Achtsamkeit Entspannt im Hier und Jetzt

Achtsam beim Spaziergang im Park: Einfach mal ohne festes Ziel gehen und beobachten
Foto: CorbisKleiner Test: Wissen Sie noch, wie der Kaffee heute Morgen geschmeckt hat? Nein? Bei den meisten Menschen geht morgens schon der Autopilot an, sagt Achtsamkeitstrainer Günter Hudasch aus Berlin. Dadurch sind sie oft nicht bei dem, was gerade passiert. "Wenn sie unter der Dusche stehen, kochen sie in Gedanken Kaffee, wenn sie den Kaffee trinken, denken sie, 'Ich muss los', und so weiter", sagt der Vorsitzende des Verbandes der MBSR- und MBCT-Lehrer in Deutschland. Die beiden Abkürzungen stehen für verbreitete Trainingsprogramme für Achtsamkeit.
Hinzu komme das ständige Vergleichen mit anderen. "Wir sind immer am Checken", sagt Hudasch. "Der Kollege hat schon wieder ein neues Auto - wie kann der sich das bloß leisten?" Solche Vergleiche würden oft dazu führen, dass sich Menschen schlecht fühlen.
Achtsamkeit zielt darauf ab, mehr im Jetzt und Hier zu leben. Es geht darum, dem Moment mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu ist es wichtig, den inneren Autopiloten abzuschalten und das Gedankenkarussell zu stoppen. Ziel ist es, mehr Gelassenheit zu entwickeln, erklärt Hudasch.
Das kann im Alltag in vielen Situationen helfen - an der Supermarktkasse, im Stau oder an stressigen Tagen im Job. Ein typischer Fehler im Beruf: das Multitasking. Viele gehen im Büro ständig mehrere Dinge gleichzeitig an. Neben der Arbeit an der Präsentation checken sie E-Mails, telefonieren, surfen, besprechen Dinge mit Kollegen.
Niemand kann Multitasking
Dabei wissen Experten wie Dirk Windemuth längst: Weder Frauen noch Männer beherrschen das. "Unser Gehirn kann das nicht", sagt der Psychologe vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. "Tatsächlich strengt uns dieses Hin- und Herschalten enorm an - wir vergeuden Energie." Das führe zu Fehlern und zu Stress. Zum einen, weil man überfordert ist. Und auch deshalb, weil man immer wieder Fehler korrigieren muss - das koste letztlich mehr Zeit, als die Aufgaben nacheinander zu erledigen.
Achtsamkeitsübungen können dazu beitragen, sich solcher Dinge bewusst zu werden. Dazu ist es wichtig, einmal in sich hineinzuhorchen und hineinzuspüren. Das beginnt mit ganz einfachen Fragen: Was mache ich gerade? Wie mache ich es? Und wie fühle ich mich dabei?
Dieses Bewusstsein kann helfen, in stressigen Situationen souveräner zu reagieren. "Stress ist oft durch einen Tunnelblick gekennzeichnet", sagt Rüdiger Standhardt vom Giessener Forum, einem Ausbildungsinstitut für achtsamkeitsbasierte Verfahren. Wer dann innerlich einen Schritt zurücktritt, sieht womöglich, dass es noch andere Wege gibt, mit der Situation umzugehen.
Es helfe, erst einmal genau zu beobachten, was in solchen Situationen passiert, um sie besser zu verstehen. Wichtig dabei ist es, nicht zu bewerten. Damit ist keine Alles-egal-Haltung gemeint, sagt Hudasch. Es geht vielmehr darum, zum Beispiel einen Schweißausbruch abzutun, weil man sich dafür schämt. Das helfe, ein wenig Abstand zu bekommen. Und beim nächsten Mal womöglich weniger verkrampft zu reagieren.
In manchen Fällen raten Psychologen allerdings zur Vorsicht bei Achtsamkeitsübungen - für Schmerzkranke kann die Konzentration auf sich selbst etwa eine große Belastung darstellen. Oder sehr selbstkritische Menschen können in negative Gedankenmuster hineingeraten.