Fehlbildung Impfung erhöht nicht das Mikrozephalie-Risiko

In Brasilien sind Tausende Kinder mit zu kleinem Kopf zur Welt gekommen. Zuerst gab es den Verdacht, eine neue Impfung könnte dafür verantwortlich sein. Eine große Studie schafft nun Klarheit.
Lisdeth Arguello und ihr Enkel in Guarenas, Venezuela

Lisdeth Arguello und ihr Enkel in Guarenas, Venezuela

Foto: MARCO BELLO/ REUTERS

Die Babys sind mit viel zu kleinem Kopf auf die Welt gekommen. Viele von ihnen müssen inzwischen künstlich ernährt werden, weil ihnen das Schlucken kaum gelingt. Auch von epileptischen Anfällen werden zahlreiche der jungen Patienten geplagt. In Brasilien kamen im vergangenen Jahr etwa 2000 Babys mit Fehlbildungen zur Welt, die sie stark beeinträchtigen. Auch in anderen Ländern gab es vermehrt Fälle.

Inzwischen ist klar: Verantwortlich sind Infektionen mit dem Zika-Virus. Steckt eine Schwangere sich mit dem Erreger an, drohen dem Ungeborenen diese Probleme.

Als sich 2015 die Fälle sogenannter Mikrozephalie in Brasilien häuften, also viele Babys mit zu kleinem Kopf geboren wurden, hegte man noch einen anderen Verdacht: Das Land hatte 2014 ein Impfprogramm gestartet. Schwangere sollten sich mit einer Dreifachimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten immunisieren. "Tdap" wird dieser Impfstoff genannt.

Daten von 235.000 Schwangeren ausgewertet

Im Fachblatt "Jama"  berichten Forscher nun, dass sie diesen möglichen Zusammenhang mithilfe von Daten aus den USA untersucht haben. Dort wird Schwangeren diese Impfung schon länger empfohlen. Kinder geimpfter Frauen hatten kein höheres Risiko für die Fehlbildung als Kinder von nicht geimpften Frauen, berichtet das Team um Malini DeSilva vom HealthPartners Institute in Minneapolis.


Wer hat's bezahlt?

Die Studie wurde von der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC finanziert.


Die Forscher konnten auf Daten von knapp 235.000 Frauen zurückgreifen, die zwischen 2007 und 2013 entbunden hatten. Rund 13 Prozent hatten sich impfen lassen, 87 Prozent nicht.

Insgesamt kamen 20.238 Kinder, also 6,2 Prozent mit einer Fehlbildung zur Welt. Bei 5238 (1,6 Prozent) von ihnen lag eine als schwer eingestufte Fehlbildung vor, also beispielsweise ein Herzfehler oder ein offener Rücken. 386 Kinder kamen mit Mikrozephalie zur Welt - also 0,1 Prozent.

Ob die Frauen sich für oder gegen die Tdap-Impfung entschieden hatten, beeinflusste weder das Risiko für Mikrozephalie noch anderer schwerer oder sonstiger Fehlbildungen, berichten die Forscher.

Beim Auswerten der Daten zogen sie auch in Betracht, ob die Kinder aus anderen Gründen ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen hatten, zum Beispiel weil die Mütter rauchten. Einige Faktoren waren den Wissenschaftlern allerdings unbekannt, weil sie nicht erhoben worden waren, etwa der Alkoholkonsum während der Schwangerschaft.

Die Daten, so das Fazit der Forscher, sprechen dafür, die Impfung Schwangeren weiterhin zu empfehlen.

Bei Kinderwunsch Impfpass überprüfen

In Deutschland rät die Ständige Impfkommission  Frauen mit Kinderwunsch, sich vor der Schwangerschaft gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten impfen zu lassen - ebenso wird auch die Immunisierung gegen Röteln sowie Kinderlähmung empfohlen, falls kein Impfschutz vorliegt. Unter bestimmten Bedingungen wird auch zu Impfungen gegen Masern und Windpocken geraten.

Gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten können sich Frauen theoretisch auch in der Schwangerschaft impfen lassen, weil es sich um sogenannte Totimpfstoffe handelt.

wbr
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