Umstrittenes Pflanzengift EU-Parlament will Glyphosat für sieben Jahre zulassen

Das Europaparlament empfiehlt, das Unkrautmittel Glyphosat weiter zu erlauben. Allerdings soll die Zulassung nur sieben statt 15 Jahre gelten.
Einsatz von Glyphosat auf einem Feld

Einsatz von Glyphosat auf einem Feld

Foto: Seth Perlman/ AP

Das Europaparlament hat sich für eine weitere Zulassung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat ausgesprochen - allerdings nur für sieben und nicht für 15 Jahre wie von der EU-Kommission geplant. Der Kompromiss, den die Konservativen vorgeschlagen hatten, wurde am Mittwoch in Straßburg mit klarer Mehrheit verabschiedet. Forderungen von Grünen und Teilen der Linken, die Zulassung gar nicht zu erneuern, fanden damit keine Mehrheit.

Das Parlament forderte die EU-Kommission unter anderem auf, einen Plan zu erarbeiten, um den Einsatz des Pflanzengifts zu reduzieren. Einige bislang erlaubte Zusatzstoffe sollten künftig nicht mehr verwendet werden.

Die Marktzulassung für Glyphosat, den in Deutschland und weltweit am meisten eingesetzten Wirkstoff zur Unkrautvernichtung, läuft in der EU Ende Juni aus. Bis dahin muss entscheiden werden, ob sie das Mittel erneut zulässt - und für wie viele Jahre. Anders als in den meisten Verfahren auf EU-Ebene hat das EU-Parlament in diesem Fall jedoch kein Mitbestimmungsrecht, sondern kann nur Empfehlungen an die EU-Kommission herantragen.

Wahrscheinlich krebserregend, wahrscheinlich nicht

Die EU-Kommission hatte Anfang März eine Abstimmung über die Neuzulassung verschoben, weil es im zuständigen Fachausschuss keine Mehrheit gab. Der Ausschuss, dem Experten aus den 28 EU-Staaten angehören, soll sich im Mai erneut mit der Frage befassen.

Glyphosat sorgt in der EU seit Jahren für Streit, einige Mitgliedstaaten haben Bedenken gegen die weitere Zulassung geäußert. Umweltschützer machen immer wieder geltend, dass das Pflanzengift möglicherweise krebserregend ist. Mit diesem Argument hatte sich im Europaparlament auch der Ausschuss für Umwelt- und Gesundheitsschutz gegen eine Neuzulassung ausgesprochen.

Dabei verwies er auf eine Warnung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), die Glyphosat im März 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hatte. Die zuständige EU-Behörde Efsa teilte diese Meinung nicht. Laut ihrer Analyse ist Glyphosat "wahrscheinlich nicht krebserregend" (hier lesen Sie, wie sich diese Abweichungen erklären lassen).

Sofortiges Verbot "unrealistisch"

Die SPD-Abgeordnete und Umweltschutzexpertin Susanne Melior verteidigte den jetzt vom Parlament verabschiedeten Kompromiss. Ein sofortiges Verbot von Glyphosat wäre unrealistisch, betonte sie. Die europäische Landwirtschaft sei von Futtermittelimporten etwa aus den USA und Brasilien abhängig, die mit Glyphosat behandelt worden seien.

Das Pestizid kommt seit den Siebzigerjahren in der Landwirtschaft und bei Privatleuten zum Einsatz. Seit Ablauf des Patents im Jahr 2000 wird es von verschiedenen Herstellern vertrieben. Nach Angaben des Europaparlaments ist der weltweite Verbrauch in den vergangenen Jahrzehnten um das 260-Fache angestiegen - von 3200 Tonnen im Jahr 1974 auf 825.000 Tonnen im Jahr 2014.

In Deutschland werden etwa 40 Prozent der Ackerfläche mit glyphosathaltigen Herbiziden behandelt. Die Bundesregierung hatte am Dienstag die weitere Verwendung des Mittels in der EU befürwortet, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehört eine Überprüfung der Auswirkungen auf die Artenvielfalt sowie das Verbot bestimmter Zusatzstoffe.

irb/AFP/dpa/Reuters
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