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Abgemahnt, gefeuert, geklagt Die Arbeitsrechts-Urteile der Woche

Wenn Chef und Mitarbeiter streiten, haben oft Richter das letzte Wort, in kleinen wie großen Fragen: Riskiert man mit privaten Telefonaten vom Diensthandy den Job? Wer hat beim Parken Vorfahrt - Frauen oder Behinderte? Und kann ein Mord ein Arbeitsunfall sein? Ein Überblick über aktuelle Urteile.
Entlassen: Ein Versprechen kann der Arbeitgeber nicht einfach brechen

Entlassen: Ein Versprechen kann der Arbeitgeber nicht einfach brechen

Foto: Corbis

Kündigungsverzicht versprochen - und trotzdem Massenentlassungen

Das gab riesigen Ärger in der Belegschaft: 1800 Mitarbeiter eines katholischen Krankenhauses in Duisburg hatten auf ihr Weihnachtsgeld verzichtet. Im Gegenzug hatte der Arbeitgeber per Dienstvereinbarung eine Arbeitsplatz-Garantie ausgesprochen: Bis Ende 2011 sollte es keinerlei betriebsbedingten Kündigungen geben.

Doch an das Versprechen hielt sich das Krankenhaus nicht - bereits im Januar 2011 bekamen 121 Angestellte trotzdem außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen. Begründet wurde das mit einer unerwartet hohen Tarifsteigerung und der drohenden Insolvenz; damit sei die Geschäftsgrundlage für die Weihnachtsgeld-Vereinbarung entfallen. Zudem sei die Bank des Bistums nur bei Ausspruch der Kündigungen bereit gewesen, die Kreditlinie zu erhöhen.

Zornig zogen Angestellte, die sich ihr Weihnachtsgeld mit dem Kündigungsverzicht hatten abkaufen lassen, vors Gericht. Zunächst klagten sie erfolgreich beim Duisburger Arbeitsgericht, jetzt entschied im Berufungsverfahren auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu ihren Gunsten. Damit sind die Kündigungen unwirksam, das Krankenhaus kann nicht in Revision gehen (Aktenzeichen 12 Sa 1164/11).

Das Gericht schloss zwar außerordentliche Kündigungen trotz eines vertraglichen Kündigungsverzichts nicht grundsätzlich aus, sah die Anforderungen aber nicht erfüllt. Denn die Klinik habe sich schon in einer schwierigen Lage befunden, als die Beschäftigten aufs Weihnachtsgeld verzichteten. Außerdem seien die Zahlen zum Einspareffekt und den außerplanmäßigen Kostensteigerungen widersprüchlich gewesen.

Privatgespräche vom Diensthandy: Kann das den Job kosten?

Handy-Telefonate: Vorsicht bei Privatgesprächen

Handy-Telefonate: Vorsicht bei Privatgesprächen

Foto: Corbis

Wer auf dem Diensthandy keine privaten Telefonate führen darf, sollte darauf wirklich verzichten. Denn sonst kann es nicht nur teuer werden, sondern sogar um den Job gehen. Das zeigt ein Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz.

Von der Bundeswehr hatte eine Zeitsoldatin ein Diensthandy erhalten. Damit Privatgespräche zu führen, war per Dienstanweisung ausdrücklich untersagt. Trotzdem telefonierte die Soldatin im Range eines Oberfeldwebels rund 100 Mal privat - was sie auch sofort zugab, als sie im März 2007 erwischt wurde. Ihre Erklärung: Ein anderer Soldat habe ihr gesagt, für das Diensthandy gebe es eine Flatrate, also ein Pauschalentgelt. Daher sei sie davon ausgegangen, dass dem Arbeitgeber durch die Privattelefonate kein finanzieller Schaden entstehe.

Die Bundeswehr zeigte die Soldatin an, sie zahlte nachträglich 782 Euro für die Gespräche, daraufhin stellte das Amtsgericht das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit ein. Zusätzlich kam es zum Disziplinarverfahren: Das Truppendienstgericht verhängte ein Beförderungsverbot für die Dauer von 15 Monaten. Die Soldatin habe vorsätzlich gegen die Dienstanweisung verstoßen und leichtfertig allein auf eine mündliche Auskunft zur vermeintlichen Flatrate vertraut.

Das richtig dicke Ende kam nach: Als die Frau im November 2009 Berufssoldatin werden wollte, lehnte die Bundeswehr ab - für die Übernahme sei sie charakterlich nicht geeignet, trotz sehr guter dienstlicher Leistungen. Die Klage gegen die Entscheidung blieb erfolglos, die Koblenzer Richter haben dem Arbeitgeber recht (Aktenzeichen 2 K 405/11.KO).

Parkplatzvergabe an Frauen und Behinderte: Ladies first?

Und wer darf hier parken: Frauen, Behinderte oder Ferraifahrer?

Und wer darf hier parken: Frauen, Behinderte oder Ferraifahrer?

