Bericht im »Observer« Befürworter von Abnehmspritze sollen Geld vom Hersteller bekommen haben

Packung mit Wegovy: Das Medikament ist in der EU nur für stark übergewichtige Patienten zugelassen
Foto: Novo Nordisk / AP / dpaZu den Unterstützern in den USA gehören Prominente wie Elon Musk und Kim Kardashian, doch auch Expertinnen und Experten sprechen sich für das Medikament Wegovy aus, das – verabreicht als Spritze – bei der Gewichtskontrolle helfen soll.
Laut der Zeitung »Observer« haben allerdings mehrere britische Experten, die Wegovy öffentlich lobten, Geld vom Hersteller erhalten. Die Rede ist von einer »orchestrierten PR-Kampagne«. Demnach soll der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk, der das Mittel vertreibt, umgerechnet knapp 24,5 Millionen Euro an Gesundheitsorganisationen und Fachleute gezahlt haben.
Wegovy ahmt die Wirkung des sogenannten Peptidhormons GLP-1 nach, das unter anderem die Ausschüttung von Insulin reguliert, den Appetit verringert und dadurch die Aufnahme von Kalorien reduziert. Das Mittel muss einmal pro Woche injiziert werden.
Zahlungen sollen nicht gegen Regeln verstoßen
In einigen Fällen sollen Fachleute, die Wegovy öffentlich lobten, verschwiegen haben, finanziell von Novo Nordisk unterstützt worden zu sein. Eigentlich ist es in der Forschung üblich, solche Interessenkonflikte offenzulegen. Einer der betroffenen Experten soll auch das britische National Institute for Health and Care Excellence, kurz Nice, beraten haben, das in Großbritannien etwa Richtlinien für die Verwendung neuer Medikamente veröffentlicht.
Zu den etwa 3500 Zahlungen aus den Jahren 2019 bis 2021 gehören demnach Spenden, Sponsoring von Events und andere Zuschüsse. Es gebe keine Hinweise, dass die Zahlungen gegen Regeln verstoßen haben, berichtet »Observer«.
Das Unternehmen Novo Nordisk teilte mit, es sei einer transparenten und ethischen Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern verpflichtet und halte sich an die strengen regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Andeutungen, Novo Nordisk habe außerhalb von Ethik oder Rechtsnormen gehandelt, seien unbegründet und irreführend.
Für wen Wegovy gedacht ist
Allerdings läuft gegen den Konzern ein Untersuchungsverfahren der britischen Pharmaaufsicht wegen Online-Seminaren für ein anderes Medikament, das beim Abnehmen helfen soll. Demnach wird Novo Nordisk vorgeworfen, mit »verschleierten Werbekampagnen« sieben Mal gegen den Branchenkodex verstoßen haben.
Wegovy ist seit vergangenem Jahr auch in der EU für die langfristige Gewichtskontrolle zugelassen. Allerdings nur für:
adipöse Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30
übergewichtige Patienten mit einem BMI ab 27, wenn Erkrankungen vorliegen, die mit Übergewicht in Verbindung stehen, etwa Bluthochdruck.
Wann kommt die Abnehm-Spritze nach Deutschland?
Auch wenn das Mittel für den europäischen Markt eine Zulassung hat, ist es noch nicht verfügbar. Der Marktantritt wurde mehrfach verschoben. Unter anderem, weil die Nachfrage in den USA so groß gewesen sein soll, dass zunächst der Bedarf dort bedient werden sollte.
Der Marktantritt für die EU ist nun für Mitte des Jahres 2023 anvisiert. Dann könnte das Mittel auch in Deutschland verfügbar sein, allerdings nur auf Rezept und für Selbstzahler. Der Listenpreis für eine Packung Wegovy mit vier Spritzen liegt bei umgerechnet etwa 1200 Euro. Wie teuer Wegovy hierzulande sein wird, ist noch unklar.
»Dieses Medikament allein ist sicherlich kein Zaubermittel«, sagte Ernährungsmediziner Christian Sina dem SPIEGEL über Wegovy. Eine gesündere Ernährung und mehr Bewegung seien unerlässlich, um langfristig abzunehmen. (Das komplette Interview lesen Sie hier. )
Zudem greift das Medikament in den Stoffwechsel ein. Zu den bekannten Beschwerden gehören etwa Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfall. Unklar ist auch, ob die langfristige Einnahme zu einem Gewöhnungseffekt führen könnte und die Wirkung dadurch nachlässt.