
Aids-Medikamente: Kampf gegen die HIV-Infektion
Schutz vor HIV USA lassen Medikament zur Aids-Prävention zu
Die blauen Pillen sind vor allem für Menschen gedacht, die ein hohes Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren. Truvada, so der Markenname, sollen zum Beispiel Partner von HIV-infizierten Menschen nehmen. Allerdings, so die US-Zulassungsbehörde FDA, ersetze das nicht den zusätzlichen Schutz durch ein Kondom.
Am Montag verkündete die FDA die Zulassung der Kombination aus Tenofovir und Emtricitabin, die bereits seit 2004 mit HIV infizierte Patienten bekommen. "Die Zulassung ist ein Meilenstein im Kampf gegen HIV", sagte eine FDA-Sprecherin. Die Behörde folgt mit der Zulassung weniger als eine Woche vor dem Beginn der internationalen Aidskonferenz in Washington der Empfehlung eines Expertenausschusses, der bereits im Mai den Einsatz von Truvada auch zur Prophylaxe empfohlen hatte. Erst in der vergangenen Woche hatte die FDA den ersten HIV-Schnelltest für zu Hause zugelassen, der ab Herbst in den USA ohne Rezept in Drogerien verkauft wird.
Während die Zahl der Neuinfektionen mit HIV in den USA relativ stabil bei etwa 50.000 Menschen jährlich liegt, erhoffen die Experten sich von dem Präventionsmittel einen besseren Schutz als durch Safer-Sex-Empfehlungen alleine. Zwei Studien hatten gezeigt, dass Tenofovir und Emtricitabin kombiniert das Risiko der Ansteckung mit HIV sowohl bei heterosexuellen als auch bei homosexuellen Menschen deutlich mindern kann. Bei gesunden schwulen und bisexuellen Männern kann Truvada das Infektionsrisiko um 42 Prozent verringern, wenn zusätzlich Kondome benutzt werden und die Männer sich beraten lassen. Bei heterosexuellen Paaren mit einem infizierten Partner kann das Risiko sogar um drei Viertel gesenkt werden.
Trügerische Sicherheit, hohe Kosten, resistente Viren
Kritiker warnen vor einer trügerischen Sicherheit, in der sich Menschen zukünftig wiegen könnten, die das Medikament bekommen. Zudem seien die Kosten sehr hoch und Truvada müsse täglich eingenommen werden, damit es schützend wirkt. Ärzte befürchten auch, dass sich gegen die Wirkstoffkombination resistente HI-Viren weiter verbreiten könnten.
Zugelassen ist Truvada in den USA für gesunde Menschen, die ein hohes Ansteckungsrisiko durch sexuelle Kontakte haben. Wer Truvada von einem Arzt verschrieben bekommt, soll nicht nur die Pille bekommen, sondern auch in ein umfassendes HIV-Präventionsprogramm eingebunden werden. Dadurch, so die Befürworter des vorbeugenden Einsatzes, könne die Schutzwirkung des Medikaments verstärkt werden. "Das ist der Beginn einer neuen Ära in der HIV-Prävention, weil neben der Zulassung von Truvada zur Prävention ein besserer Zugang zu HIV-Tests, Kondomen und vorbeugender Beratung und Unterstützung entsteht", sagte James Deluca von der San Francisco Aids Foundation zur Entscheidung der FDA.
Unter Medizinern gibt es durchaus auch kritische Stimmen, die vor negativen Folgen warnen. Tom Giordano vom Baylor College of Medicine glaubt, dass nur eine kleine Gruppe von Menschen von Truvada profitieren könnte: "Es ist besonders effektiv bei Menschen, die ein sehr hohes Risiko haben und in der Lage sind, das Medikament regelmäßig zu nehmen", sagte Giordano, der auch der FDA-Expertengruppe angehörte, die eine Truvada-Zulassung empfohlen hatte. "Das ist eine relativ kleine Gruppe, aber die Behandlung dieser Menschen ist wichtig."
Wirtschaftlicher Schutz für Risikogruppen
Nicht zu unterschätzen sind die Kosten der vorbeugenden Behandlung. Hersteller Gilead will den bisherigen Preis beibehalten, bei dem ein Jahr Vorbeugung 14.000 US-Dollar kostet. Selbst bei diesen hohen Kosten sei die Prophylaxe allerdings für bestimmte Risikogruppen immer noch wirtschaftlich, sagen Experten. "Es ist teuer, aber auf der anderen Seite ist es immer noch deutlich billiger als eine lebenslange HIV-Behandlung", sagt Joel Gallant von der Johns Hopkins University. "Bei Menschen, die keine Kondome benutzen, aber diese Medikament nehmen, ist es kosteneffektiv."
Bevor Menschen in den USA mit der schützenden Einnahme von Truvada beginnen, sollten sie sich auf eine HIV-Infektion testen lassen. Denn wer das HI-Virus bereits in sich trägt, riskiert durch die vermeintlich prophylaktische Behandlung Resistenzen. Das würde die lebenslange Therapie der Infektion erschweren.