Bleirohre Verseuchtes Leitungswasser

Seit Jahren trink Kolumnist Frederik Jötten Leitungswasser. Seit Kurzem weiß er: In seinem Mietshaus sind Bleirohre verlegt. Wie belastet ist das Wasser? Er macht den Test.
Frisches Leitungswasser: Gesundheitsrisiko durch Belastung mit Schwermetallen

Frisches Leitungswasser: Gesundheitsrisiko durch Belastung mit Schwermetallen

Foto: Oliver Berg/ picture alliance / dpa

Seit ich weiß, dass wir alte Bleileitungen in unserem Mietshaus haben, schlafe ich schlecht. Erstens mache ich mir Sorgen um meine Gesundheit. Zweitens bin ich heute Früh aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen, weil ich grübelte, wie und wann ich am besten meine Probe nehme.

Ich habe ein Testset für 38 Euro bestellt, um die Konzentration aller Schwermetalle im Trinkwasser bestimmen zu lassen - ein Test auf Blei kostet nur 18 Euro, aber wenn schon, denn schon. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Probe zu entnehmen: Entweder ich fülle das erste Wasser ab, das morgens aus der Leitung kommt - das hat über Nacht in der Leitung gestanden und damit mutmaßlich am meisten Blei aufgenommen. Eine solche Probe wäre optimal, um nachzuweisen, dass es Blei in unserem Trinkwasser gibt. Andererseits aber lasse ich das Wasser immer so lange laufen, bis es bis zu einer gleichbleibenden Temperatur abgekühlt ist, bevor ich es nutze. Eigentlich interessiert mich doch am meisten, ob das, was ich trinke, verseucht ist.

Deutlich überschrittene Grenzwerte

Ich stehe auf, öffne den Wasserhahn und warte, bis der Strahl abgekühlt ist. Dann fülle ich den Behälter für die Probe und schicke ihn ins Labor. Eine Woche später habe ich das Ergebnis. Der Grenzwert für Blei ist deutlich überschritten, um 60 Prozent, und das obwohl ich das Wasser vor der Probenentnahme habe ablaufen lassen. Das lässt befürchten, dass der Bleigehalt in abgestandenem Wasser den Grenzwert um ein Vielfaches überschreitet.

Ich mache einen Aushang im Flur, um die anderen Bewohner zu warnen - es wohnt ein Säugling im Haus! Kleinkinder und Schwangere sind besonders gefährdet. Warum hat der Vermieter uns Bewohner nicht wenigstens gewarnt? Ich recherchiere - und erfahre, dass es noch viel schlimmer ist. Er hat in den Neunzigerjahren in einem Teil der Wohnungen Blei- durch Kupferrohre ersetzt, nachdem sich Mieter beschwert hatten. Im Rest des Hauses aber hat er die Bleirohre belassen. Seitdem treffen Kupfer und Blei aufeinander, das ist die Methode, mit der am meisten Blei freigesetzt wird. Noch schlimmer aber: Dem Gesundheitsamt hat der Vermieter damals weisgemacht, dass er die Bleileitungen im gesamten Haus ersetzt habe - um Geld zu sparen, hat er anderthalb Jahrzehnte die schleichende Vergiftung seiner Mieter in Kauf genommen (mehr zur Verpflichtung der Vermieter erfahren Sie hier im Interview).

Trinkwasser - jetzt auch bleifrei

Ich erinnere mich, wie ein alter Mann mich einmal vor unserem Haus beiseitegenommen hat und mir zugeraunt hat: "Passt auf, euer Vermieter ist ein böser Mensch." Damals konnte ich mir nicht vorstellen, was er meint, jetzt weiß ich es. Ich hoffe, dass so ein Verhalten in Deutschland bestraft wird.

Nachdem das Gesundheitsamt bei ihm angefragt hat, warum in unserem Haus noch Bleirohre seien, hat er inzwischen erklärt, er wolle sie austauschen lassen. Wir warten - und haben jetzt einen Wasserfilter gekauft, der alle Schwermetalle herausfiltert. Nach zehn Jahren, in denen ich in dieser Wohnung wohne, trinke ich zum ersten Mal bleifreies Wasser.

WASSERLEITUNGEN AUS BLEI - FRAGEN AN DEN EXPERTEN

Wie kann man herausfinden, ob Bleirohre im Haus verbaut sind?Welche Pflichten liegen beim Vermieter?Wie geht man am besten vor, um die Belastung des Trinkwassers zu testen?

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