
Kinder mit Downsyndrom und ihre Mütter: "Durch ihn bin ich gewachsen"
Porträts zum Welt-Downsyndrom-Tag Wunschkinder
Erst drei Tage nach der Geburt erfuhren Sandra und ihr Partner, dass ihr Sohn Raphael Trisomie 21 hat. Die Diagnose war ein Schock. Es folgte eine anstrengende Zeit: Weil das Baby Löcher im Herzen hatte, musste die Familie die ersten Wochen im Krankenhaus verbringen. Mutter und Sohn haben heute eine innige Beziehung - davon erzählt auch das Porträt, das die Fotografin Snezhana von Büdingen von den beiden aufgenommen hat.
Die 35-jährige Büdingen lernte bei einem Fotoshooting eine Frau und ihren Sohn mit Downsyndrom kennen und war fasziniert von deren Verbindung. Sie beschloss, weitere Mutter-Kind-Paare zu finden und startete in Facebook-Gruppen Aufrufe. Die Resonanz war groß: Vielen sei es ein Anliegen, das Thema öffentlich präsenter zu machen und Vorurteile abzubauen, sagt Büdingen.
Durch verschiedene Untersuchungen können Eltern oft schon vor der Geburt erfahren, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ihr ungeborenes Baby das Downsyndrom hat. Nicht alle Mütter, die Büdingen porträtiert hat, haben von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Manche, weil sie nicht mit der Diagnose gerechnet haben. Andere, weil sie das Baby ohnehin nicht abgetrieben hätten.
Und dann gibt es noch Menschen wie die Hotelfachfrau Anja und ihren Mann, die sich auf besondere Weise für ihre Tochter Silke entschieden haben: Weil die leibliche Mutter Silke nicht behalten wollte, hat das Paar das Kind adoptiert.
Das jüngste Kind, das Büdingen fotografiert hat, war erst ein paar Monate alt, das älteste 20 Jahre. Die Mütter berichten in der Bildergalerie von den individuellen Herausforderungen des Alltags mit ihren Söhnen und Töchtern: Viele müssen permanent Ärzte konsultieren und Therapien machen, die Partnerschaft der Eltern wird bei manchen belastet, oder es werden Geschwisterkinder vernachlässigt.

Kinder mit Downsyndrom und ihre Mütter: "Durch ihn bin ich gewachsen"
Ursula etwa fühlt sich alleingelassen mit der Förderung ihrer Tochter, sie ist nicht zufrieden damit, wie Inklusion in Deutschland derzeit umgesetzt wird. Die größte Schwierigkeit für Sandra wiederum stellt die Auseinandersetzung mit Behörden oder der Krankenkasse dar. Sylvana bleibt keine Zeit mehr für Hobbys, soziale Kontakte oder ihre Karriere. Ihr Sohn braucht ständige Betreuung, denn neben dem Downsyndrom wurde bei ihm auch frühkindlicher Autismus diagnostiziert.
Neben all den Schwierigkeiten, denen die Frauen begegnen, berichten sie von der großen Liebe zu ihren Kindern. So schätzt Stefanie vor allem die Unbeschwertheit ihrer Tochter Christina: "Es stört sie nicht, was andere Menschen denken. Wenn sie tanzen möchte, dann tanzt sie hier und jetzt." Calli hat von ihrem Sohn Cengiz gelernt, ihre perfektionistische und kontrollierte Art aufzugeben. Und Nicole sagt über ihren siebenjährigen Sohn Gabriel: "Durch ihn bin ich gewachsen, und ich könnte mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen."
Büdingen lud die Mütter mit ihren Kindern aus verschiedenen Teilen Deutschlands ins Fotostudio ein. Die Frauen bat sie, sich ähnlich wie ihre Kinder zu kleiden, um sie visuell verschmelzen zu lassen. Bewusst lichtete die Fotografin alle vor einem neutralen Hintergrund ab. Der Fokus sollte auf den Emotionen der Paare liegen und nicht etwa auf der Einrichtung einer Wohnung.
Die einzelnen Shootings dauerten zwischen 40 Minuten und zwei Stunden. Währenddessen gab Büdingen keine Anweisungen, ließ die Paare natürlich miteinander interagieren. Manchmal blickte einer in die Kamera, mal guckten sie sich an, lachten gemeinsam, kuschelten oder umarmten sich. Was aus jedem Foto spricht, ist eine große Zuneigung der Mütter zu ihren Kindern. Sandra sagt: "Raphael ist ein absolutes Wunschkind und somit ist seine Behinderung, was die Liebe zu ihm angeht, nicht von Bedeutung."
Im Video: Keyboarder Philip - Ein Leben für die Musik