Umgang mit Drogen Psychotherapeuten fordern, Cannabis zu legalisieren und Alkohol zu verteuern

»Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis«: Mit diesem Statement plädiert die Bundespsychotherapeutenkammer unter anderem dafür, Alkohol nur noch ab 18 Jahren abzugeben – und gegen den Verkauf im Supermarkt.
Cannabis: »Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden«

Cannabis: »Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden«

Foto: FilippoBacci / Getty Images

»Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden. Deshalb sollten Erwachsene wie Jugendliche auch lernen, Drogen so zu nutzen, dass sie ihre Gesundheit nicht gefährden und das Risiko für Missbrauch und Abhängigkeit gering bleibt«, sagt der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Dietrich Munz.

Die Kammer fordert deshalb in einer Stellungnahme  einige neue Strategien in der Drogenpolitik. Sie spricht sich dafür aus, Cannabis zu legalisieren und Alkohol zu verteuern. Beides sollte zudem wie alle anderen Rauschmittel nur noch in lizenzierten Geschäften abgegeben werden dürfen. Die Kammer plädiert zugleich für ein Mindestalter von 18 Jahren für den Kauf aller legalen Drogen. Die Abgabe an Minderjährige müsse stärker als bislang sanktioniert werden.

Für die Millionen Menschen, die regelmäßig Bier, Schnaps und Wein trinken, soll es nach Ansicht der Kammer neue Hürden geben. Die Psychotherapeuten fordern höhere Alkoholsteuern und einen Mindestpreis für Alkohol.

Bei der Beschränkung aller legalen Drogen auf Lizenzshops schwebt der Kammer eine »Abgabe durch Fachpersonal« vor, ausgebildet in Suchtprävention. Die Therapeuten und Therapeutinnen beklagen, dass legale Drogen etwa in Supermärkten, Tankstellen, über Automaten oder Internet fast überall rund um die Uhr verfügbar seien. Künftig solle das Fachpersonal über die Wirkungen informieren und das Alter prüfen.

»Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis«, stellt die Bundespsychotherapeutenkammer zudem fest. So trinke fast jede und jeder Fünfte in Deutschland riskant viel davon. Alkohol könne tödlich sein. Cannabis gelte dagegen als moderat schädliche Droge, harmlos sei es nicht – es berge insbesondere das Risiko, an einer Psychose zu erkranken.

Werbeverbot für alle legalen Drogen gefordert

Die Stellungnahme kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Koalition eine kontrollierte Cannabisfreigabe vorbereitet. Im Mai hatte der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) den Start eines gründlichen Konsultationsprozesses hierfür angekündigt.

Die Kammer fordert für alle legalen Drogen das Verbot von Werbung. Generell sollte die Drogenpolitik nach Ansicht der Psychotherapeuten auf Regulierung und Prävention setzen – aber auch auf »aufgeklärten, kompetenten und eigenverantwortlichen Gebrauch von Drogen«. Das sei der beste Schutz vor Missbrauch. Den Menschen verfügbar gemacht werden müssten viel mehr professionelle Angebote, fordert die Kammer, die rund 55.000 Psychotherapeutinnen und -therapeuten vertritt. Angeboten werden solle mehr Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankungen.

»Das Ziel bleibt das gleiche wie das der bisherigen Drogenpolitik: Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden«, so die Kammer. Doch der Gebrauch von Cannabis nehme trotz Verbot seit Jahrzehnten zu. Die bisherige Politik mit dem Ziel der Einschränkung von Cannabisgebrauch sei gescheitert. Der Gehalt des psychoaktiven Wirkstoffs THC solle aber auf höchstens 15 Prozent beschränkt werden, schlagen die Psychotherapeuten vor.

wbr/dpa
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