Krebs bei jungen Erwachsenen Selten, aber tückisch

Die Diagnose Krebs ist immer niederschmetternd. Doch wie trifft sie junge Erwachsene, die gerade in Studium oder Beruf durchstarten oder eine Familie gegründet haben? Eine Stiftung will diese Patientengruppe jetzt stärker unterstützen.

Wenn Kinder Krebs bekommen, setzen Eltern und Ärzte alles für eine gute Behandlung in Bewegung. Ältere Menschen mit Lebenserfahrung haben oft ein großes soziales Umfeld und kennen das Gesundheitssystem. Aber was ist bei Krebs mit 19 oder 29 Jahren - mitten im Studium oder mit kleinen Kindern? Die Stiftung "Junge Erwachsene mit Krebs"  will die Hilfe für Patienten in dieser Altersgruppe verbessern.

Wie viele junge Erwachsene haben Krebs?

Im Schnitt erkranken in Deutschland jährlich rund 15.000 Menschen im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs, berichtet die Stiftung. Bei insgesamt rund 480.000 neuen Krebserkrankungen jährlich sind das knapp drei Prozent.

Warum kann diese Seltenheit tückisch sein?

Diagnosen können sich verzögern, weil Ärzte bei jungen Patienten nicht immer sofort an Krebs denken oder aber Wartezeiten, zum Beispiel auf Kernspin-Untersuchungen, in Kauf nehmen. "Ich bin manchmal geschockt, wie da der zeitliche Ablauf ist", sagt der Göttinger Kinder-Onkologe Christof Kramm zur Krebsbehandlung von Erwachsenen. Für krebskranke junge Erwachsene sei es besser, sich in der Kinderonkologie einer Klinik behandeln zu lassen. "Ein 23-Jähriger wird von der Gesamtatmosphäre einer Kinderstation sicher besser getragen, als wenn er neben einem 80-Jährigen liegt", sagt Kramm. Auf Stationen für Kinder und Jugendliche gebe es einen besseren Betreuungsschlüssel und es seien mehr Psychologen und Sozialarbeiter im Einsatz.

Gibt es Krebsarten, die junge Erwachsene überdurchschnittlich oft treffen?

Ja. Nach Angaben der Stiftung gehören Hautkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Hodenkrebs, Brustkrebs, Sarkome (befallenes Knochen-, Knorpel- und Fettgewebe) und das Hodgkin-Lymphom (befallenes Lymphsystem) dazu.

Was belastet junge Krebspatienten besonders?

Bei jungen Menschen spielt die fehlende finanzielle Absicherung eine große Rolle. "Wir hatten hier Fälle, bei denen Studenten mit Krebs das BAföG gekürzt oder ihre Wohnung gekündigt wurde", sagt Stiftungsprecherin Frauke Frodl. "Im Gegensatz zu Kindern, Jugendlichen und älteren Patienten kommt auch dem Thema Kinderwunsch übergeordnete Bedeutung zu", sagt Inken Hilgendorf, Onkologin am Universitätsklinikum Jena. Das Risiko drohender Unfruchtbarkeit als Folge notwendiger Therapien müsse von Anfang an thematisiert werden. Bisher finanzieren Krankenkassen das Einfrieren von Eizellen und Spermien vor Chemotherapien nach Angaben der Stiftung in der Regel nicht. Junge Erwachsene, die zum Zeitpunkt der Diagnose eine Familie gegründet haben, belastet die Sorge um das Kind und die Trennung während der Klinikaufenthalte.

Wie stehen die Heilungschancen?

Die Heilungsrate ist gut, rund 80 Prozent der jungen Erkrankten überstehen die Krankheit. Doch es gibt erst wenige Studien zu den Langzeitfolgen erfolgreicher Therapien bei Menschen zwischen 18 und 39 Jahren. Bei Erwachsenen, die als Kinder wegen Krebs behandelt wurden, habe ein zweistelliger Prozentsatz Spätfolgen wie Nieren- oder Hirnschäden, sagt Peter Kaatsch, Leiter des Deutschen Kinderkrebsregisters an der Universitätsmedizin Mainz. Künftig müsse es verstärkt ein Ziel der Therapie sein, dass die Patienten den Krebs möglichst ohne Spätfolgen überstehen.

wbr/dpa
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