Schmerzen im Handgelenk Das hilft bei einer Sehnenscheidenentzündung

Beim Gitarrespielen, bei der Gartenarbeit, beim Turnen: Entzündete Sehnenscheiden im Handgelenk kommen häufig vor. Die Behandlung ist oft langwierig - aber wichtig, um chronische Beschwerden zu vermeiden.
Schmerzhafte Fingerbewegungen: Bei einer Sehnenscheidenentzündung ist Geduld gefragt

Schmerzhafte Fingerbewegungen: Bei einer Sehnenscheidenentzündung ist Geduld gefragt

Foto: Corbis

Thomas Hermann liebte seine neue Leidenschaft. Unermüdlich übte er die Gitarrenakkorde, schnell machte er Fortschritte. Eines Tages aber kam die böse Überraschung: eine schmerzhafte Sehnenscheidenentzündung. Und Hermann musste pausieren.

Zu einer solchen sogenannten Tendovaginitis im Bereich der Hand oder des Handgelenkes kommt es, wenn die Fingerstrecksehnen überlastet sind. Das geschieht meistens durch monotone Bewegungen. Immer wenn Hermann seine Finger beugte und streckte, kamen die ziehenden, manchmal auch stechenden Schmerzen. Zunächst im linken Handgelenk, ein paar Tage später auch im rechten.

Reibungsstress

Die Sehnen, die das Verbindungsstück zwischen Muskel und Knochen sind, werden an besonders stark beanspruchten Stellen von Sehnenscheiden umhüllt. Diese Bindegewebe sind mit einer Gelenkschmiere gefüllt, die der Sehne das Gleiten erleichtert und sie vor zu starker Reibung schützt. Bei übermäßiger Belastung aber reibt die Sehne zu stark an der Innenseite der Sehnenscheide, die sich dann entzünden kann. Schon das Öffnen einer Wasserflasche kann dann schmerzhaft sein.

Ob an der Gitarre, am Cello, am Klavier oder an der Geige, beim Turnen, Hanteltraining oder bei allen ungewohnten Tätigkeiten im Alltag und Haushalt wie Gartenarbeit oder dem Tragen schwerer Umzugskisten: Es gibt viele Wege, wie man seine Sehnen überbeanspruchen kann. Vor allem am Handgelenk kommen Sehnenscheidenentzündungen häufig vor. Aber auch am Sprunggelenk gibt es Sehnenscheiden, die sich bei zu großer Belastung entzünden können.

SEHNENSCHEIDENENTZÜNDUNG AM SPRUNGGELENK

Eine Sehnenscheidenentzündung kann an jenen beiden Sehnen auftreten, die sich hinten außen um den Knöchel ziehen. Diese Sehnenscheiden entzünden sich, wenn sie häufig starken Kräften ausgesetzt sind oder überbeansprucht werden. Menschen mit einem hohen Fußgewölbe sind anfälliger dafür.

Bei akuten Verletzungen, beispielsweise beim Umknicken, kann es zu kleinen Rissen der Sehnen des Sprunggewebes kommen. Entlastet man das Gelenk anschließend nicht ausreichend, können sich beim Heilungsprozess Narben im Sehnengewebe bilden. Dadurch verschlechtern sich die Gleiteigenschaften der betroffenen Sehne in der Sehnenscheide. Auch das kann zu einer Entzündung führen.

Bringen eine Physiotherapie und/oder die Einnahme entzündungshemmender Medikamente nicht den gewünschten Erfolg, kann eine Operation nötig sein. Das gilt vor allem dann, wenn die Sehne strukturell geschädigt ist. Bei der Operation wird das Narbengewebe sorgfältig entfernt und die Sehne stabilisiert.

"Wer erste Beschwerden hat, sollte das betroffene Handgelenk unbedingt schonen, die schmerzenden Stellen kühlen und ein antientzündliches Gel oder eine Salbe auftragen", rät der Orthopäde Joachim Grifka, Leiter der Orthopädischen Klinik der Universität Regensburg. Wenn diese Maßnahmen nicht helfen, sollte der Betroffene laut Grifka zum Orthopäden gehen.

Dieser untersucht die Bewegungen des Handgelenks - beispielsweise, ob eine Drehung des Gelenks schmerzhaft ist. Zudem prüft er, ob es Rötungen oder Schwellungen im Bereich der Fingerstreckensehnen gibt.

