Kleinkind mit Mikrozephalie: Zusammenhang mit dem Zika-Virus wahrscheinlich
Foto: Felipe Dana/ APDas von Mücken übertragene Zika-Virus erreicht immer mehr Länder in Lateinamerika und der Karibik. Wahrscheinlich wird es sich in weiten Teilen Amerikas ausbreiten, warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nur Chile und Kanada werden voraussichtlich verschont bleiben.
Der Erreger steht in Verdacht, schwere Fehlbildungen bei Ungeborenen zu verursachen - es soll auch schon zu einigen Todesfällen gekommen sein. In Brasilien, dem am stärksten betroffenen Land, haben in den vergangenen Monaten rund 4000 Frauen Kinder mit einem zu kleinen Kopf zur Welt gebracht. In allen davon analysierten Fällen hatten sich die Mütter während der Schwangerschaft mit dem Zika-Virus infiziert. Normalerweise sind solche Fehlbildungen, sogenannte Mikrozephalien, extrem selten.
Ein Teil der amerikanischen Staaten reagiert mit drastischen Empfehlungen auf die Gefahr. In El Salvador etwa rieten die Behörden Frauen dazu, bis 2018 nicht schwanger zu werden, berichtet die "New York Times" . Auch Kolumbien, Ecuador und Jamaika empfehlen Frauen, ihren Kinderwunsch aufzuschieben.
Aus Uganda nach Lateinamerika
Das Zika-Virus stammt ursprünglich aus Uganda, dort wurde es vor knapp 40 Jahren zum ersten Mal beschrieben. Einige Experten vermuten, dass das Virus mit den vielen Reisenden während der Fußball-WM 2014 nach Brasilien gelangt ist, und sich seitdem von dort weiter verbreitet. Mittlerweile sind insgesamt 21 Länder in Süd- und Mittelamerika betroffen, auch die USA hat das Virus bereits erreicht. Übertragen wird das Virus durch Aedes-Mücken.
Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC wurden in den USA etwa ein Dutzend Infektionen gemeldet, alle Betroffenen haben sich demnach im Ausland angesteckt. Dasselbe gilt für drei Reisende, bei denen der Erreger in Großbritannien diagnostiziert wurde. Die Erkrankten waren zuvor nach Kolumbien, Surinam und Guayana gereist, teilten die britischen Behörden mit.
Um das Risiko einer Ansteckung zu senken, sollten sich Menschen in den betroffenen Gebieten vor allem vor Mückenstichen schützen. Daneben kann das Virus möglicherweise auch von Mensch zu Mensch gelangen, wie die WHO mitteilte. Es gibt Hinweise, dass der Erreger über Blut übertragbar ist - zudem wurden Zika-Viren in Samenflüssigkeit nachgewiesen.
Sexuell übertragbar?
Noch lasse sich aber nicht sicher sagen, ob es sexuell übertragbar sei, teilte die WHO mit. Dafür brauche es weitere Studien. Kann das Zika-Virus tatsächlich durch Sex weitergegeben werden, könnte es sich auf der ganzen Welt verbreiten. Ansonsten wäre es auf die Gebiete beschränkt, in denen sich die Aedes-Mücken verbreiten.
Die WHO rät schwangeren Frauen zur Vorsicht, die in eine der Zika-Regionen reisen müssen. Sie sollten demnach vor und nach dem Besuch einen Arzt aufsuchen. "Schwangere sollten generell von vermeidbaren Reisen in Zika-Endemie-Gebiete absehen", warnt auch das Auswärtige Amt in den aktuellen Sicherheitshinweisen zu Brasilien.
Außerhalb einer Schwangerschaft ist die Gefahr bei einer Zika-Infektion vergleichsweise gering. Die Erkrankung verläuft häufig ohne oder nur mit milden Symptomen. Es kann aber auch zu Fieber, Hautausschlag, Muskel-, Kopf- und Gelenkschmerzen kommen.
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Die Brasilianerin Angelica Pereira und ihr Partner mit Tochter Luiza: Das Kind wurde im Oktober im Nordosten Brasiliens geboren - mit einem viel zu kleinen Schädel.
Dejailson Arruda, der Vater von Luiza, hält seine kleine Tochter im Arm. Das Kind leidet unter einer sogenannten Mikrozephalie.
Luiza wurde mit einem Kopfumfang von 29 Zentimetern geboren. Das Maß liegt drei Zentimeter unter dem, was Ärzte als gesund bezeichnen.
Der Grund für die Mikrozephalie könnte ein Mückenstich sein, durch den sich Luizas Mutter mit dem Zika-Virus angesteckt hat. Viele Mediziner sind inzwischen davon überzeugt, dass das Virus eine Mikrozephalie auslöst, wissenschaftlich bewiesen ist das aber nicht.
"Mein Herz hörte fast auf zu schlagen", sagte Angelica Pereira über den Augenblick, als sie von der Diagnose erfahren hat. "Ich dachte sofort an all die Diskriminierungen, die die Kleine im Laufe ihres Lebens würde über sich ergehen lassen müssen."
Der Kopfumfang des Kindes wird von einem Neurologen im Mestre Vitalino Hospital in Caruaru gemessen.
Noch ist nicht sicher, ob Zika der Auslöser für Mikrozephalie ist: "Die aktuellen Daten lassen noch keinen eindeutigen Schluss zu, dass es eine Beziehung zwischen der Zika-Infektion und Mikrozephalie gibt", teilte das Gesundheitsministerium kürzlich mit.
Angelica Pereira hält ihre kleine Tochter im Arm. Die frühe Schädigung des Gehirns führt dazu, dass der Säugling Bewegungsstörungen hat.
Plastikmüll liegt in Santa Cruz do Capibaribe auf dem Boden - in der Region wurden viele Zika-Fälle dokumentiert.
Ägyptische Tigermücke: Sie überträgt das Dengue- und das Chikungunya-Virus - und vermutlich auch Zika-Viren.
Auch dieser Junge (r.) ist von Mikrozephalie betroffen: der zwei Monate alte Jose Wesley. Die Fälle haben in Brasilien stark zugenommen. Im vergangenen Jahr wurden in dem Land bereits mehr als 2700 Kinder mit Mikrozephalie geboren, 2014 waren es nur 150.
Elison, der große Bruder von Jose Wesley, kümmert sich um den Säugling. Oft haben Kinder mit einer Mikrozephalie auch geistige Behinderungen.
Der Zehnjährige trägt seinen kleinen Bruder: Die Jungen leben in Poco Fundo im Bundesstaat Pernambuco.
Ein Moskitonetz soll den Kleinen vor Stichen schützen. Wesleys Mutter Solange Ferreira hatte vor der Geburt ihres Sohne nie von Mikrozephalie gehört.
Jose Wesley beim Baden: Die Diagnose wurde bei dem Kind einige Tage nach seiner Geburt gestellt. Die Mutter sagt, der Kleine liebe Wasser. Um ihn zu beruhigen, bade sie ihn mehrmals am Tag.