Notfallmedizin Mimik kann auf lebensgefährliche Krankheit deuten

"Du siehst ja gar nicht gut aus!" Manchmal sieht man Menschen sofort an, dass sie krank sind. Könnte diese Art Blickdiagnose in der Notaufnahme helfen, gefährdete Patienten schnell zu erkennen? Eine Studie deutet in die Richtung.
Ärztin und Patient: Auch die Mimik kann bei der Diagnose Hinweise liefern

Ärztin und Patient: Auch die Mimik kann bei der Diagnose Hinweise liefern

Foto: Benjamin Ulmer/ dpa

Atemnot und Schmerzen in der Brust - diese Symptome können Anzeichen für eine lebensbedrohliche Krankheit sein, etwa einen Herzinfarkt oder eine Lungenembolie, bei der ein Blutgefäß im Atemorgan verstopft ist. Beide Beschwerden können jedoch auch zusammen auftreten, ohne dass der Betroffene ernsthaft in Gefahr schwebt. Klagt ein Patient in der Notaufnahme über Atemnot und Schmerzen im Brustraum, wird er gründlich durchgecheckt.

Ein Team von US-Ärzten hat nun eine Diagnose-Methode getestet, mit der sich die stark gefährdeten Patienten möglicherweise schnell und einfach erkennen lassen. Statt aufwendiger Diagnostik setzen sie auf den Gesichtsausdruck, wie sie im Fachblatt "Emergency Medicine Journal"  berichten. Beobachtungen aus dem Klinikalltag ließen darauf schließen, dass sich die Mimik von Schwerkranken weniger stark verändere als die von Gesunden, wenn sie mit etwas Emotionalem konfrontiert werden.

Nur kurz drei Bilder angeschaut

Die Forscher um Jeffrey Kline von der Indiana University in Indianapolis führten ihre Studie in einem Krankenhaus in North Carolina durch. 50 Patienten, die mit Atemnot und Schmerzen in der Brust in die Notaufnahme gekommen waren und an der Studie teilnehmen wollten, wurden je drei Bilder gezeigt: ein Cartoon und zwei Fotos, die Überraschung auslösen oder ein Lächeln beziehungsweise ein Stirnrunzeln hervorrufen sollten. Anschließend wurden die Patienten wie in der Notaufnahme üblich weiter betreut.

Die Gesichter der Patienten wurden gefilmt, während sie die Bilder für je zehn Sekunden betrachteten. So konnten anschließend zwei Fachkräfte unabhängig voneinander auswerten, wie stark sich die Mimik der Studienteilnehmer verändert hatte. Sie nutzten dafür ein standardisiertes System.

Zwei Wochen später fragten die Studienautoren die Teilnehmer nach der Diagnose, die sie erhalten hatten. Acht Patienten (16 Prozent) litten an einer Krankheit, welche die Forscher vor Studienbeginn als sehr schwer eingestuft hatten, die Diagnosen lauteten unter anderem Lungenentzündung, Lungenembolie oder Herzinfarkt.

Tatsächlich zeigte sich der Mimikvergleich als recht treffsicher, berichten die Forscher. Am stärksten ausgeprägt war der Unterschied bei dem Bild, das Überraschung auslösen sollte. Die beiden Fachkräfte, die die Gesichtsausdrücke der Patienten unabhängig voneinander auswerteten, kamen zudem zu sehr ähnlichen Schlüssen - was wichtig ist, weil eine Diagnoseform möglichst wenig subjektiv sein sollte. Allerdings gab es auch Überschneidungen zwischen den Patienten mit einer weniger bedrohlichen Diagnose und den Schwerkranken, schreiben die Forscher.

Trotzdem kann es sich lohnen, die Mimikdiagnose weiter zu verfolgen und zu verbessern. Schließlich ist sie schnell und kostengünstig und könnte Patienten mit weniger schweren Leiden unnötige Zusatzuntersuchungen ersparen.

wbr
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