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Mit Qigong Kraft tanken Dehn Deinen Meridian!

Für das sportliche neue Jahr testet Achim Achilles Trendsportarten, vom Rocky-Zirkel bis Crossfit. Beim Qigong will er nach einer aufreibenden Woche aus der inneren Ruhe Kraft schöpfen: für den Bewegungsfanatiker eine echte Herausforderung.

Was ist Qigong?

Qigong ist eine chinesische Bewegungskunst, die Übungen zur Konzentration und Meditation sowie Kampfsportelemente beinhaltet. Auch als Heilgymnastik und wichtiger Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin ist Qigong bekannt. Wörtlich übersetzt bedeutet Qi - auch Chi oder Ki genannt - Energie oder Atem. Gong (Gung gesprochen) heißt Arbeit oder Können. Ziel von Qigong ist also, die Lebensenergie zu balancieren und so zu kräftigen, man soll seine Mitte finden. Qigong ist der sanfte Bruder des kämpferischeren Tai-Chi (Schattenboxen). Nicht zu verwechseln mit Feng-Shui - das ist die harmonische Gestaltung der Lebens- und Wohnräume.

Wie funktioniert das?

Qigong zeichnet sich durch seine langsamen, bedächtigen Bewegungen aus. Es sieht aus wie eine Mischung aus Gymnastik, Meditation und Kampfsport - ausgeübt in Zeitlupentempo. Die Übungen tragen poetische Bezeichnungen wie "Der Kranich fliegt über das Wasser" oder Anleitungen wie "Das Nest suchen mit sieben Schritten". Durch die Atem- und Bewegungsformen soll das Qi in Fluss geraten und in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Denn Störungen im Meridiansystem führten zu Beschwerden und Krankheiten, meinen Qigong-Anhänger. Mit den täglichen Übungen stimuliert man das Flusssystem und die Akupunkturpunkte, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirken soll.

Warum sollte ich das machen?

Qigong ist Entschleunigung pur. Man konzentriert sich nur auf seinen Körper - darauf, das Qi wegzuschaufeln, in den Himmel zu blicken oder über das Meer zu fliegen, wie es in den Anleitungen heißt. Diese bildstarke Heilgymnastik schafft im Idealfall eine ruhige, zufriedene Geisteshaltung. Statt unnötig Energie zu verbrauchen, tankt man Kraft und speichert sie für den Alltag. "Qigong stärkt die Lebensenergie, verlängert das Leben und verhilft zu einer gesunden geistigen Verfassung", sagt die Berliner Qigonglehrerin Heike Prochazka.

Die Zeitlupenbewegungen sollen zudem die Selbstheilung bei chronischen Krankheiten positiv unterstützen. Gerade bei Stress, Asthma, Rücken- und Kopfschmerzen kann Qigong helfen.

Kann das jeder?

Qigong eignet sich hervorragend als Ausgleich zum Alltag. Auch und gerade für Menschen, sie sich nur eingeschränkt bewegen können, denn man kann es zum Beispiel im Sitzen praktizieren. Man braucht keinerlei Hilfsmittel und nur wenig Platz. Da man zwar an seinem Atem arbeitet, aber nie wirklich aus der Puste gerät, gibt es keine Altersbeschränkung. In Asien sind es oft ältere Menschen, die Qigong zum Erhalt ihrer geistigen Fähigkeit und körperlichen Flexibiliät ausüben. Dabei geht es nicht um Leistung oder Power, sondern um Vitalität, seelische und körperliche Ausgeglichenheit.

Risiken und Nebenwirkungen ?

Das Verletzungsrisiko liegt bei geschätzten null Prozent. Sich bei den Zeitlupenbewegungen eine Zerrung zu holen wäre schon eine Kunst. Das größte Risiko, das man bei Qigong eingeht, ist keinerlei Wirkung zu spüren und sich ob der Langsamkeit zu langweilen. "Meine Kursteilnehmer berichten eher von positiven Nebenwirkungen. Mehr Beweglichkeit, mehr Gelassenheit im Alltag, weniger oder keine Medikamente", sagt Heike Prochazka.

Die härteste Übung?

Das Loslassen, die Dinge geschehen lassen.

Was kostet das?

Qigongkurse werden häufig in Volkshochschulen, Fitness- oder Kampfsport-Studios angeboten. Ist der Qigong-Lehrer zertifiziert, beteiligen sich viele Kassen mit bis zu 80 Prozent an den Kosten.

Peinlichkeitsfaktor?

Eins vorweg: Qigong ist kein Sport zum Angeben. Man kann nicht mit Zeiten, Gewichten oder Kilometerzahlen prahlen. Und wer als Nichtasiate im Park den Kranich fliegen lässt, wird womöglich von anderen müde belächelt. Aber wen kümmert's? Wer konstant an seinem Qi arbeitet, steht bald gelassen über diesen oberflächlichen Lästereien.

Weitere Trendsportarten, die Achim Achilles bereits vorgestellt hat:

Cyclocross:Wenn Biker sich im Dreck suhlen

Boxen:Das perfekte Ganzkörpertraining

Kondition und Koordination: Der harte Rocky-Zirkel

Kraulen statt Brust: Achim schwimmt den Entenfuß

Berglauf: Harte Hügel gibt es auch in Berlin

Hocheffektives Training: Beim Crossfit gibt es keine halben Sachen

Text von Frank Joung
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