
Gefahr für Kleinkinder: Schadstoffe im Holzspielzeug
Stiftung Warentest Prüfer stellen Holzspielzeug schlechtes Zeugnis aus
Die Stiftung Warentest stellt Holzspielzeug ein denkbar schlechtes Zeugnis aus: Von 30 getesteten Produkten für Kinder unter drei Jahren wurden sieben mit "mangelhaft" und neun mit "ausreichend" bewertet. "Mehr als die Hälfte der geprüften Spielzeuge enthält Schadstoffe, von denen eine Gesundheitsgefährdung ausgehen kann", sagte Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. "Wir fanden Stoffe, die Krebs erzeugen, das Erbgut verändern sowie die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen können."
Die Tester hatten Greifspielzeuge und Wagenketten, Bauklötze, Puzzles, Holzfahrzeuge und Schiebe- und Nachziehspielzeug 2.000 einzelnen Prüfungen unterzogen, pro Spielzeug im Schnitt 65 Einzeltests. Sowohl Markenprodukte von Haba, Brio, Ravensburg, Eichhorn, Selecta, Heros und Ostheimer waren dabei als auch Spielsachen von Ikea, Karstadt, Spiele Max und Toys R Us.
Lutschen, kauen, klopfen, reißen, werfen: Kleinkinder machen mit ihrem Spielzeug oft alles andere als spielen, es sollte daher vor allem robust und frei von Schadstoffen sein. Holzspielzeug genießt den Ruf, naturnah und unbelastet zu sein, im Gegensatz zu industriell gefertigten Kunststoffprodukten, die eher als verdächtig gelten.
Die Kriterien der Tester: Das Spielzeug musste zum einen sicher und mechanisch stabil sein, weil es immer wieder vorkommt, dass Kinder Kleinteile verschlucken - und das kann tödlich enden. Zum anderen suchten die Prüfer nach gefährlichen Schadstoffen, die Eltern beim Kauf weder sehen noch riechen können.
Made in Germany kein Qualitätssiegel
Stiftung Warentest hatte bereits 2010 und 2011 Holzspielzeuge auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit getestet. Das Ergebnis: Keines der Holzspielzeuge war schadstofffrei. Die Prüfer fanden Flammschutzmittel, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Formaldehyd - Substanzen, die unter Verdacht stehen, krebserregend zu sein.
"Das Testergebnis ist wieder sehr schlecht", fasst Primus die Resultate des aktuellen Tests zusammen. "Auch 'Made in Germany' bietet keine Garantie für sicheres Spielzeug. Zwei der sieben 'mangelhaften' Produkte wurden in Deutschland hergestellt, vier 'mangelhafte' in China."
Drei Produkte mussten sogar der Marktaufsicht gemeldet werden, weil sie nicht verkehrsfähig waren und nicht verkauft werden dürften: Die Wagenkette Clown und das Motorikspiel Teich von Hess (bei beiden Produkten könnten Kinder Kleinteile verschlucken) und der Schiebefrosch von New Classic Toys, weil er in der EU verbotenes und krebserzeugendes Benzidin enthält.
In vier Spielzeugen fanden die Tester außerdem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die sich mitunter in Weichmachern befinden und Krebs auslösen können oder unter dem Verdacht stehen, Krebs auszulösen.
Neben den sieben als "mangelhaft" bewerteten Spielzeugen (fast ein Viertel aller getesteten Produkte) stuften die Tester weitere neun als nur "ausreichend" ein. Auch darin befanden sich schädliche Chemikalien wie Formaldehyd, Blei oder nitrosierbare Stoffe.
Acht "gute" und sechs "befriedigende" Spielsachen
Insgesamt acht Produkte erhielten die Note "gut", darunter das Greifspielzeug Tut-Tut von Haba, das Magnetic Boat von Brio, ein Elefantenpuzzle von Spiele Max und Holzbausteine von Heros. In keinem der Produkte konnten die Prüfer Schadstoffe finden. Sechs weitere Spielsachen wurden als "befriedigend" bewertet.
Vorstand Primus forderte aufgrund der schlechten Ergebnisse Anbieter, Marktaufsicht und Politik zu einer besseren Qualitätskontrolle auf: "Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass gerade Spielzeug die geltenden rechtlichen Anforderungen einhält." Die Anzahl und die Tiefe der Kontrollen seien ganz offensichtlich derzeit nicht ausreichend. "Die Politik müsse sich dafür einsetzen, dass die seit Juli 2013 geltenden neuen Anforderungen der EU-Spielzeugrichtlinie weiter verschärft werden.
Die Anforderungen für chemische Schadstoffe in Spielzeugen sind seit Juli 2013 in der EU-Richtlinie 2009/48/EG verankert. Bis dato galt in Deutschland die Richtlinie 88/378/EWG. In der neuen EU-Richtlinie zur Sicherheit von Spielzeug wurden die Regelungen für chemische Schadstoffe und die Kontrollpflicht der Hersteller verschärft.
Gemäß der EU-weiten REACH-Verordnung sind Hersteller seit 2007 bei "besonders besorgniserregenden" Stoffen dazu verpflichtet, Auskunft über die Verwendung in ihren Produkten zu geben. Verbraucher können ihre Anfragen direkt beim Hersteller per Post, Telefon oder E-Mail stellen oder aber das Online-Formular von BUND und Umweltbundesamt nutzen. Die Hersteller müssen reagieren. Um welche Schadstoffe es sich dabei handelt, kann auf der REACH-Kandidatenliste eingesehen werden. Derzeit sind dort 144 Substanzen gelistet.