Vorstoß des Gesundheitsministers Spahn will Fettabsaugen zur Kassenleistung machen

Viele Frauen leiden an einer krankhaften Fettverteilungsstörung, ihnen könnte das Absaugen von Körperfett helfen. Bisher lehnen Krankenkassen es ab, dies zu bezahlen. Der Gesundheitsminister will das nun ändern.
Operation (Symbolbild)

Operation (Symbolbild)

Foto: DPA

Die gesetzlichen Krankenkassen sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) künftig das Absaugen von Körperfett bezahlen. "Bis zu drei Millionen Frauen mit krankhaften Fettverteilungsstörungen leiden täglich darunter, dass die Krankenkassen ihre Therapie nach einem Gerichtsurteil nicht bezahlen", sagte Spahn der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Ihnen wollen wir schnell und unbürokratisch helfen."

Die beschriebene Fettverteilungsstörung, auch Lipoödem genannt, betrifft fast ausschließlich Frauen. Typisch dafür sind voluminöse Arme und Beine bei vergleichsweise schlanker Körpermitte, sowie schlanken Händen und Füßen. Die verdickten Körperteile spannen und schmerzen, schon bei kleinstem Druck bilden sich blaue Flecke. Das Lipoödem wird häufig mit Übergewicht verwechselt, doch im Unterschied dazu helfen Diäten und Sport nicht dabei, das überschüssige Fettgewebe zu verlieren. Lymphdrainagen, Kompressionsstrümpfe und schonende Bewegung können lindernd wirken, eine langfristige Besserung bringt nach Meinung vieler Ärzte nur eine Fettabsaugung.

Die Kassen weigern sich jedoch, diese "Liposuktion zur Behandlung des Lipödems" zu bezahlen, weil "der Nutzen noch nicht hinreichend belegt" sei. Mit einem Ergänzungsantrag zum derzeit im Bundestag beratenen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TVSG) will Spahn sein Ministerium grundsätzlich ermächtigen, allein und ohne Zustimmung des Bundesrates darüber zu entscheiden, welche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden die Kassen bezahlen müssen. Bisher entscheidet die Selbstverwaltung der Ärzte, Krankenhäuser und Kassen darüber.

Gesundheitsminister Jens Spahn

Gesundheitsminister Jens Spahn

Foto: ALEXANDER BECHER/EPA-EFE/REX

In dem der "FAZ" vorliegenden Antrag heißt es, das Gesundheitsministerium könne Methoden in die Versorgung aufnehmen, für die die Selbstverwaltung keine Regelung getroffen habe, oder für die sie "die Anerkennung eines diagnostischen oder therapeutischen Nutzens bisher abgelehnt hat". Auch wenn es für neue Methoden kaum wissenschaftliche Belege gebe, komme eine Erstattung in Betracht, wenn es keine zumutbare Alternativbehandlung gebe.

Umtriebiger Gesundheitsminister

Der neue Vorstoß von Jens Spahn passt ins Bild: Seit neun Monaten ist er als Minister im Amt - und in dieser Zeit hat er vor allem eines geschafft: dass über Gesundheitsthemen so viel gesprochen wird wie seit Jahren nicht. Spahn hat:

Allerdings steht der Realitätstest für viele Vorhaben noch aus. Das nächste Jahr dürfte für Spahn schwierig werden. So zweifeln Experten daran, dass es tatsächlich gelingen wird, ab 2019 für die 13.000 zusätzlichen Altenpflegestellen genügend Bewerber zu finden. Die Krankenhäuser weisen darauf hin, dass die von Spahn geplanten Personaluntergrenzen im Zweifel bedeuten, dass Kliniken Patienten abweisen oder ganze Abteilungen schließen müssen. Und die träge Zusammenarbeit von Kassen, Ärzten und überforderten Industrieunternehmen hat bislang noch jeden Versuch ruiniert, das Gesundheitswesen schneller in die digitale Zukunft zu bringen.

oka
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