Impfen Wie skeptische Eltern ihre Meinung ändern

In Deutschland und in den USA treten wieder vermehrt Masernfälle auf. Einige Eltern scheuen davor zurück, ihre Kinder zu impfen, weil sie Nebenwirkungen fürchten. Was kann sie umstimmen?
Kind mit Masern: Die Krankheit kann schwere Komplikationen mit sich bringen

Kind mit Masern: Die Krankheit kann schwere Komplikationen mit sich bringen

Foto: Corbis

"Wir verbrachten drei Tage im Krankenhaus, in der Angst, unseren kleinen Jungen zu verlieren. Er konnte nicht essen oder trinken und musste intravenös ernährt werden. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde er es nicht schaffen." Megan Campell, die Mutter eines zehn Monate alten Kindes, schildert hier, wie ihr Sohn eine lebensbedrohliche Masern-Infektion überstand.

Seit Herbst 2014 erkrankten in Berlin 1355 Menschen an den Masern. Ein Kleinkind starb infolge der Infektion. Auch in den USA, wo die Krankheit schon als ausgerottet galt, gab es mehrere Ausbrüche, im Frühjahr starb eine Frau an den Folgen der Masern. Die Mehrheit der Erkrankten war nicht geimpft.

Vermehrt verzichten Eltern auf diesen Schutz für ihre Kinder, meist aus Sorge, dass die Impfung schaden könnte. Ändern die besorgten Erwachsenen ihre Meinung, wenn sie hören, wie gefährlich die Krankheit für ein Kind sein kann? Laut einer im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences"  veröffentlichten Studie ist das ein guter Ansatz.

Die Psychologen um Zachary Horne und Derek Powell von der University of Illinois at Urbana-Champaign (US-Bundesstaat Illinois) befragten 315 Menschen online zu ihrer Einstellung zum Impfen. Anschließend erhielten die Befragten eines von drei möglichen Informationspaketen:

  • Den Bericht von Megan Campell, Fotos von Kindern, die an Mumps, Masern oder Röteln erkrankt sind, sowie drei kurze Hinweise dazu, wie wichtig es ist, dass Eltern ihre Kinder impfen lassen.
  • Informationen der US-Seuchenschutzbehörde CDC darüber, dass viele neue Studien belegen, dass Impfungen nicht das Autismus-Risiko erhöhen.
  • Ein Infoblatt übers Füttern von Vögeln - als Kontrolle, die bewusst nichts mit dem Thema Impfen zu tun hat.

Am folgenden Tag wurden die Teilnehmer erneut online über ihre Haltung zum Impfen befragt.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Das Ergebnis: Das Traktat zur Vogelfütterung änderte wie erwartet nichts an der Einstellung. Doch auch die Informationen zur Sicherheit des Impfstoffs von der CDC überzeugten die Skeptiker nicht: Ihre ablehnende Haltung blieb gleich. Frühere Studien deuten sogar darauf hin, dass sich die Skepsis durch solche aufklärenden Materialien noch verstärken kann. Psychologen sprechen von Confirmation Bias, auch bekannt als Bestätigungsfehler: Menschen ordnen Informationen so ein, dass sie zu ihrer bestehenden Meinung passen. Widersprechende Informationen werden ausgeblendet oder als unglaubwürdig abgetan. Was ins eigene Weltbild passt, wird dagegen bereitwillig akzeptiert.

Im Experiment änderte sich die Einstellung der Befragten aber, nachdem sie den Erfahrungsbericht der Mutter gelesen hatten. "Eltern, die Impfungen skeptisch gegenüber stehen, sorgen sich um das Wohl ihrer Kinder", sagt Powell. "Sie wollen, dass ihre Kinder gesund sind. Das wollen auch die Ärzte. Anstatt ihre falsche Vorstellung zu bekämpfen, erinnert man sie besser daran, warum Impfungen die beste Möglichkeit sind, ihre Kinder zu schützen."

wbr
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