Ein Feuerwehrmann am 11. September in Kalifornien
Ein Feuerwehrmann am 11. September in Kalifornien
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David McNew / Getty Images

Lungenarzt über Waldbrände "Die Zahl der Sterbefälle steigt"

Die Katastrophe belastet die Atemwege stark - vor allem, wenn Menschen an Vorerkrankungen leiden. Der Lungenfacharzt Michael Barczok sagt, welche Risiken das mit sich bringt.
Ein Interview von Nina Weber

SPIEGEL: Herr Barczok, wie wirken sich große Waldbrände auf die Atemwege aus?

Barczok: Da muss man zwischen Menschen mit gesunder und vorgeschädigter Lunge unterscheiden. Gesunde können die erhöhte Belastung im nicht toxischen Bereich - also nicht direkt am Waldbrand, sondern wie etwa jetzt in San Francisco - meist gut wegstecken. Allerdings kann es zu einer akuten Bronchitis oder Bronchiolitis, also einer Entzündung der Atemwege, kommen. Betroffene können eventuell schlecht Luft bekommen und müssen ein Cortisonspray nutzen. Für Menschen mit Asthma oder der Lungenkrankheit COPD ist die Situation gefährlicher. Aus ähnlichen Situationen wie den jetzigen Waldbränden in den USA weiß man, dass die Zahl der Sterbefälle steigt. Denn es kann etwa bei COPD durch die verschmutzte Luft, die eine zusätzliche Belastung ist, zu einer akuten Verschlechterung kommen, die lebensbedrohlich ist - Ärzte sprechen von einer Exazerbation.

SPIEGEL: Welche Schadstoffe sind vor allem problematisch?

Barczok: Alle Menschen in den Gebieten sind einer stärkeren Feinstaubbelastung ausgesetzt. Die größeren Staubteilchen werden unter anderem in den Bronchien abgefangen, wo sie allerdings die schon erwähnte Bronchitis verursachen können. Feinstaub durchschlägt die Lungenbläschen und erreicht die Blutgefäße. Die Folge davon können Gefäßkomplikationen sein. Feinstaub erhöht das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.

SPIEGEL: Was können Menschen tun, die in den Waldbrandgebieten leben?

Barczok: Man kann den Menschen nur empfehlen zu fliehen oder sich drinnen aufzuhalten, Fenster geschlossen zu halten und Luftreiniger einzusetzen. Und man muss hoffen, dass es bald regnet, damit die Luft wieder besser wird.

SPIEGEL: Gegen einen Waldbrand kann der Einzelne wenig tun. Nicht nur Lungenspezialisten weisen aber immer wieder darauf hin, wie gut es für die Gesundheit ist, mit dem Rauchen aufzuhören. Wie fügt sich das in die aktuelle Situation ein?

Barczok: Rauchen ist das Ultraproblem. Mit dem Nikotin habe ich als Lungenfacharzt kein unmittelbares Problem, wohl aber damit, dass beim Rauchen organisches Material verschwelt und der Rauch inhaliert wird. Das ist im Prinzip ähnlich wie ein Waldbrand, wobei man dessen Rauch nicht freiwillig tief inhaliert. Wer raucht, hat tagein, tagaus seinen Waldbrand zu Hause. Allerdings ist die Situation für Raucher auch schlimmer, wenn zusätzlich zu der Belastung durchs Rauchen die Luft draußen durch einen Brand verschmutzt ist.

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