Familienfieber So schützen sich Eltern vor Kita-Viren

Alle krank: Ein paar einfache Tipps helfen, damit nicht alle Erreger nach den Kindern auch die Eltern befallen
Foto: CorbisAm Morgen begrüßt mich ein Aushang im Kindergarten, den ich als berufstätige Mutter schrecklich fürchte: "Liebe Eltern, zurzeit akut im Umlauf: ansteckende Bindehautentzündung, Magen-Darm-Infekt und fieberhafte Infekte."
Es gab Zeiten, in denen mir der Aushang der aktuell grassierenden Krankheiten an der Kindergarten-Pinnwand nicht nur eine bloße Warnung war. Es war ein Manifest, eine präzise Vorhersage unserer nahen Zukunft. Meine Söhne nahmen alles mit, was sie kriegen konnten: Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündung, Pseudo-Krupp.
Ich bin nicht Mutter geworden, sondern Krankenschwester, hatte ich dann immer das Gefühl. Und oft lag ich nach den Wochen der Wadenwickelei, des Tröstens, des Heiße-Milch-mit-Honig-Kochens selbst flach. Die Krankheiten wurden in der Familie einfach weitergereicht, ein Staffellauf der Rotznasen. War ein Infekt überstanden, brachten die Kinder schon den nächsten aus dem Kindergarten mit.
Zehn Infekte pro Jahr sind bei Vorschulkindern normal
"Das Immunsystem der Kinder ist beim Kindergarten-Einstieg noch unreif. Je jünger das Kind, desto anfälliger ist es für die Keime, die sich in einer Einrichtung mit vielen Kindern sammeln", sagt Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Das Immunsystem trainiert noch, erst allmählich entwickelt das Kind Antikörper. "Im Schulalter ist die große Krankheitswelle üblicherweise vorbei." Für die Kinder und ihr Immungedächtnis sei es wichtig, dass sie diese Krankheiten durchmachen.
Zehn bis zwölf Infektionen pro Jahr gelten für Kinder im Vorschulalter als normal. Zehn Tage pro Jahr können sich gesetzlich versicherte Eltern zur Betreuung ihres kranken Kindes "krankschreiben" lassen. Und dann? Trifft es uns selbst. Noch nie war ich so oft krank wie in den ersten Kita-Jahren unserer Kinder.
Stress und Schlafmangel machen Eltern eher krank
"Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Abwehrbereitschaft des elterlichen Körpers und Schlafmangel oder Stress. Die Abwehrkräfte werden dadurch geschwächt", sagt Ferdinand Gerlach, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).
Kinder bringen andere und neue Viren mit nach Hause, denen Eltern im Büro nicht unbedingt ausgesetzt sind. Hinzu kommt, dass wir mit unseren Kindern natürlich enger zusammen sind als mit unseren Arbeitskollegen und dadurch die Übertragungswahrscheinlichkeit viel höher ist.
Anhusten, Anniesen oder Körperkontakt sorgen für die Weitergabe der Infekte. "Regeln Nummer eins, zwei und drei müssen also lauten: Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen", sagt Gerlach, der Professor für Allgemeinmedizin an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Das gelte für Kinder wie für Eltern gleichermaßen. Auch wenn wir nicht jeden Infekt vermeiden können, so können wir uns doch vor einigen schützen.
So schützen Sie sich als Eltern vor Kita-Viren
- Waschen Sie sich regelmäßig mit Wasser und Seife für 15 bis 20 Sekunden gründlich die Hände (wie das geht, zeigt dieses Video )
- Benutzen Sie Taschentücher, Zahnbürsten oder Schnupfensprays nicht gemeinsam
- Berühren sie so wenig wie mögliche Ihre Augen, Nase und Mund mit den eigenen Händen
- Halten Sie Abstand von hustenden oder niesenden Menschen
- Schlafen Sie ausreichend!
- Vermeiden Sie Stress, Alkohol und Nikotin
- Lüften Sie viel (drei- bis viermal täglich Stoßlüftung von 5 bis 10 Minuten)
- Vermeiden Sie Händeschütteln und Umarmungen zur Begrüßung
- Sorgen Sie im Winter für eine nächtliche Luftbefeuchtung gegen das Austrocknen der Schleimhäute durch trockene Heizungsluft
- Bewegen Sie sich dreimal wöchentlich bis zum Schwitzen (Ausdauersport). Kalt-warm-Duschen und regelmäßige Saunagänge stärken Ihre Immunabwehr
- Wenn Sie über 60 Jahre alt oder chronisch krank sind, kann eine Impfung gegen Influenza ("Grippeimpfung") und gegen Pneumokokken sinnvoll sein
Maßnahmen für Kinder:
Kinder können durch Lebendimpfungen vor klassischen Viruserkrankungen wie Masern, Windpocken, Mumps, Röteln, Rota-Virusinfektionen und Influenza geschützt werden, die meisten banalen Virusinfektionen im Vorschulalter werden aber durch Viren ausgelöst, gegen die es keine Impfstoffe gibt. Diese, durch zur Gruppe der Rhinoviren gehörenden Erregern ausgelösten Erkrankungen sind ein wichtiges Training für das kindliche Immunsystem. Zehn bis zwölf Infektionen, die teilweise auch mit erhöhten Temperaturen und sogar Fieber einhergehen, sind im Vorschulalter normal und heilen normalerweise nach acht bis zehn Tagen aus.
Maßnahmen in der Kita:
Es sollte ausreichende Waschmöglichkeiten für Hände und Gesicht sowie nach Möglichkeit Einmalhandtücher geben. Normale Seife ist ausreichend, Desinfektionsmittel sind nur nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt erforderlich, wenn in einer Kita besondere Infektionen aufgetreten sind. Alle Kinder sollten täglich wenigstens 30 Minuten an die frische Luft.
Wenn es doch zu einem Infekt kommt:
In der Regel handelt es sich bei den Kindergarten-Infekten um harmlose Erkrankungen, die mit Fieber oder Mattheit einhergehen und vom eigenen Immunsystem abgewehrt werden können. In diesen Fällen sind keine Antibiotika nötig, denn diese helfen nur gegen Bakterien, während die üblichen Kindergarten-Erkrankungen zum größten Teil durch Viren verursacht werden. Während der Erkrankung sollten Kinder wie Erwachsene möglichst viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen und erst wieder arbeiten oder in den Kindergarten gehen, wenn das Fieber bereits zwei bis drei Tage lang abgeklungen ist.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, berufstätige Eltern könnten sich zehn Tage pro Jahr zur Betreuung ihrer kranken Kinder krankschreiben lassen. Richtig ist aber, dass diese Regelung nur für gesetzlich Versicherte gilt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.