Personal Trainer der Zukunft Wie Avatare beim Abnehmen helfen können

Avatar: Schau her, so funktioniert gesundes Essen!
Foto: Sbarro Institute / Temple UniversityKilo um Kilo wandert die Nadel der Waage nach oben, sie scheint gar nicht stoppen zu wollen. Höchste Zeit, etwas zu tun. Aber wie? Die Motivation bei Diäten verpufft oft schnell, mit dem Jo-Jo-Effekt kommen die Kilos zurück. Dies könnten Personal-Trainer in Form von Avataren ändern, zeigt eine kleine US-Studie im Journal of Diabetes Science and Technology.
Bei Avataren handelt es sich um die Abbilder echter Personen in einer virtuellen Welt. Im Abnehmprogramm präsentieren sie ihrem Gegenüber, wie gesundes Verhalten funktioniert. Ihr menschliches Original soll mit ihnen lernen, wie groß eine Essensportion sein soll, wie man sich auf einem Laufband bewegt oder welche Produkte besser nicht im Einkaufskorb landen sollten. "Der Mensch nimmt den Avatar automatisch als Menschen an, mit dem man sozial interagieren kann", sagt der Klinische Psychologe Andreas Mühlberger von der Universität Regensburg.
Um das Interesse an ihrem Angebot einzuschätzen, fragten die Forscher von der George Washington University zunächst 128 übergewichtige Frauen ohne Spielerfahrung, ob sie einen Abnehmversuch mit dem Avatar wagen würden. Knapp 90 Prozent bejahten dies. Alle hatten im Jahr zuvor versucht, auf herkömmlichem Weg an Gewicht zu verlieren.
1,6 Kilo in vier Wochen
Im nächsten Schritt starteten die Forscher einen vierwöchigen Pilotversuch mit acht übergewichtigen Frauen. Damit sich die Frauen mit ihrem virtuellen Gegenüber identifizieren können, passten sie ihre Avatare optisch an und veränderten Haut- und Haarfarbe sowie Gestalt. Eine frühere Untersuchung der Stanford University hatte gezeigt, dass ein ähnlich aussehender Avatar eher zu sportlicher Aktivität animieren kann als ein fremd aussehender Avatar.
Anschließend kamen die Versuchsteilnehmerinnen einmal die Woche in die Klinik und schauten sich eine 15 Minuten lange DVD mit ihrem Avatar an, der ihnen vorlebte, wie sie gesund abnehmen können. Außerdem setzten sie sich Ziele für ihren Gewichtsverlust und ihre sportliche Aktivität und führten Buch darüber, was und wie viel sie aßen und sich bewegten. Die Besuche in der Klinik lohnten sich: Nach den vier Wochen hatten die Frauen durchschnittlich 1,6 Kilogramm abgenommen.
Die Diätmethode ist spannend, allerdings schränkt die geringe Teilnehmerzahl die Aussagekraft der Studie ein. Unklar ist auch, wie viel des Erfolgs den Avataren zu verdanken ist - und welchen Anteil die Besuche im Krankenhaus hatten. Studienleiterin Melissa Napolitano zeigte sich dennoch zuversichtlich. "Wir sind beeindruckt vom Potential dieser Technologie als Werkzeug, um den Menschen ein gesünderes Ess- und Einkaufsverhalten beizubringen", sagt sie laut einer Mitteilung.
Napolitano hofft, dass die Avatare auch langfristig helfen können, abzunehmen und das Gewicht zu halten. "Das ist jetzt nur der erste Schritt", sagt sie. Wenn jemand vor Augen habe, wie er sein lang ersehntes Ziel erreiche, könne er sein Verhalten offensichtlich leichter verändern.
Mühlberger, der Angsttherapien im virtuellen Raum durchführt, glaubt ebenfalls daran, dass ein langfristiger Effekt möglich ist: "Dieser Ansatz ist eine sehr attraktive Geschichte, die sicher auch in Deutschland großes Potential hätte, zumal es bei künstlicher Intelligenz und Computergrafik in jüngerer Vergangenheit große Fortschritte gab und weitere zu erwarten sind."
Andere mögliche Anwendungen: Essstörungen, soziale Ängste
Neben der Aufgabe als Diäthelfer könnten Avatare auch bei Körperschemastörungen, wie sie bei Essstörungen wie Magersucht und Bulimie auftreten, helfen. Indem die Patienten sich als Avatar dicker und dünner machen, lernen sie ihre Figur realistischer einzuschätzen. Außerdem sehen sie, dass eine geringe Gewichtszunahme keine Katastrophe ist und können sich an diesen Gedanken gewöhnen. Wichtig sei dabei, dass die Avatare dem Nutzer gleichen, sagt Mühlberger.
Ein weiteres Anwendungsfeld sind soziale Phobien, bei denen die Betroffenen Angst haben, von anderen Menschen abgelehnt zu werden. Gespräche sind für sie eine Qual. Um die Betroffenen virtuell in diese gefürchtete Situation zu versetzen, haben niederländische Forscher der TU Delft die Simulation "Blind Date" entwickelt. Avatare übernehmen darin den Part des netten oder ruppigen Gesprächspartners, sind mal eine attraktive Blondine, mal ein arrogant wirkender Schönling oder eine streitlustige und kritikfreudige Brünette.
Die vorformulierten Sätze der Avatare lassen sich per Mausklick abrufen. Es gibt nette Sätze, aber auch solche mit verletzendem Inhalt. Es ist Aufgabe des Therapeuten, die für seinen Patienten passenden Formulierungen zu wählen. Mal geht es um Small Talk im virtuellen Café, mal um Einkaufssituationen oder das Halten einer Rede vor einer großen Zuhörerschaft, die den Redner ausbuht. Neu erlernte positive Informationen werden aufgenommen und das sogenannte Furcht-Netzwerk entsprechend umgebaut. Der Patient merkt, dass er die Situation aushalten kann. Und wird auch im echten Leben sicherer.

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