Krebs im Kindesalter Spätfolgen bleiben häufig unentdeckt

Wer in der Kindheit den Krebs besiegt, wird als Erwachsener häufig von chronischen Beschwerden geplagt. Eine aktuelle Studie zeigt jetzt: Viele bleiben oft unentdeckt, manche sind sogar lebensbedrohlich.
Gespräch mit dem Arzt: Wer in der Kindheit Krebs hatte, sollte besonders auf seine Gesundheit achten

Gespräch mit dem Arzt: Wer in der Kindheit Krebs hatte, sollte besonders auf seine Gesundheit achten

Foto: Corbis

Eine Krebserkrankung im Kindesalter hinterlässt häufig Spuren, die sich noch Jahre später - wenn der Körper längst die Pubertät abgeschlossen hat und erwachsen geworden ist - bemerkbar machen. Wer sich im Kindesalter durch eine Krebserkrankung kämpfen musste, leidet als Erwachsener weit häufiger unter chronischen Erkrankungen als der Durchschnittsbürger, berichten jetzt Forscher um Melissa Hudson vom St. Jude Children's Research Hospital im Fachmagazin "JAMA" .

Für ihre Studie hatten sie mehr als 1700 Überlebende verschiedener Krebsarten, darunter Betroffene mit Leukämie oder Hirntumoren, für zwei bis drei Tage ins Krankenhaus gebeten. Dabei lag die Krebserkrankung bei der Hälfte der Teilnehmer schon 25 Jahre zurück, ebenfalls die Hälfte war weniger als 32 Jahre alt. Anders als bei vielen bisherigen Studien befragten die Forscher die Betroffenen jedoch nicht nur zu Krankheiten und Beschwerden, sondern machten mit ihnen eine Reihe medizinischer Tests, mit denen sie die Gesundheit genau erfassten.

Herzbeschwerden, neuer Krebs, Gedächtnisprobleme

Bei 98 Prozent der Krebsüberlebenden fanden die Forscher mindestens ein chronisches Gesundheitsproblem wie eine neue Krebserkrankung, Herzbeschwerden, eine abnormale Lungenfunktion oder Probleme mit Gedächtnis und Erinnerung. Bei den Teilnehmern ab einem Alter von 45 litten 80 Prozent sogar unter ernsthaften, mitunter lebensbedrohlichen oder mit einer Behinderung einhergehenden Krankheiten.

"Viele haben wir früh diagnostiziert, noch bevor sich die ersten Symptome bemerkbar machten", sagte Studienleiterin Hudson laut einer Mitteilung. "Zu diesem Zeitpunkt haben viele Gegenmaßnahmen noch die größte Wirkung." Die Medizinerin versteht die Ergebnisse als Weckruf für alle Beteiligten im Gesundheitssystem, aber auch für die Überlebenden. "Sie sollten sich proaktiv um ihre Gesundheit kümmern", so die Forscherin. Ein gesunder Lebensstil etwa ohne Zigaretten, mit einer fett- und zuckerarmen Ernährung, und mindestens 30 Minuten Bewegung an fünf Tagen die Woche könne das Risiko für manche der Krankheiten lindern. Je nach Krebsart sind bei den Betroffenen bestimmte Organe ein Leben lang gefährdet.

So hatten von den 1713 Teilnehmern in der jeweiligen Organ-Risikogruppe:

  • 65 Prozent eine Lungen-Fehlfunktion,
  • 62 Prozent eine Schwerhörigkeit,
  • 62 Prozent hormonelle oder reproduktive Probleme,
  • 56 Prozent Herzprobleme,
  • 48 Prozent neurokognitive Probleme, wobei auch Gedächtnisprobleme mit eingeschlossen waren.

Leberprobleme (13 Prozent), Osteoporose (10 Prozent) und Nierenbeschwerden (5 Prozent) waren hingegen nicht so weit verbreitet. Die Gesundheitsprobleme der Überlebenden von Krebs im Kindesalter scheinen mit zunehmendem Alter zuzunehmen, schreiben die Autoren. Daher sei es wichtig, die Betroffenen ein Leben lang medizinisch zu überwachen, um Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Krankheiten wie Osteoporose gelten eigentlich als Probleme des Alters. Wer in seiner Kindheit eine Krebserkrankung durchmachen musste, sollte schon deutlich früher mit der Vorsorge beginnen. Die Forscher fordern, das Wissen über die Spätfolgen von Krebs mit weiteren Studien noch zu vertiefen. Ihr Fazit: "Dadurch wäre es möglich, Empfehlungen für Screenings zu entwickeln und Wege zu finden, die Gesundheit der Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten."

irb/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren