WHO-Bericht Tuberkulose tötet fast so viele Menschen wie Aids

Jedes Jahr sterben weltweit 1,1 Millionen Menschen an Tuberkulose - fast so viele wie an Aids. Das sind zu viele, warnt die WHO. Denn mit der richtigen Therapie ist Tuberkulose oft heilbar.
Röntgenaufnahme eines Tuberkulosepatienten: Auch in Europa ist die Infektionskrankheit längst nicht ausgerottet

Röntgenaufnahme eines Tuberkulosepatienten: Auch in Europa ist die Infektionskrankheit längst nicht ausgerottet

Foto: Rainer Jensen/ picture alliance / dpa

Es ist ein trauriger Wettlauf: Tuberkulose macht dem HI-Virus zunehmend als eine der häufigsten Ursachen für durch Infektionskrankheiten verursachte Todesfälle Konkurrenz: Laut einem aktuellen Bericht  der Weltgesundheitsorganisation WHO starben 2014 1,1 Millionen Menschen an Tuberkulose - ähnlich viele wie bereits 2013 . Im gleichen Zeitraum (2014) erlagen 1,2 Millionen den Folgen einer Infektion mit HIV.

Der Report zeige den deutlichen Fortschritt, was die Verfügbarkeit von Aids-Medikamenten in den vergangenen zehn Jahren angehe, so Mario Raviglione, Direktor des WHO-Tuberkuloseprogramms. Das habe vielen Menschen geholfen, die Infektionen zu überleben. Gleichzeitig werde aber deutlich, dass immer noch zu viele Menschen an Tuberkulose sterben.

Der WHO-Report macht erneut deutlich, dass die Infektionskrankheiten häufig gemeinsam auftreten: 400.000 der Aids-Toten litten auch an einer Tuberkuloseinfektion.

Langfristig positiver Trend

Langfristig hat die WHO allerdings einen positiven Trend beobachtet: Demnach ging die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen von 1990 bis 2014 um 42 Prozent auf geschätzte 9,6 Millionen zurück. Die Zahl der Todesfälle hat sich seither fast halbiert. Zwar seien im Jahr 2014 wieder mehr Infektionen erfasst worden als in den vorangegangenen Jahren, das liege aber an verbesserten nationalen Statistiken und nicht an größeren Tuberkulose-Ausbrüchen.

"Die gute Nachricht ist, dass Tuberkulosebehandlungen seit dem Jahr 2000 etwa 43 Millionen Leben gerettet haben", so Raviglione. Da eigentlich aber der Großteil aller Fälle gut behandelbar ist, sei die Todesrate weiterhin "unakzeptabel hoch".

Für den Bericht hat die WHO Daten aus 205 Ländern ausgewertet. Am stärksten von Tuberkulose sind demnach Südostasien und Regionen im Westpazifik betroffen. Gemessen an der Einwohnerzahl verzeichnete aber Afrika die meisten Fälle.

Multiresistente Keime bleiben ein Problem

Sorgen bereiten den Gesundheitsexperten weiterhin multiresistente Tuberkulosestämme, die nicht mehr auf die beiden wirksamsten Medikamente anschlagen. Von den nach WHO-Schätzungen 480.000 Fällen mit resistenten Keimen im Jahr 2014 sei gerade mal einer von vier richtig diagnostiziert worden - womit häufig die Grundvoraussetzung für eine sinnvolle Behandlung fehlt. Besonders betroffen von den multiresistenten Keimen waren China, Indien und Russland.

"Trotz der Fortschritte durch den Einsatz besserer Diagnostika wie etwa molekularer Schnelltests wurde 2014 bei weniger Menschen multiresistente Tuberkulose diagnostiziert als 2013, obwohl die geschätzte Fallzahl gleichbleibend ist", erklärt Grania Brigden von Ärzte ohne Grenzen. "Wir verlieren im Kampf um die Kontrolle der resistenten Tuberkulose an Boden."

Um die Krankheit weltweit effektiv zu bekämpfen, fehlen laut WHO für das Jahr 2015 1,4 Milliarden Dollar (etwa 1,3 Milliarden Euro). Derzeit stünden etwa 6,6 Milliarden zur Verfügung, acht Milliarden seien notwendig.

TB ist eine Infektionskrankheit, die vom Erreger Mycobacterium tuberculosis übertragen wird. Normalerweise befällt der Erreger die Lungen, es kann jedoch auch zur Infektion anderer Organe kommen. Die Krankheit breitet sich über die Luft aus, wenn Erkrankte die Bakterien etwa beim Husten ausstoßen.

Allerdings bricht nur bei relativ wenigen Menschen, die mit dem Erreger infiziert sind, die Krankheit auch tatsächlich aus. Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Ohne Behandlung sterben bis zu 70 Prozent der Erkrankten innerhalb von zehn Jahren an einer Lungentuberkulose.

jme/dpa/Reuters
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