Bei Verdacht auf Kindesmisshandlung Arzt darf Schweigepflicht brechen

Ein Arzt sieht Anzeichen für Misshandlung bei einem Kleinkind, er schaltet die Behörden ein. Der Verdacht bestätigt sich nicht, die Eltern klagen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Hat der Mediziner richtig gehandelt?
Verdachtsfall in der Notaufnahme: Ärzte können die Ermittlungsbehörden informieren

Verdachtsfall in der Notaufnahme: Ärzte können die Ermittlungsbehörden informieren

Foto: Federico Gambarini/ dpa

Berlin - Ärzte dürfen beim Verdacht von Kindesmisshandlung ihre Schweigepflicht brechen. Das berichten die "Neue Juristische Wochenschrift" (Heft 9/2014) sowie das "Deutsche Ärzteblatt" unter Berufung auf ein Urteil des Kammergerichts Berlin. Nach Meinung der Richter gilt dies auch dann, wenn sich der Verdacht später als unbegründet herausstellt. Denn es sei nicht Sache der Ärzte, zu ermitteln, ob der Verdacht zutrifft oder nicht (Az.: 20 U 19/12 ).

Das Gericht wies mit seinem Urteil die Schadensersatz- und Schmerzensgeldklage eines Elternpaares gegen einen Krankenhausarzt ab. Bei der Untersuchung eines Kleinkindes sah der Arzt typische Anzeichen einer Kindesmisshandlung. Das Kind war mit einem Krampfanfall in die Notaufnahme eingeliefert worden, berichtet das "Ärzteblatt" . Bei ihm hätten typische Verletzungen für ein Schütteltrauma vorgelegen.

Der Arzt schaltete daraufhin die Ermittlungsbehörden ein, die Eltern wurden vorläufig festgenommen. Der Verdacht bestätigte sich im Laufe der Ermittlungen nicht.

Gleichwohl sah das Kammergericht für die Forderung der Eltern keine Rechtsgrundlage. Der Arzt habe sich korrekt verhalten. Sobald die festgestellten Verletzungen typischerweise zu einer Kindesmisshandlung passten, könne sich ein Arzt für die Verletzung seiner Schweigepflicht auf einen sogenannten rechtfertigenden Notstand berufen.

wbr/dpa

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