Pseudokrupp Ruhe bewahren bei bellendem Husten

Großvater beruhigt hustenden Enkel: Ein Pseudokrupp-Anfall wirkt bedrohlich
Foto: CorbisEin lautes Bellen aus dem Kinderbett, noch ein Bellen. Mein Sohn bekommt kaum Luft, jeder Atemzug ist ein fiepsendes Röcheln. Und wieder hustet er, reißt die Augen auf, schaut mich ängstlich an. Ich nehme meinen Anderthalbjährigen hastig hoch. Auf dem Arm beruhigt er sich schnell - zum Glück.
Dass ich mit dem Hochnehmen meines Kindes und der aufrechten Position das Richtige getan habe, erfahre ich in der Klinik, in die wir schnell fahren. Ich beschreibe dem Arzt die Luftnot und den bellenden Husten. Er hat sofort eine Verdachtsdiagnose parat: Pseudokrupp. Mein Sohn soll inhalieren, und ich bekomme ein Notfall-Cortisol-Zäpfchen für ihn, von dem ich seither immer genau weiß, wo es ist.
Jungen sind häufiger betroffen
"Pseudokrupp gehört zu den häufigsten akuten Krankheitsbildern bei Kindern", sagt Monika Gappa, Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Marien-Hospitals in Wesel. "Wir gehen davon aus, dass mindestens 15 Prozent aller Kinder zwischen einem und fünf Jahren an Pseudokrupp erkranken." Einige neigen dazu, andere nicht. Meine Söhne gehören zur ersten Gruppe.

Lisa Harmann ist freie Journalistin und schreibt über Menschen, Gesellschaft und Familien. Die Mutter dreier Kinder lebt in einem Drei-Generationen-Haus bei Köln. Sie glaubt, dass sich unser Verständnis für Gesundheit bereits mit dem Kinderwunsch verändert.
In den meisten Fällen wird Pseudokrupp von Viren verursacht, insbesondere Parainfluenzaviren können die Episoden auslösen, erklärt Gappa. Die Atemwege haben eine natürliche Engstelle unter den Stimmbändern, vor allem bei kleinen Kindern ist diese Passage schmal. Weil die Atemwege im Hals weich sind, entsteht bei der Einatmung ein Unterdruck. Schwillt der Bereich um die Stimmbänder durch eine Infektion an, kann es zu einem Pfeifton beim Einatmen (inspiratorischer Stridor) kommen, aus dem ein bellender Husten resultiert - und im schlimmsten Fall auch Atemnot. Dann muss unbedingt ein Arzt konsultiert werden.
In den feuchten Herbst- und Wintermonaten treten Pseudokrupp-Erkrankungen am häufigsten auf. Meist geschehen die Anfälle in der Nacht, öfter betroffen sind Jungen. So ist es auch in meiner Familie: Meine Tochter hat nie Pseudokrupp, meine zwei Söhne erkranken häufig daran. Immer nachts. Immer einhergehend mit diesem typischen, bellenden Husten.
Beruhigen und ablenken
Ein aufgeregtes Kind atmet heftig, verbraucht viel Sauerstoff und steigert den Unterdruck in seinem Kehlkopf. Das erschwert die Atmung zusätzlich. Bei einem akuten Anfall ist es deshalb wichtig, dass die Eltern die Ruhe bewahren. "Allein mit der Beruhigung geht meist schon eine Verbesserung einher", sagt Gappa. Auch deswegen wird in der Klinik meist auf Blutabnehmen oder andere aufregende Maßnahmen verzichtet. Das Hochnehmen wiederum hilft, weil die Atemmuskeln in aufrechter Haltung besser arbeiten können.
Ruhig bleiben, das ist leichter gesagt als getan, wenn das Kind zum ersten Mal mit Atemnot im Bettchen liegt. Bei Pseudokrupp-Anfällen habe ich dann darauf geachtet, möglichst ruhig auf die Kinder einzureden, sie hochzunehmen, mit ihnen auf den Balkon zu gehen und zum Beispiel vorbeifahrende Autos zu zählen. Bei Dunkelheit, an der kühlen Luft. Ich habe mich mit ihnen auch schon vor die geöffnete Tiefkühltruhe gesetzt. Gappa lacht: "Ja, das wird empfohlen, aber es gibt keine Studien, die belegen, dass das wirklich hilft." Sie habe eher das Gefühl, dass es den Eltern selbst guttäte, dass sie etwas tun können, und sie dadurch sich selbst und das Kind beruhigten.
Falls Beruhigung und frische Luft nicht helfen, könne eine Krupp-Episode auch mit Cortisol behandelt werden, das in Saft- oder Zäpfchenform verabreicht werde, sagt Gappa. Das Medikament wirkt abschwellend und entzündungshemmend. In der Klinik können die Kinder auch Cortisol inhalieren. Wenn selbst das nicht ausreicht, kann mit einem Adrenalinpräparat inhaliert werden, durch das sich die Gefäße zusammenziehen. "Dies gilt allerdings nur, falls die Atemnot trotz der Cortisol-Gabe nicht besser wird", sagt Gappa. "Eine Lebensgefahr besteht nur sehr selten."
Bakterielle Variante kann gefährlicher sein
Es gibt allerdings nicht nur viral verursachten Pseudokrupp, sondern auch einen von Bakterien ausgelösten - und den gelte es von den viralen Infektionen zu unterscheiden. Die bakterielle Erkrankung geht nicht wie die virale mit leichten Erkältungserscheinungen wie Heiserkeit, Schnupfen oder erhöhter Temperatur einher, sondern mit hohem Fieber, blasser Haut, bläulichen Lippen und schlechter Ansprechbarkeit. "Das sind Alarmzeichen", sagt Gappa. In so einem Fall muss sofort ein Arzt gerufen werden.
Den merkwürdigen Namen verdankt die Krankheit übrigens dem "echten" Krupp, einer Kehlkopfdiphterie, mit der der "falsche", also der "Pseudokrupp" mitunter verwechselt wurde. Mediziner reden heute in der Regel nicht mehr von Pseudokrupp, sondern vom Krupp-Syndrom.
Dass dieses in unserer Familie nun kaum noch vorkommt, liegt wohl daran, dass unsere Söhne bereits älter als fünf Jahre alt sind. In einem Alter also, in dem die Atemwege bereits so groß sind, dass eine Schwellung keine ganz so schlimmen Atemnöte mehr auslösen kann. Es wächst sich also aus - zum Glück.