Methoden sinnvoll vergleichen zu können. Eine systematische Suche zum Thema führte die Neuseeländer zu einer einzigen auf den ersten Blick tauglich erscheinenden Studie - deren Ergebnisse bei näherer Überprüfung kaum verwertbar sind. Allerdings hat auch die neuseeländische Studie Mängel, unter anderem die kleine Zahl an Teilnehmern und die überschätzte Durchhaltequote.

Besonders interessant finden die Studienautoren das Drittel der E-Zigaretten-Nutzer, das die Geräte auch nach sechs Monaten noch nutzte. Selbst jene, die nicht ganz von Zigaretten ließen, rauchten weniger. Diese Gruppe gelte es, besser zu untersuchen, so die Forscher, von denen einige in der Vergangenheit für Hersteller von E-Zigaretten oder anderen Rauchersatzprodukten tätig waren.

Verdampft wird viel, über den Inhalt weiß man wenig

Zwar nutzen Millionen Menschen die batteriebetrieben Geräte, die alle möglichen Flüssigkeiten verdampfen können, ob nikotinhaltig oder nicht. Doch was im Einzelnen inhaliert wird, darüber fehlt größtenteils die Kontrolle. In der Studie kam ans Licht, dass die von den E-Zigaretten der ersten Generation verdampfte und inhalierte Nikotinmenge von der Herstellerangabe auf den Kartuschen abwich und schwankte.

Wegen der fehlenden Kontrolle von E-Zigaretten warnt zum Beispiel das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), beim Inhalieren könnten die Atemwege gereizt und allergische Reaktionen ausgelöst werden (PDF hier ). Die Aerosole enthielten teilweise Formaldehyd, Nickel, Chrom oder Blei und andere gesundheitsschädliche Substanzen. Selbst ein Kernargument der Befürworter, die fehlende Belastung Dritter, lässt das DKFZ nicht gelten: die Flüssigkeitspartikel würden beim Verdampfen in die Raumluft abgegeben - und könnten wie Zigarettenrauch Nichtdampfern schaden. Die Krebsforscher fordern, E-Zigaretten wie herkömmliche Zigaretten zu behandeln.

In einem begleitenden Kommentar im "Lancet"  wirft der Rauchstopp-Experte Peter Hajek von der Londoner Queen Mary University die Frage auf, ob die E-Zigarette nicht dauerhaft ein Ersatz für gerauchten Tabak sein könnte. Sollte sich zeigen, dass die Verkaufszahlen herkömmlicher Tabakwaren zurückgingen und die Absatzzahlen von E-Zigaretten weiter steigen, dann könne das auch positiv für die Gesundheit der Menschen sein. Aus diesem Grund sei der EU-Plan, E-Zigaretten wie Medikamente zu behandeln, normale Zigaretten aber weiter frei verkäuflich zu belassen, kontraproduktiv. Das löst allerdings das Problem nicht, dass insgesamt zu wenig über die Folgen des Dampfinhalierens bekannt ist.

Die Schwierigkeiten, vor allem jugendliche Raucher von der Zigarette abzubringen, hatte in dieser Woche eine Studie von Wissenschaftlern der britischen University of Stirling gezeigt. Im Fachmagazin "Tobacco Control" berichteten sie , dass die auch in der Europäischen Union geplanten Schockbilder auf Zigarettenschachteln nicht dazu führen, dass elf- bis 16-Jährige weniger rauchen, wenn die Fotos nur auf die Packungsrückseite gedruckt werden. Lesen Sie mehr über die Studiendetails in dieser Fotostrecke.

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