Radiostar mit 91 Die Turntable-Oma

Großmutter mit Musikgeschmack: Margaret Leigh-Jones im Plattenarchiv von Angel FM
Foto: DPA/ Angel FMMit einem Stapel CDs in der Hand eilt Margaret Leigh-Jones in die Sendekabine. Behände legt sie die Scheiben in den CD-Spieler, setzt sich Kopfhörer auf und bewegt die Regler der Musikanlage. Zweimal in der Woche sitzt sie hier zwischen PC und Plattenspieler und moderiert für jeweils zwei Stunden das Programm der Radiostation Angel FM . Geld bekommt sie dafür nicht. Leigh-Jones ist 91 und arbeitet ehrenamtlich für den Nostalgiesender im Süden Englands.
Das Konzept von Angel FM: Gespielt wird nur Musik, die vor 1960 entstanden ist - von Rentnern, für Rentner. "Ältere Leute können uns anrufen und Musikwünsche äußern, aber sie bekommen hier auch Hilfe, wenn sie welche brauchen, oder einen Rat", erklärt Leigh-Jones. "Es ist mehr als nur ein Radiosender." Die Musik versetze die Zuhörer in die Zeit zurück, als Familien noch gemeinsam vor dem Radio im Wohnzimmer saßen, vielleicht sogar in die Zeit ihrer ersten Liebe. "Wir versuchen, das Vergessen aufzuhalten."
Insgesamt arbeiten 90 Ehrenamtliche bei dem Sender, der Großteil ist über 60. "Die meisten sind fit und aktiv", sagt Tony Smith, der den Sender im südenglischen Örtchen Havant 1999 gegründet hat. Leigh-Jones ist die älteste Mitarbeiterin und dank täglicher Radtouren topfit. Bevor sie sich ans Mikro setzte, war sie selbst Hörerin. "Ich hörte immer die Sendung 'Nigels Quatsch am Mittag', während ich zu Hause den Sonntagsbraten zubereitete. Als der Sender nach einer Telefonistin suchte, habe ich mich beworben. Es hat mein Leben verändert."

Rentner mit Mission: Weltreise mit Rezepten im Koffer
Die Einarbeitungsphase dauerte nicht lange. Das Team schlug der 1921 geborenen Margaret vor, Geschichten aus ihrer Jugend aufzuschreiben und zwischen den Liedern vorzulesen. "Ich habe erzählt, wie wir im Krieg keine Nylonstrümpfe bekommen konnten und uns deshalb die Beine mit Sand eingerieben haben, damit sie gebräunt aussahen", sagt sie lachend. "Eine Menge Leute haben danach angerufen und ähnliche Geschichten erzählt. Wir sind hier wie eine große Familie."
Manchmal sogar "What A Wonderful World"
Vor jeder Sendung steht Leigh-Jones vor dem Regal mit Tausenden Vinylplatten und CDs und überlegt sich, welche Musik sie spielen wird. Manchmal holt sie - mit besonderer Genehmigung des Managers - auch Louis Armstrongs "What A Wonderful World" von 1967 aus dem Regal.
Bei dem Rentnersender gibt es aber nicht nur Musik, sondern auch Kochrezepte speziell für alleinstehende Senioren, ein Musikquiz oder die "Radioumarmung": "Wenn jemand traurig ist oder ihm etwas Schlimmes passiert ist, kann derjenige uns anrufen und wir versuchen dann, ihn oder sie zu trösten", sagt Leigh-Jones. "Jemand von uns geht dann zu den Leuten nach Hause und bringt ihnen einen Blumenstrauß, um sie aufzuheitern."