Bei Verdacht auf Essstörungen Wie Familie und Freunde helfen können

Während gesunde Menschen ihr Selbstwertgefühl aus verschiedenen Lebensbereichen ziehen, ist das etwa bei Magersüchtigen anders: "Gewicht und Figur sind die einzigen Dinge, die noch etwas zählen", sagt Beate Herpertz-Dahlmann, Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters an der Uniklinik Aachen. "Medien spielen dabei eine wichtige Rolle." Das Fernsehen etwa präsentiere Schönheitsideale, online werde gewetteifert: Die Dünnsten bekämen den meisten Beifall.
Magersucht, auch Anorexie genannt, trifft vor allem junge Frauen zwischen 14 und 18 Jahren, Bulimie eher Frauen ab etwa 17 Jahren bis Mitte 20. Auch Männer und männliche Jugendliche erkranken daran, allerdings seltener. Die Binge-Eating-Störung tritt meist im frühen Erwachsenenalter oder um die Lebensmitte auf - sie scheint bei Männern die häufigste Essstörung zu sein.
Unterstützung anbieten
Wer bei seinem Kind oder bei einer Freundin Anzeichen für eine Essstörung bemerkt, sollte seine Sorge unbedingt einfühlsam ansprechen, sagt Herpertz-Dahlmann.
Magersüchtige beschäftigten sich meist intensiv mit den Themen Essen und Gewicht. Sie wiegen sich oft, kochen für andere - essen aber selbst meist nur kalorienarme, gesunde Speisen oder lassen Mahlzeiten komplett ausfallen. So magern sie immer weiter ab.Bulimie ist für Außenstehende schwerer zu erkennen. Betroffene sind oft normalgewichtig. In Gesellschaft essen sie oft zurückhaltend. Einige treiben sehr viel Sport, halten oft Diät oder fasten, um das Gewicht zu halten. Die Essanfälle, die die Essstörung kennzeichnen, passieren im Geheimen, ebenso wie das oft darauf folgende Erbrechen. Eltern oder Mitbewohner bemerken vielleicht, dass immer wieder Lebensmittel aus dem Kühlschrank verschwinden. Oder es fällt auf, dass Betroffene nach kalorienreicherem Essen immer sofort auf der Toilette verschwinden.Enorme Mengen an Essen verschlingen auch Menschen, die an Binge Eating leiden, sie übergeben sich jedoch danach nicht, nehmen keine Abführmittel oder steuern anders gegen. Viele, aber nicht alle, werden deshalb übergewichtig. Sie erleben einen Kontrollverlust während ihrer Essanfälle, aus Scham essen auch sie meist heimlich.
"Für Freundinnen, Freunde und Angehörige gilt: Versuchen Sie nicht, die Betroffenen zu therapieren, sondern bieten Sie Ihre Unterstützung an", schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Sie empfiehlt, auf einen frühzeitigen Besuch bei einem Arzt, Psychologen oder einer Beratungsstelle hinzuwirken. Von Druck oder Zwang rät die BzGA ab, stattdessen sollten Angehörige und Freunde versuchen, die Eigenmotivation durch Vorschläge zu fördern.
Allgemein gelte: "Wer helfen will, muss zuerst Vertrauen aufbauen!" (Mehr Informationen finden Sie in der Broschüre "Essstörungen - Leitfaden für Eltern, Angehörige und Lehrkräfte".)
Mögliche professionelle Ansprechpartner sind der Kinder- und Jugendarzt oder -psychiater, der Hausarzt oder ein Psychotherapeut. Eine Anlaufstelle kann auch die BZgA sein: Unter der Rufnummer 0221/89 20 31 wird eine anonyme Beratung angeboten. Weitere Möglichkeiten sind Spezialambulanzen oder Beratungsstellen für Essstörungen.
Die Heilungsraten seien heute deutlich besser als noch vor 15 Jahren: "Die Therapien sind besser geworden", sagt Beate Herpertz-Dahlmann. Sie sollen Kranke nicht nur auf ein gesundes Gewicht bringen, sondern auch psychische Ursachen aufarbeiten.