Organspende Unregelmäßigkeit bei Transplantation in Hamburg

Organspende: "Da ist etwas schief gegangen."
Foto: Balazs Mohai/ picture alliance / dpaIn Hamburg gab es Unregelmäßigkeiten bei einer Organspende für ein Kind: Wie die Berliner "tageszeitung" (taz) am Mittwoch berichtet, hat die Uniklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) Anfang 2009 Informationen zu einer Lebertransplantation fehlerhaft an die Stiftung Eurotransplant übermittelt. In der Folge wurde ein Teil der Leber direkt an einen Patienten im UKE vergeben und nicht über Eurotransplant an einen Patienten auf der Warteliste vermittelt.
Nach der Entnahme einer Leber ist es möglich, diese zu teilen und somit zwei Menschen das Leben zu retten. Für dieses Verfahren gibt es zwei Möglichkeiten: die symmetrische und die asymmetrische Teilung des Organs. In beiden Fällen sind häufig Kinder die Empfänger, aber auch ein Erwachsener kann eine Teilleber bekommen. Für beide Verfahren gelten unterschiedliche Regeln: Wird eine Leber symmetrisch geteilt, "darf das entnehmende Zentrum die zweite Teilleber für einen eigenen Patienten verwenden", sagte Axel Rahmel, medizinischer Direktor der Stiftung Eurotransplant, der "taz". "Für asymmetrisch geteilte Lebern gilt diese Regelung nicht."
Tonbandaufnahmen als Beweis
In Hamburg sei es nun bei genau dieser Differenzierung zu "Kommunikationsproblemen" gekommen, sagen Eurotransplant und das UKE. Das Organ kam zunächst von einem Spender, der in einer anderen Klinik lag. Von dort wurde es für ein Kind ins UKE gebracht, das von Eurotransplant als Empfänger ermittelt wurde. Der Arzt habe dann im Vorfeld der Transplantation entschieden, die Leber anders zu teilen, als zunächst geplant, heißt es in einer Stellungnahme des UKE: "Es war eine situativ richtige Arztentscheidung, die Leber nicht symmetrisch sondern asymmetrisch zu teilen." Allerdings sei diese Änderung im Vorgehen im Verlauf der Kommunikationskette verloren gegangen. "Beim Abhören der Tonbandgeräte konnte man feststellen, dass da etwas schief gegangen ist", sagt Christine Jähn, Pressesprecherin des UKE, zu SPIEGEL ONLINE.
Diese Änderung hätte aber zur Folge haben müssen, dass der zweite Teil des Organs durch Eurotransplant an einen über die Warteliste ermittelten Patienten vergeben wird - so blieb der Organteil in Hamburg und wurde dort einem Patienten transplantiert.
"Eingeschränkt vermittelbar"
Die Bundesärztekammer bestätigt auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, dass der verbleibende Lebersplit nach einer symmetrischen Teilung nach den "Regeln des beschleunigten Vermittlungsverfahrens" vergeben werden soll. Damit ist gemeint, dass ein nur eingeschränkt vermittelbares Organ - weil es etwa von einem sehr alten oder kranken Spender kommt, oder eben eine symmetrische Teilleber ist - im Schnellverfahren vergeben wird. Auch hier aber muss Eurotransplant den Richtlinien zufolge involviert werden und drei potentielle Organempfänger nennen. Nehmen diese das Organ nicht an, kann das Transplantationszentrum den Lebersplit selbst an einen Patienten vergeben.
Der Vorfall wurde Eurotransplant gemeldet und von der Ständigen Kommission Organspende an der Bundesärztekammer (Stäko) überprüft. Die Informationen zu dem Sachverhalt seien an die zuständige Senatsverwaltung weitergeleitet worden, sagte ein Pressesprecher der BÄK zu SPIEGEL ONLINE. Die Stäko habe den Vorgang als Verstoß gewertet, straf- oder standesrechtliche Konsequenzen hat es aber laut "taz"-Bericht nicht gegeben. Als Konsequenz auf den Vorfall wurde laut Stellungnahme der Hamburger Universitätsklinik das Qualifizierungsprogramm für Mitarbeiter in der UKE-Koordination verändert.
Der Vorfall steht offenbar in keinem direkten Zusammenhang zu dem Organspendeskandal an der Uni-Klinik in Göttingen. Dort sowie möglicherweise auch zuvor in Regensburg sollen durch die Manipulation von Krankenakten bestimmte Patienten bei der Organspende bevorzugt worden sein. Ein zu den jeweiligen Zeiträumen an den Kliniken arbeitender Arzt gilt als Hauptverdächtiger. Gegen ihn laufen auch strafrechtliche Ermittlungen.