Zuckerwasser Diabetes kommt mit dem täglichen Glas Limo

In den USA galt die Botschaft schon als Gewissheit, jetzt haben Forscher den Effekt auch in Europa nachgewiesen: Jedes tägliche Glas zuckrige Limonade steigert die Wahrscheinlichkeit drastisch, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Säfte und Light-Limonaden sind demnach weniger gefährlich.
Orangenlimonade: Schon ein Glas am Tag kann Diabetesrisiko erhöhen

Orangenlimonade: Schon ein Glas am Tag kann Diabetesrisiko erhöhen

Foto: Corbis

Die enorme Menge kann immer wieder verblüffen: Etwa neun Zuckerwürfel stecken in einem Glas Cola, das entspricht 27 Gramm. Ein Liter kommt auf stolze 36 Zuckerwürfel, 108 Gramm. Dass viel Zucker in Limonaden steckt, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Doch das hält die Bevölkerung nicht davon ab, solches Zuckerwasser zu trinken. Auch wenn die Europäer noch weniger Softdrinks verzehren als die Amerikaner - der Konsum steigt.

Eine große Studie hat jetzt weitere Hinweise darauf gefunden, wie sehr zuckerhaltige Limonaden der Gesundheit schaden können. Demnach entwickeln Menschen, die viel davon trinken, deutlich häufiger einen Typ-2-Diabetes. Die Erkenntnis an sich ist zwar nicht neu, bisher stammten fast alle Untersuchungen zu dem Thema jedoch aus den USA. Mit ihrer Studie wollten die Forscher um Dora Romaguera vom Imperial College London herausfinden, ob sich die Ergebnisse ohne weiteres auch auf Europa übertragen lassen.

Dafür analysierten die Wissenschaftler zwei Untergruppen einer großen europäischen Studie mit 350.000 erwachsenen Teilnehmern, unter denen sich auch viele Deutsche befinden. Bei der einen Untergruppe fassten sie die Personen zusammen, die innerhalb des Studienzeitraums Diabetes-Typ-2 entwickelt hatten - insgesamt 11.684 Personen. Als Vergleichsgruppe dienten ihnen 14.374 Versuchsteilnehmer, die die Forscher zufällig ausgewählt hatten.

Pro Glas 22 Prozent höhere Diabetes-Wahrscheinlichkeit

Die statistische Auswertung der Daten ergab, dass mit jedem 354-Milliliter-Glas (12 Unzen) zuckerhaltige Limonade die Wahrscheinlichkeit deutlich steigt, dass ein Mensch an Typ-2-Diabetes erkrankt. Bei dieser Form des Diabetes - früher häufig Altersdiabetes genannt - gilt falsche Ernährung als die Hauptursache. Jemand, der im Schnitt ein Glas Zuckerlimo täglich trinkt, entwickelte demnach im Durchschnitt 22 Prozent häufiger den Diabetestyp als jemand, der keine Zuckerlimo trinkt. Dasselbe Verhältnis ergab sich, als die Forscher die Gruppe der Menschen mit einem Glas Limo täglich mit den Zweigläser-Trinkern verglichen.

Damit sind die Daten der Europäer vergleichbar mit denen der Amerikaner - eine große Studie kam dort zu dem Ergebnis, dass mit jedem täglichen Glas Limonade die Diabetes-Wahrscheinlichkeit um 25 Prozent zunimmt. Nur drei Prozent mehr als in der jetzigen Studie. "Angesichts der Tatsache, dass die Europäer immer mehr süße Getränke konsumieren, sollte die Botschaft zu den ungesunden Effekten undbedingt an die Bevölkerung weitergegeben werden", schließt Studienleiterin Romaguera aus ihrer Untersuchung im Fachmagazin "Diabetologia" .

Die Studie hat, wie fast alle Ernährungsstudien, eine entscheidende Schwäche: Sie kann nur nachweisen, dass Limonadentrinker häufiger an Diabetes erkranken. Theoretisch könnte die Gruppe noch eine andere Gemeinsamkeit haben, die hinter dem höheren Diabetes-Risiko steckt. Um dem vorzubeugen, rechneten die Forscher den Einfluss verschiedener bekannter Diabetes-Risikofaktoren heraus - der klare, statistische Zusammenhang zwischen der Limonade und der Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken, blieb bestehen.

Erhöhtes Diabetes-Risiko auch bei Light-Limonaden?

Der Effekt lässt sich möglicherweise damit erklären, dass sich der Zucker der täglichen Limonade langfristig im Gewicht bemerkbar macht - und dadurch auch das Diabetesrisiko in die Höhe treibt. Ein zweiter möglicher Einfluss entsteht durch die Wirkung der Limonade auf den Stoffwechsel: Nach dem Trinken schießen die Glukose-Werte im Blut in die Höhe, der Körper schüttet Insulin aus, um den Zucker verarbeiten zu können. Das kann auf Dauer dazu führen, dass der Körper abstumpft und nicht mehr so stark auf das Hormon Insulin reagiert. Der Beginn eines Typ-2-Diabetes.

Weniger eindeutig ist die Situation bei Fruchtsäften und Nektar. Obwohl beide ebenfalls viel Zucker enthalten, konnten mehrere Untersuchungen bisher keinen Einfluss auf das Diabetes-Risiko nachweisen - auch nicht die aktuelle Studie. Wer viel Light-Limonaden konsumierte, erkrankte bei der Untersuchung statistisch gesehen zumindest etwas häufiger an Diabetes. Dieser Effekt verschwand allerdings, als die Forscher den Einfluss des BMI, also des Gewichts, auf das Diabetes-Risiko herausrechneten.

Die Gruppe der Menschen mit Typ-2-Diabetes in Deutschland wächst. Besonders ausgeprägt ist der Anstieg laut der DEGS-Studie zur Gesundheit der Erwachsenen in Deutschland bei stark übergewichtigen Männern und Frauen. Düsseldorfer Forscher haben berechnet, dass es im Jahr 2030 insgesamt 1,5 Millionen mehr Diabetiker zwischen 55 und 74 Jahren geben wird als heute. Viele der Fälle ließen sich mit Sport und gesunder Ernährung verhindern.

irb
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