

Fotoporträts Woher hast du diese Narbe, Jane?
Als Highschool-Schülerin hatte Lucy einen Motorradunfall auf der Sydney Harbour Bridge. Sie brach sich ein Bein, musste sich wegen einer Infektion mehrmals operieren lassen. Von diesen Eingriffen erzählen heute noch viele Narben auf der Haut der mittlerweile 45-Jährigen.
Wie beeinflussen diese ihr Leben heute? Wie reagieren andere Menschen darauf? Der Fotograf Brock Elbank hat Menschen getroffen, die wegen eines Unfalls, eines körperlichen Angriffs oder einer Krankheit bleibende Narben haben. Mal sind sie klein, mal groß, bei manchen sind sie die meiste Zeit unter Kleidung versteckt, bei anderen jederzeit sichtbar.

Fotoprojekt: "Meine Narben haben mich nie daran gehindert, ein erfülltes Leben zu führen"
Elbank war schon lange fasziniert von Narben, sie würden von einem Moment oder einer Phase im Leben einer Person erzählen. Diese Menschen hätten oft etwas erlebt, was nur wenige nachempfinden können. "Ihre Narben sind für mich eine Trophäe, dass sie eine Herausforderung überwunden haben", sagt er. "Sie können eine Inspiration sein für andere in einer ähnlichen Situation."
Vor sechs Jahren stieß der Fotograf zufällig auf Margaret, die mit 24 Jahren an Brustkrebs erkrankte und der beide Brüste amputiert und rekonstruiert wurden. Sie war die erste Person, die er für seine Serie "Scars" ablichtete. Mit ihren Erlebnissen geht die junge Frau heute sehr offen um und versucht, andere mit ihren Erfahrungen zu unterstützen. "Meine Narben stehen für den Kampf, den ich geführt habe, aber sie definieren nicht, wer ich bin. Ich trage sie jetzt mit Stolz", sagt sie.
Elbank zeigt die Männer, Frauen und Kinder unbekleidet - je nach Lage der Narbe ausschnitthaft oder als Ganzkörperfoto. Sie alle geben ihre verletzte Stelle preis, erzählen, wie es dazu kam und welche Folgen damit verbunden sind. Besonders unansehnliche und auffällige Narben können sich bei manchen auf das Wohlbefinden auswirken, sie fühlen sich weniger attraktiv, sind unsicher oder schämen sich. Die Porträtierten erzählen, welche Auswirkung die Narben auf ihre Emotionen und ihre Verhaltensweisen hatten und wie sie gelernt haben, damit umzugehen.
Wegen eines bösartigen Tumors in der Unterlippe musste Adele diese komplett entfernen und wieder aufbauen lassen. Ihr Alltag ist dadurch sehr beeinflusst, sie kann beispielsweise beim Essen und Schlafen ihren Mund nicht schließen. Damit anderen ihre Narbe weniger auffällt, benutzt sie täglich Make-up. Oft wird sie darauf angesprochen, manchmal erzählt sie ihre Geschichte, an anderen Tagen sagt sie, dass die anderen das nichts angehe - je nach Stimmung.
Bei dem 26-jährigen Ivan wurde ein Tumor im Kopf entdeckt, der sich als gutartig herausstellte. Viele Leute interessieren sich für die Ursache seiner Narbe, er habe aber kein Problem damit, darüber zu sprechen. Wegen einer Nierenerkrankung erhielt die 23-jährige Tara Spenderorgane von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter. Da die Narbe die meiste Zeit unter ihrer Kleidung versteckt ist, wissen viele nichts von ihr. "Ich habe ein wenig Haut gegen ein Leben voller Abenteuer, Berge, Klettern, Reisen eingetauscht. Was für ein geringer Preis", sagt sie.
Suzan, 36, lag nach einem Autounfall zwei Wochen im Koma, sie musste im Gesicht und am Arm mehrmals operiert werden, bekam Prothesen und Implantate. Die meisten würden zögern, sie direkt darauf anzusprechen, ihr sei es lieber, wenn sie es tun. Die größte Herausforderung für die Frau war zu akzeptieren, dass sich die Form und der Ausdruck ihres Gesicht durch den Unfall verändert haben. "Das hat nichts damit zu tun, hübsch zu sein oder nicht, sondern eher mit der eigenen Identität."
Innerhalb von vier Monaten hat Elbank 17 Menschen getroffen - in Australien, Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Venezuela, den USA, Italien und Großbritannien. In den nächsten zwei Jahren will er Dutzende weitere Männer, Frauen und Kinder porträtieren. Betroffene können sich per Mail bei ihm melden unter scars@mrelbank.com.