
Isolierstation Freetown: Schnelle Hilfe im Kampf gegen Ebola
Ebola-Epidemie Regierung verweigert Gelder für Kinderklinik in Sierra Leone
Das Ola During Childrens Hospital liegt mitten in Freetown. In der Hauptstadt Sierra Leones herrscht Angst vor Ebola. Deswegen ist das Kinderkrankenhaus verwaist. Leere Flure, verschlossene Türen dort, wo jetzt während der Regenzeit eigentlich rund 250 junge Patienten wären. "Die Situation ist wirklich sehr traurig", sagt Werner Strahl.
Der Vorsitzende der Hilfsorganisation Cap Anamur sitzt in seinem Kölner Büro und schaut sich Videoaufnahmen der geschlossenen Klinik an. Seit fünf Jahren engagiert sich Cap Anamur in Sierra Leone. Die Organisation baute das heruntergekommene Kinderkrankenhaus in dem einstigen Bürgerkriegsland wieder auf und betreibt es seither.

Ebola in Sierra Leone: Land unter Quarantäne
Bis Mitte August. Da bestätigte sich erstmals in der Klinik ein Ebola-Verdachtsfall. "Es ging um einen kleinen Jungen, der wenig später leider verstarb", erzählt Strahl, der zu diesem Zeitpunkt selbst in Freetown war. Der Fall löste Panik im Krankenhaus aus, das Personal lief weg, verweigerte die Arbeit. Seither ist das Ola During Childrens Hospital geschlossen - so wie fast alle medizinischen Einrichtungen in Sierra Leone auch.
"Aber", sagt Strahl in der Cap-Anamur-Zentrale voller Zuversicht, "jetzt können wir wieder anfangen, weil wir eine Auffangstation haben, wo wir die Kinder screenen können". Es geht um einen Bereich, in dem unter höchsten Schutzmaßnahmen alle Patienten einer Eingangskontrolle unterzogen werden. Gibt es einen Verdacht auf Ebola oder zeigen die Betroffenen Symptome des Ebolafiebers, werden sie isoliert und in der Station untergebracht.
Vor drei Wochen haben Bauarbeiter und Mitarbeiter von Cap Anamur damit begonnen, die Isolierstation zu errichten, direkt auf einem Grundstück neben dem Kinderkrankenhaus. Als die Hilfsorganisation hörte, dass die Bundesregierung Gelder für eine Ebola-Soforthilfe bereitstellte, nahm sie Kontakt zu zuständigen Abteilung im Auswärtigen Amt auf und stellte einen Antrag auf Förderung des Projekts in Freetown. Es ging um 200.000 Euro.
Vergangenen Freitag erhielt die Organisation, die zuvor nach eigenen Angaben noch nie öffentliche Hilfsgelder beantragt hatte, sondern ihre Projekte bisher über Spenden finanziert, eine Antwort aus Berlin. In einer E-Mail, die SPIEGEL TV vorliegt, lehnt das zuständige Referat für Humanitäre Hilfe die Förderung der Isolationsstation für das Kinderkrankenhaus ab.
Die Begründung: "Das Zuwendungsrecht erlaubt die Förderung bereits begonnener Projekte nicht", heißt es. Da die Bautätigkeiten der Station schon vor einiger Zeit "ohne vorherige Inaussichtstellung und Genehmigung eines frühzeitigen Projektbeginns" durch das Referat in Angriff genommen worden seien, "schließt dies eine Förderung durch das Referat aus".
Mittlerweile sind fast 3000 Menschen in Westafrika an den Folgen einer Ebola-Infektion gestorben. Damit habe fast die Hälfte der seit Jahresbeginn etwa 6500 Infizierten das Ebolafieber nicht überlebt, teilte die Weltgesundheitsorganisation WHO am Samstag mit.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellte unterdessen zusätzliche 130 Millionen Dollar für den Kampf gegen die Krankheit bereit. Kaum ein Tag vergeht ohne Appelle für ein intensiveres Vorgehen gegen Ebola. Die Uno, US-Präsident Obama, internationale Hilfsorganisationen sowieso - sie alle fordern endlich schnelleres Handeln.
Vor der Uno-Vollversammlung in New York kündigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) jüngst an, Deutschland werde seinen Beitrag im Kampf gegen die Epidemie in Westafrika leisten. "Über die unmittelbare Solidarität hinaus brauchen wir vor allem auch langen Atem", sagte er und forderte zugleich, dass die Gesundheitssysteme der betroffenen westafrikanischen Länder langfristig gestärkt werden müssten.
Doch mit ihrer Absage zur Förderung des Projekts von Cap Anamur bestraft die Bundesregierung, die seit Wochen wegen ihres zögerlichen Verhaltens in der Ebola-Krise in der Kritik ist, die Hilfsorganisation geradezu für ihr schnelles Engagement vor Ort. "Das ist für uns eine völlig absurde Situation", sagt Cap-Anamur-Chef Strahl. Man habe mit dem Beginn des Baus der Isolationsstation nicht erst auf die Bewilligung von Fördergeldern warten wollen. Ziel sei es gewesen, das Kinderkrankenhaus so schnell wie möglich wieder in Betrieb nehmen zu können.
Die Nachfrage von Cap Anamur zu näheren Hintergründen der Absage blieb bisher unbeantwortet. Auch auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE äußerte sich das Auswärtige Amt bisher nicht.
Inzwischen ist die Station in Freetown so gut wie fertig. "Die Förderung wäre eine ungeheure Hilfe für uns gewesen", sagt Strahl. "Jetzt haben wir es eben allein gestemmt."
Mehr über das Cap-Anamur-Krankenhaus in Sierra Leone und den verzweifelten Kampf von Ärzte ohne Grenzen gegen Ebola bei SPIEGEL TV Magazin, Sonntag 28. September, RTL, 23 Uhr.