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Feinstaub global: So dreckig ist die Luft weltweit

Foto: Rajat Gupta/ dpa

WHO-Studie Neun von zehn Menschen atmen verschmutzte Luft

Feinstaub macht krank und tötet: Daten der Weltgesundheitsorganisation zeigen, wie viele Menschen unter Luftverschmutzung leiden. Dabei gibt es funktionierende Gegenmaßnahmen.

Jedes Jahr sterben weltweit sieben Millionen Menschen, weil sie regelmäßig dreckige Luft einatmen. Bei mehr als der Hälfte von ihnen ist Feinstaub der Auslöser, der innerhalb der Haushalte an Kochstellen entsteht. Das ist das Ergebnis einer globalen Studie, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jetzt veröffentlicht hat. Demnach sind 90 Prozent der Weltbevölkerung verschmutzter Luft ausgesetzt. Neben den Haushalten sind Industrie und Verkehr die größten Feinstaubquellen.

Besonders häufig und schwer betroffen sind der Analyse zufolge Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wie Afrika und Asien. "Es ist untragbar, dass über drei Milliarden Menschen - die meisten von ihnen Frauen und Kinder - immer noch täglich tödlichen Rauch einatmen, der von den Öfen und Kochern in ihren Häusern stammt", sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Sie alle haben - trotz intensiver Bemühungen von Hilfsorganisationen - noch keinen Zugang zu sauberen Brennstoffen.

Die Folgen: Die Menschen entwickeln Herzkrankheiten, sie erleiden Schlaganfälle und bekommen Lungenkrebs, Atemwegsinfektionen oder eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Die WHO führt 24 Prozent aller Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Krankheiten auf verschmutzte Luft zurück, bei Schlaganfällen sind es 25 Prozent. Tödlich endende Lungenkrebserkrankungen sind der WHO zufolge in knapp jedem dritten Fall von Feinstaub verursacht.

Weit überschrittene Grenzwerte

Die WHO bezieht ihre Ergebnisse aus einer riesigen Datenmenge: Die Feinstaub-Konzentrationen wurden in 4300 Städten in 108 Ländern gemessen. Mitunter gibt es diese Messungen bereits seit Jahren, wie etwa in Europa und den USA. Im Jahr 2016 sind allerdings nochmal 1000 zusätzliche Messstationen hinzugekommen, wie in einigen chinesischen Städten etwa. Dadurch bilden die aktuellen Zahlen einen größeren Teil des globalen Problems ab als bisher. Aus zahlreichen Städten gibt es allerdings auch weiterhin noch keine Daten.


Feinstaub - was ist das?

  • Feinstaub sind Partikel, die kleiner sind als zehn Mikrometer (PM10), wobei ein Mikrometer einem Millionstel Meter entspricht. Diese Feinstaubteilchen verbleiben größtenteils in den oberen Atemwegen, also dem Rachen, der Luftröhre oder den Bronchien. Jahresdurchschnittswerte von 20 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft (µg/m³) sollen nicht überschritten werden.
  • Seit 2008 werden davon Staubkörner mit einem Durchmesser unter 2,5 Mikrometern (PM2,5) unterschieden. PM2,5 gelangen bis in die Lungenbläschen. Hierfür gilt ein Grenzwert von 10 µg/m³.
  • Außerdem gibt es den Begriff des Ultrafeinstaubs (UFP, ultrafeine Partikel), der im Zusammenhang mit Benzinmotoren diskutiert wird. Gemeint sind noch feinere Körnchen, die kleiner sind als 0,1 Mikrometer. Die ultrafeinen Partikel können in den Blutkreislauf übergehen und so im Prinzip sämtliche Körperregionen erreichen und dort Schaden etwa durch Entzündungsprozesse und Arterienverkalkung anrichten.
  • Grundsätzlich entsteht Feinstaub überall, wo Dreck aufgewirbelt wird. Der überwiegende Teil stammt aus natürlichen Quellen. Vulkane blasen beispielsweise große Mengen Partikel in die Luft. Auch Waldbrände und Wüstensand tragen zur Staub- und Feinstaubmenge in der Luft bei. Mit der Zeit verteilen sich die Partikel weiträumig in der Atmosphäre, sodass die Belastung mit der Entfernung zur Quelle je nach Wetterlage deutlich abnimmt.

Mega-Cities wie Kairo in Ägypten, Neu-Delhi in Indien oder Dhaka in Bangladesch überschreiten die WHO-Grenzwerte oft um ein Vielfaches: Im Großraum Kairo lagen die gemessenen PM10-Konzentrationen im Jahr 2015 bei 284 µg/m³, in Neu-Delhi erreichten sie Werte von 261 µg/m³. Dort gehen die Menschen - ähnlich wie in stark belasteten chinesischen Städten - mitunter nur noch mit Atemschutz auf die Straße, die Behörden rufen den Gesundheitsnotstand aus, oder Schulen schließen.

Allerdings greifen mancherorts auch schon Maßnahmen, die gegensteuern. So hat die indische Regierung bereits 37 Millionen Frauen aus der unteren Einkommensschicht Zugang zu Gasleitungen  verschafft. Und Mexiko City hat der WHO zufolge neue Standards entwickelt für sauberere Verkehrsmittel. In der Bevölkerung Afrikas und Asiens selbst allerdings bildet sich das Problembewusstsein nur langsam aus - oft auch aus Mangel an Alternativen.

Die einkommensstarken Länder wie etwa in Europa haben bereits vielerorts Messstationen aufgebaut - und reagieren auf erhöhte Werte. So auch in Deutschland. Denn auch hierzulande werden die Grenzwerte immer wieder überschritten. Vor allem Stuttgart ist dafür bekannt, dass die gemessenen Konzentrationen deutlich über dem EU-Grenzwert von 50 µg/m³ liegen. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgericht sind in Deutschland nun auch Fahrverbote für bestimmte Diesel-Autos zulässig.

"Die gute Nachricht ist", sagt WHO-Chef Tedros, "dass sich weltweit mehr und mehr Regierungen dazu verpflichten, die Luftverschmutzung nicht nur zu messen, sondern auch darauf zu reagieren."

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