Foto: Peter Kneffel/ dpa

Nahe am Eingang parken zu dürfen, ist für manche Arbeitnehmer eine Prestige-Frage - für Versicherungs-Fiesling Strombergzum Beispiel eine ganz wichtige. Sonst geht es um Bequemlichkeit, aber nicht zuletzt auch um Sicherheits- und Gesundheitsaspekte. Danach legen Arbeitgeber oft Kriterien für die Reihenfolge bei der Vergabe von Parkplätzen fest. Wer aber bekommt dann Vorfahrt: Frauen oder Behinderte?

Mit dieser heiklen Frage musste sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz beschäftigen. Eine Klinik mit 2500 Angestellten hat ein Parkhaus mit 600 Plätzen und eins mit 85 Plätzen, das große mit 500 Metern und das kleine mit nur knapp 50 Metern Fußweg bis zum Eingang. Für die Stellplatzvergabe legte der Arbeitgeber, abgestimmt mit dem Betriebsrat, eine Rangfolge fest: Einen Platz bekommen zunächst alle mit Dienstbeginn vor 6.30 Uhr oder Dienstende nach 20 Uhr. "Frauen vor Männer" ist das zweite Kriterium, außerdem zählen die Beschäftigungsdauer und das Alter.

Ein Mitarbeiter fand das ungerecht. Er hatte im Mai 2010 vergeblich einen Parkplatz unmittelbar am Klinikgelände beantragt und im Januar 2011 geklagt: Der Arbeitgeber bevorzuge Frauen gegenüber Männern ohne sachlichen Grund und habe nicht einmal eine Härtefalleregelung - und ein Härtefall liege bei ihm wegen seiner schweren Gehbehinderung vor.

Darauf aber wollte sich das Krankenhaus nicht einlassen und setzte sich zunächst vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern durch, nun auch in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Éine Unterscheidung nach Geschlecht sei dann zulässig, wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen erfolge - und Frauen seien einer größeren Gefahr als Männer ausgesetzt, Opfer von Übergriffen zu werden, so das Gericht.

Die Mainzer Richter hatten darum keine Einwände dagegen, dass Frauen bei der Parkplatzvergabe bevorzugt werden. Zudem konnten sie beim Kläger mit einem Grad der Behinderung von 40 Prozent keinen Härtefall erkennen, denn dabei handele es sich noch nicht um eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit. Eine Revision ist nicht zulässig, die Entscheidung damit rechtskräftig (Aktenzeichen 10 Sa 314/11).

Mitarbeiter stiehlt Material: Wie schnell muss der Arbeitgeber klagen?

Auch wenn ein Mitarbeiter die Firma bestiehlt, muss der Arbeitgeber Ansprüche auf Schadenersatz rechtzeitig geltend machen. Dafür gelten die in einem Tarifvertrag vereinbarten Klagefristen. Reicht der Arbeitgeber eine Klage erst danach ein, ist es zu spät, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz.

Mit der Begründung, er habe Material gestohlen, hatte ein Dachdeckerbetrieb einem Mitarbeiter gekündigt und zugleich Schadenersatz von rund 3100 Euro verlangt. Doch der entlassene Angestellte weigerte sich zu zahlen. Das Unternehmen klagte erst rund acht Monate nach der Kündigung.

Für mögliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sieht der Tarifvertrag allerdings eine Klagefrist von zwei Monaten vor. Daher kam die Klage der Arbeitgeber zu spät, entschieden die Mainzer Richter. Nach ihrer Auffassung spielt es keine Rolle, dass der Mitarbeiter den Arbeitgeber vorsätzlich geschädigt hat (Aktenzeichen 5 Sa 159/11).

Kann Mord ein Arbeitsunfall sein?

Ein Mord kann bei der Versicherung nicht als Arbeitsunfall geltend gemacht werden - auch dann nicht, wenn er auf dem Rückweg vom Steuerberater passiert. Das hat das baden-württembergische Landessozialgericht entschieden.

Eine Wirtin forderte Witwenrente aus der Unfallversicherung ihres Mannes, der 2009 im Alter von 59 Jahren ermordet wurde - vom gemeinsamen Sohn der beiden. Der 38-Jährige Arbeitslose hatte seinen Vater mit einer vorgetäuschten Panne aus dem Auto gelockt, mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen, mit Benzin übergossen und angezündet. Danach stellte der Sohn sich der Polizei und wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt.

Anwalts-Quiz

Das Landessozialgericht musste die Frage klären, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelte. Weil der Vater gerade vom Steuerberater zurückkam, stand die Fahrt aus Sicht der Witwe unter dem Schutz der Unfallversicherung.

Die Richter entschieden indes anders: Sie werteten es als reinen Zufall, dass der Sohn gerade die Rückfahrt vom Steuerberater dazu nutzte, seinen Vater umzubringen. Der Tod des Opfers habe in keinem "betrieblichen Zusammenhang" gestanden, der Sohn aus privaten Gründen gehandelt, nämlich aus Hass auf den Vater. Somit muss der Versicherungsträger keine Hinterbliebenenrente an die Witwe zahlen (Aktenzeichen: L2U5633/10).

Mit Material von dpa
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