Rund 100 Todesfälle WHO muss Kampf gegen Ebola unterbrechen

Ein brutaler Rebellenangriff gefährdet den Kampf gegen den Ebola-Ausbruch im Kongo. Helfer der Weltgesundheitsorganisation mussten ihre Arbeit unterbrechen - sie können dem Virus aktuell kaum etwas entgegensetzen.
Mitarbeiter des Gesundheitsamtes mit einem Jungen, der sich mutmaßlich mit Ebola infiziert hat

Mitarbeiter des Gesundheitsamtes mit einem Jungen, der sich mutmaßlich mit Ebola infiziert hat

Foto: Al-Hadji Kudra Maliro/ dpa

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor einer Ausbreitung des Ebola-Virus im Kongo und in Nachbarländern. Rebellenangriffe und tiefes Misstrauen gegen die Regierung gefährdeten den Kampf gegen die Epidemie. Die WHO und ihre Partner hätten ihre Arbeit in der von dem Ausbruch betroffenen Provinz Nordkivu unterbrechen müssen, sagte der WHO-Nothilfekoordinator Peter Salama am Dienstag. Er sei extrem besorgt.

In der Stadt Beni und Umgebung seien nach Rebellenangriffen mit mehr als 20 Toten Trauer- und Protesttage ausgerufen worden. Dies mache Einsätze der Teams zu gefährlich. Infolgedessen könne sich die Situation vor Ort rapide verschlechtern und die Krankheit ausbreiten, warnt die WHO. Um den Ausbruch unter Kontrolle zu bekommen, müssten Erkrankte sofort isoliert werden. Für Kontaktpersonen stehen Impfstoffe bereit. Beide Maßnahmen können aktuell nicht stattfinden.

Rund um Beni sind zahlreiche Milizen aktiv, die unter anderem um Bodenschätze kämpfen. Der Einfluss der Regierung aus der fernen Hauptstadt Kinshasa ist begrenzt. Einzelne Politiker nutzen das Misstrauen der Bevölkerung offenbar aus, um die Regierung für die Ausbreitung des Ebolavirus verantwortlich zu machen. Weil die WHO und ihre Partner eng mit dem Gesundheitsministerium zusammenarbeiteten, würden oft auch Mitarbeiter der Hilfsorganisationen angefeindet, sagte Salama.

Zahl der Opfer steigt auf 100

Laut Aussagen der WHO konnten Helfer am Montag drei Verdachtsfälle nicht aufsuchen und untersuchen. Nur 20 Prozent der Kontakte von bestätigten Fällen hätten zur Überwachung besucht werden können. Seit Bekanntwerden des Ausbruchs Anfang August sind nach Angaben der Regierung 100 Menschen an Ebola gestorben. Bei 119 von 150 Verdachtsfällen wurde der Erreger bestätigt.

Ein Helfer vom Roten Kreuz wird nach einem Einsatz in einem Ebola-Behandlungszentrum von einem Kollegen mit Desinfektionsmittel eingesprüht.

Ein Helfer vom Roten Kreuz wird nach einem Einsatz in einem Ebola-Behandlungszentrum von einem Kollegen mit Desinfektionsmittel eingesprüht.

Foto: Al-Hadji Kudra Maliro/ dpa

Anfang September hatte sich die WHO noch optimistisch gezeigt und gemeldet, dass der Ebola-Ausbruch langsam zurückgehe. Am Samstagabend waren jedoch mehrere Angreifer nach Einbruch der Dunkelheit durch ein Viertel der Großstadt Beni gezogen und hatten Bewohner mit Macheten attackiert. Unter den Opfern sollen viele Zivilisten sein, auch Frauen und Kinder. In Beni sind viele ausländische Entwicklungshelfer untergebracht, die den Ebola-Ausbruch eindämmen sollen.

Armee und Augenzeugen machen die Rebellengruppe Alliierte Demokratische Kräfte (ADF) für den Angriff verantwortlich. Die muslimischen Rebellen wurden in den Neunzigerjahren aus Uganda vertrieben. Seitdem sind sie hauptsächlich in der ostkongolesischen Provinz Nordkivu aktiv, die jetzt vom Ebola-Ausbruch betroffen ist. Sie gehen oft mit großer Brutalität vor.

Neuer Fall in der Nähe der Grenze zu Uganda

Medizinisches Personal verzichte vorübergehend auf Feldarbeit wie Hausbesuche, erklärte der kongolesische Gesundheitsminister Oly Ilunga Kalenga nach dem Angriff. Die Behandlungszentren in Benin blieben jedoch nach wie vor geöffnet. "Wir teilen die Sorgen", sagte er. "Aber lasst nicht zu, dass uns dieser tragische Vorfall spaltet. Die einzige Möglichkeit, die Epidemie zu beenden, ist die Mobilisierung der Bevölkerung und ihr Einsatz an der Seite der Gesundheitsbehörden."

Kasereka Mulanda spricht mit seiner Frau, die sich aufgrund einer Infektion mit dem Ebolavirus in einer Isolationszelle befindet.

Kasereka Mulanda spricht mit seiner Frau, die sich aufgrund einer Infektion mit dem Ebolavirus in einer Isolationszelle befindet.

Foto: Al-Hadji Kudra Maliro/ dpa

Schon vor dem Angriff war bekannt geworden, dass sich das Ebolavirus weiter ausbreitet: Am Samstag war eine Frau in der Nähe der stark bereisten Grenze zu Uganda gestorben, Tests bestätigten die Infektion. Die 32-Jährige hatte zuvor am Begräbnis eines anderen Ebola-Opfers in Benim teilgenommen, eine Impfung aber abgelehnt. Dann war sie aus der Stadt verschwunden.

Ebola kann über Körperflüssigkeiten von Mensch zu Mensch weitergetragen werden, auch Tote sind noch hoch ansteckend. Erkrankte bekommen hohes Fieber. Sie erbrechen sich und haben extremen Durchfall, sodass sie gefährlich viel Flüssigkeit verlieren. Auch lebensbedrohliche innere Blutungen können auftreten. Für ein erfolgreiches Eindämmen der Krankheit ist es notwendig, alle Menschen aufzuspüren, die Kontakt mit Erkrankten hatten, sie zu beobachten und bei Anzeichen der Krankheit zu isolieren.

Im Video: An der Front in Westafrika - Unser Kampf gegen Ebola (15.12.2014)

dbate.de
irb/AP/AFP/dpa/Reuters
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