Studie in Afrika Langes Stillen senkt Risiko für HIV-Übertragung

HIV-positive Mütter haben ein geringeres Risiko, das Virus auf ihren Säugling zu übertragen, wenn sie länger als vier Monate stillen. Für afrikanische Kinder könnte das eine lebenswichtige Botschaft sein.
Somalisches Baby wird von seiner Mutter gestillt: HIV-Übertragungsrisiko senken

Somalisches Baby wird von seiner Mutter gestillt: HIV-Übertragungsrisiko senken

Foto: ? Thomas Mukoya / Reuters/ REUTERS

Es ist eine Zwickmühle: Mütter in Afrika sind darauf angewiesen, ihre Babys zu stillen. Denn ohne Muttermilch, die das Immunsystem der Kinder stärkt, können in Afrika andere Keime das Leben der Neugeborenen bedrohen. Doch auch die Milch selbst birgt für sie eine Gefahr - nämlich dann, wenn die Mutter HIV-positiv ist.

10 bis 15 Prozent beträgt das Risiko, dass sich ein gesundes Baby durch Stillen mit HIV (Typ 1) infiziert. Medikamente, sogenannte antiretrovirale Mittel, können das Risiko stark senken. Doch nicht alle HIV-positiven Frauen haben in Afrika die Chance, eine solche Therapie zu bekommen.

Ein Forscherteam um Grace Aldrovandi von der University of Southern California in Los Angeles hat deshalb im südafrikanischen Sambia untersucht, ob Stillzeiten einen Einfluss auf das Risiko einer HIV-Übertragung durch Muttermilch haben - und kommt dabei zu einem Ergebnis, das jetzt im Fachjournal "Science Translational Medicine" nachzulesen ist : Demnach erwies sich eine Stillzeit von mindestens sechs Monaten als sicherste Variante.

Bisher gab es Vermutungen, dass ein frühes Abstillen das Risiko mindern könnte, die Krankheit weiterzugeben. Dazu raten die Forscher nach ihrer Studie in Sambia nun nicht mehr. Zwei Jahre lang begleiteten und untersuchten sie mehr als 958 junge HIV-infizierte Mütter und deren Kinder. Per Zufallsprinzip baten sie etwa die Hälfte der Frauen, nach einer Zeit von vier Monaten möglichst abrupt abzustillen (innerhalb von maximal drei Tagen). Die andere Hälfte sollte nach eigenen Wünschen das Stillen fortsetzen.

Dann untersuchten die Forscher die Milch beider Gruppen: Jenen Frauen, die nach vier Monaten mit dem Stillen aufgehört hatten, pumpten sie zwei Wochen danach eine Probe ab. Von allen Frauen entnahmen sie Milchproben sowohl nach 4 als auch nach 4,5 Monaten, um die Milchen miteinander vergleichen zu können.

Das Resultat: Die höchste HIV-Konzentration lag in jener Milch von Frauen vor, die bereits nach vier Monaten mit dem Stillen aufgehört hatten. Während nach vier Monaten die HIV-Konzentration in der Milch beider Gruppen gleich hoch war, stieg der Wert in der zweiwöchigen Abstillphase deutlich an. Geringer fiel der Wert bei jenen Frauen aus, die das Stillen fortsetzten, aber zusätzlich zufütterten. In dieser Milch war das Niveau von HI-Viren am zweithöchsten. Die geringste Konzentration fand sich dagegen bei Frauen, die deutlich länger als vier Monate stillten und ihren Kindern keine andere Nahrung gaben.

Diese Resultate deckten sich mit den beobachteten Übertragungsraten: Das größte statistisch berechnete Risiko, sich durch das Stillen mit HIV anzustecken, hatten jene Babys, deren Mütter nach vier Monaten abstillten.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Resultate für künftige HIV-Präventionsprogramme von Bedeutung sein könnten - insbesondere in Regionen, in denen das Stillen trotz Infektion der Mutter unumgänglich ist. Während der Schwangerschaft einer HIV-positiven Mutter beträgt das Übertragungsrisiko in der Gebärmutter Schätzungen zufolge etwa sieben Prozent. Das Risiko vor oder während der Geburt liegt bei etwa 18 Prozent.

Beim möglichen Einsatz antiretroviraler Therapien raten die Forscher dazu, verstärkt frühe Abstillphasen im Blick zu haben - wegen der gefundenen hohen Virenkonzentration in dieser Zeit. Abruptes Abstillen sei keine Alternative, schreiben die Forscher. Es erhöhe Gesundheitsgefahren für die Mütter, zum Beispiel durch Brustentzündungen.

cib/dpa
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