Schwangerschaft Warum werdende Väter Babybäuche bekommen

Auf dem Weg zur Kugel: Viele Männer nehmen mit ihrer schwangeren Frau zu, einige leiden sogar unter Morgenübelkeit
Foto: CorbisTrifft man eine Schwangere mit Partner, fragt man sich manchmal: Ach, es werden Zwillinge? Denn sein Bauch scheint im gleichen Umfang zu wachsen wie ihrer. Nach kurzer Irritation wird einem klar, dass in seiner Kugel wohl kein Kind gedeiht, sondern, ja was eigentlich?
Indische Hühnchengerichte vielleicht, so wie bei einem werdenden Vater, der an einer britischen Studie teilnahm. "Ich hatte ständig Hunger, vor allem auf Chicken Korma und Papadam", erzählte der Mann den Forschern. "Selbst in den frühen Morgenstunden bin ich aufgestanden, um mir das Gericht zu kochen."
Die Studie der Psychologen um Arthur Brennan von der University of London bestätigt, was Wissenschaftler und Eltern schon lange vermuten: Männer erleben Parallelschwangerschaften. In der Untersuchung klagten viele der künftigen Väter über typische Symptome wie Übelkeit am Morgen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und eben Heißhunger-Attacken. Einige von ihnen setzten während der Schwangerschaften ihrer Partnerinnen tatsächlich selbst Babybäuche an. Und ein Mann erzählte den Forschern, er habe während der Geburt seines Kindes selbst in den Wehen gelegen - seine Schmerzen seien sogar schlimmer gewesen als die seiner Partnerin.

Blick in den Bauch: Daumenlutschen in 3D
"Der Bauch wächst gewissermaßen aus Neid"
Couvade-Syndrom nennen Wissenschaftler das Phänomen, vom französischen "couver", ausbrüten. Unklar ist, warum viele Männer so körperlich mit ihren Frauen mitfühlen. Psychoanalytiker spekulieren, den Männern sei das Phänomen Schwangerschaft dermaßen suspekt, dass sie es nur begreifen können, indem sie sich voll und ganz in den Körper der Frau hineinversetzen. Sozialpsychologen vermuten, dass werdende Väter verunsichert sind und sich vernachlässigt fühlen, während schwangere Frauen eine klar definierte gesellschaftliche Rolle haben und viel Aufmerksamkeit bekommen - der Bauch wächst also gewissermaßen aus Neid.
Bei Weißbüschelaffen ist die Wissenschaft schon weiter: Auch die Tiermännchen bekommen Babybäuche, wenn sie Väter werden. Und zwar schon bevor die Bäuche ihrer Weibchen wachsen, wie Toni Ziegler vom Wisconsin National Primate Research Center und Kollegen in einer Studie zeigten. Sie essen also nicht aus Empathie mit ihren Weibchen regelmäßig Extraportionen, sondern ihr Stoffwechsel verändert sich offenbar so, dass sie zunehmen. Tatsächlich passt sich der Hormonhaushalt bei vielen Affenmännchen dem der Weibchen an. Das könnte an Pheromonen liegen, vermuten die Forscher: Dem trächtigen Weibchen entweichen möglicherweise Signalstoffe, die über die Luft oder über Körperflüssigkeiten in den Organismus des Männchens gelangen.
Auch bei Männern verändert sich der Hormonhaushalt, wenn ihre Frauen schwanger sind. Ob dies womöglich auch von biochemischen Signalstoffen gesteuert wird, ist allerdings unklar. Und damit auch, ob die Entwicklung von Babybäuchen für Männer ansteckend ist. Die körperliche Parallelentwicklung endet übrigens oft nach der Geburt - der väterliche Babybauch bleibt. Ein Trost: Erste Hebammen bieten Rückbildungsgymnastik für Männer an.