Pflanzliche Eiweiße Forscher setzen auf die Kraft der Hülsenfrüchte

Linsen: Deutsche Forscher loten das Potential von Eiweiß aus Hülsenfrüchten aus
Foto: ARIEL SCHALIT/ ASSOCIATED PRESSWer will das nicht: Reichlich essen, richtig satt werden und dabei auch noch abnehmen. Und - quasi nebenbei - sinkt auch noch das Diabetes-Risiko. Geht nicht? Doch. Das zumindest glauben die Initiatoren einer Studie namens "LeguAN" (Leguminosen - Anbau und Nutzung) . Das Akronym steht für eine interdisziplinäre Forschungsarbeit unter der Leitung des Hamburger Lebensmittelchemikers Sascha Rohn, die Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.
Die Interventionsstudie (Erklärung siehe Kasten) soll vor allem einer Frage nachgehen: Eignet sich pflanzliches Protein aus Leguminosen, also Hülsenfrüchten, ebenso gut oder gar besser als tierisches Eiweiß, um den Stoffwechsel von Diabetes-Patienten zu verbessern?
Falls dem so ist, brächte das einige Vorteile: Nicht nur, dass die ballaststoffreiche Kost aus Hülsenfrüchten nebenbei gut sättigt. Auch die Hinweise, dass eine Nahrung mit viel tierischem Eiweiß das Krebsrisiko und die Sterblichkeit erhöht , mehren sich. Zudem können Hülsenfrüchte die Cholesterinwerte im Blut verbessern .
Bundesweit sind acht Partner unter der Federführung des Deutschen Instituts für Ernährung in Potsdam (Dife) an dem Projekt LeguAN beteiligt. Gefördert wird es vom Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD).
Ernährungsstudien
An der LeguAN-Studie nehmen übergewichtige Diabetes-2-Patienten teil, denn sie profitieren besonders stark von einer eiweißreichen Diät: Es ist bereits bekannt, dass diese den sogenannten HbA1c-Wert senkt, jenen Langzeitzuckerwert, der für Diabetiker besonders wichtig ist.
Pflanzliches Eiweiß kann noch mehr
Je niedriger dieser Zuckerwert, desto besser ist die Insulinempfindlichkeit - ein Effekt, der aber nicht nur für Diabetes-Patienten interessant ist: "Es gibt klare Hinweise, dass niedrige Glukose- und Insulinspiegel das Risiko von Entzündungen deutlich verringern", sagt Andreas Pfeiffer vom Potsdamer Dife, der sich mit ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten befasst und den medizinischen Teil der Studie leitet. "Auch das Risiko von Gefäßerkrankungen sinkt deutlich."
Für die Studie untersuchen die Mediziner zunächst den Gesundheitszustand sowie den Stoffwechsel der Probanden und teilen sie in zwei Gruppen ein. Beide müssen sich nach einem bestimmten Plan ernähren: Für die folgenden sechs Wochen erhalten sie jeweils Produkte wie Brot oder Nudeln, die 30 Prozent Eiweiß enthalten, und mit denen etwa 70 Prozent des täglichen Proteinbedarfs gedeckt werden sollen. Der Unterschied: Bei der ersten Gruppe sind die Nahrungsmittel mit Milcheiweiß angereichert, bei der zweiten sind die Produkte mit Erbsenproteinen versetzt, die eigens für die Studie entwickelt wurden: Um Blähungen zu vermeiden, zerstören die Forscher jene Bestandteile, die die lästigen Nebenerscheinungen auslösen.
Lieber heimische Erbsen als importiertes Soja
Zwar würden sich auch andere Hülsenfrüchte wie Sojabohnen oder Lupinen als Proteinquelle eignen. Doch Soja muss bisher importiert werden und war in letzter Zeit des öfteren wegen Spuren gentechnisch veränderter Pflanzen in Verruf geraten. Und Lupinen scheiden wegen möglicher allergischer Reaktionen aus. Für die Erbsen spricht zudem, dass sie zu den traditionellen Produkten in der deutschen Landwirtschaft zählen.
Die vorläufigen Ergebnisse sind nach Ansicht der Forscher bereits recht beeindruckend: In beiden Gruppen sinkt der HbA1c-Wert. Der Grund: Der hohe Eiweißgehalt in der Nahrung erhöht die Verweildauer im Magen. Dadurch sinkt der "Glyx"-Wert, also der glykämische Index, der den Blutzuckeranstieg im Blut nach dem Essen angibt. Je niedriger der Glyx, desto stärker sinkt auch ein wichtiger Entzündungsparameter, wie Forscher bereits zuvor in einer Studie herausgefunden hatten .
Ein weiteres vorläufiges Resultat: "Tatsächlich sehen wir schon Unterschiede zwischen den beiden Gruppen", sagt Pfeiffer. Noch wissen die Forscher allerdings nicht, welche Probanden das sind, denn die Studie ist verblindet. "Wir sind gespannt, ob sich der vermutete Vorteil des Erbsenproteins nachweisen lässt", sagt Pfeiffer.
Unabhängig von den noch ausstehenden Ergebnissen zeigt sich in der Studie bereits jetzt ein positiver Nebeneffekt: Die Probanden nehmen unfreiwillig ab. "Das wollten wir eigentlich gar nicht", sagt Pfeiffer.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen: Je niedriger der HbA1c, desto geringer ist die Insulinempfindlichkeit. Tatsächlich aber verbessert sich die Empfindlichkeit gegenüber Insulin. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
Ein Dossier über Diabetes Typ 2 finden Sie auf gesundheitsinformation.de .