Röntgen ist nicht notwendig

Ein zusätzlicher Ultraschall hilft den Ärzten bei der Diagnose: "Dieser macht die Flüssigkeitsansammlung sichtbar, die für eine Sehnenscheidenentzündung typisch ist", sagt Grifka. Auch mit hochauflösender Magnetresonanztomografie (MRT) ist eine Sehnenscheidenentzündung nachweisbar. Diese Untersuchungstechnik ist aber nur bei Unklarheiten nötig. Eine Röntgenuntersuchung ist nicht erforderlich, da der Knochen nicht betroffen ist.

Nicht immer ist die Überbelastung der Sehne die Ursache. Eine Sehnenscheidenentzündung kann auch Folge einer rheumatischen Erkrankung sein, die dann zusätzlich behandelt werden muss. Manche Betroffenen fürchten, die Sehnenscheidenentzündung könne die Folge von Problemen an der Wirbelsäule sein, die auf die Gelenke ausstrahlen. Das aber, so Grifka, führe zu einem ganz anderen Beschwerdemuster und könne nicht für eine Tendovaginitis verantwortlich sein.

Behandelt wird eine Sehnenscheidenentzündung häufig mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln, beispielsweise mit sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Laut Grifka besteht zudem die Möglichkeit, Cortison in die Sehnenscheide zu spritzen. "Nutzen und Risiken sollten jedoch genau abgewogen werden."

Schonen ist besonders wichtig

Auch Krankengymnastik, Ultraschall- und Elektrotherapie seien möglich. Vor allem aber sollte das Handgelenk so lange geschont werden, bis die Reizung abgeklungen ist. Was banal klingt, kann im Alltag zu einem schweren Unterfangen werden, schließlich ist das Handgelenk häufig auch bei unbewussten Bewegungen im Einsatz. Eine angepasste orthopädische Schiene kann bei der Schonung sehr helfen, sie wird von den Kassen gezahlt.

Mitunter sei das Problem, sagt Grifka, dass die Belastung, die für die Beschwerden verantwortlich ist, zu schnell wieder aufgenommen werde. "Eine Sehnenscheidenentzündung kann aber sehr langwierig sein und erfordert viel Geduld."

Schränkt eine chronische Tendovaginitis die Beweglichkeit der Finger ein, bleibt als letzter Ausweg die Operation. Dabei werden verengte Stellen chirurgisch erweitert oder entzündliches Sehnenscheidengewebe entfernt.

So weit muss es aber nicht kommen. Dafür sei es wichtig, gleich zu Beginn der Symptome das Gelenk zu schonen, zu kühlen und entzündungshemmende Substanzen zu nehmen, sagt Grifka. "Um zu verhindern, dass die akute Entzündung zu einer chronischen Sehnenscheidenentzündung wird."

Diesen Rat hat Thomas Hermann befolgt - obwohl es ihm sehr schwerfiel, wochenlang die Finger von seiner Gitarre zu lassen und seine Hände auch ansonsten "in Watte zu packen". Seit seiner strikten Pause aber ist er beschwerdefrei und er kann wieder seiner Leidenschaft nachgehen.

MAUSARM IST KEINE SEHNENSCHEIDENENTZÜNDUNG

Etwa fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden an einem Mausdaumen oder Mausarm. Mediziner verwenden den Begriff Repetitive Strain Injuries (RSI) dafür.

Ein Mausarm ist die Folge einer mehrjährigen tagtäglichen Überlastung durch Tätigkeiten am Computer: Sie führt zu winzigen Verletzungen an den beteiligten Muskeln und Sehnen, das Gewebe ist stark gereizt. Im weiteren Verlauf können schmerzhafte Entzündungen auftreten.

Meist beginnen die Beschwerden mit einem leichten Ziehen im Daumen beim Tippen oder Maustastenklick. Es kann auch zu einem Schwächegefühl in der Hand oder im Unterarm kommen. Später treten die Symptome auch im Ruhezustand auf, es folgen dauerhafte Schmerzen und Bewegungseinschränkungen oder Schwellungen.

Die Beschwerden entstehen, weil Muskeln und Teile des Bindegewebes "erstarrt" sind. Deshalb sind Schienen zur Schonung schädlich. Die Ruhigstellung bewirkt, dass sich Muskeln und Bindegewebe nur noch mehr verfestigen.

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